In meinen Gedanken

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POV Thomas

Es ist der 16.12.2006. Heute ist das letzte Konzert unserer Laut Gedacht Tour in Oberhausen. Die Aufregung ist riesig, weil das heutige Konzert auf eine DVD kommen soll. Mein Blick geht zu Steff, die den ganzen Tag schon komplett neben der Spur ist. Ich hoff, das klappt heute alles wie geplant. Sie lehnt dort an der Wand und spielt mit ihren Fingern. Die Nervosität ist ihr ins Gesicht geschrieben. Die Vorband ist eben fertig geworden. Gleich geht's los. Ich häng mir meine Gitarre rum, die Fans jubeln schon in der Halle. Am liebsten würd ich Stefanie kurz in den Arm nehmen, um sie zu beruhigen, aber ich bin selbst zu nervös. Bei unserem Handshake kann ich sie gar nicht richtig ansehen. Wir gehen auf die Bühne und platzieren uns hinter dem Vorhang. Ich spiele den ersten Akkord und Stefanie beginnt zu tönen. Ich atme einmal tief durch. Ihre Stimme nimmt mir meine ganze Aufregung. Ein Lächeln geht über meine Lippen als sie die ersten Worte von „Das Ende vom Kreis" singt. Kurz darauf fällt der Vorhang. Wie sie da steht, mit ihren ausgebreiteten Armen und das Publikum sofort in ihren Bann zieht. Nun ist auch ihre Aufregung verschwunden, das merke ich sofort. Immer wieder schweifen meine Blicke zu ihr. Jetzt steige ich beim Refrain mit dem Gesang ein. Wie perfekt unsere beiden Stimmen miteinander harmonieren. Bei meinem Gitarrensolo bemerke ich ihre Blicke in meinem Rücken. Ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Nach dem Lied sehen wir uns kurz an, bevor Nowi die Einleitung zu „Meer sein" startet. Ich liebe dieses Lied. Und diese Frau auch. Äh, was war das denn? Wo kommt denn dieser Gedanke her?

Jetzt steht Stefanie vor mir auf der Box und tanzt. Wie sie herumspringt, sich bewegt und das Publikum mit einbezieht. Diese Verbindung, die sie zu den Fans hat – das ist richtig krass. Gemeinsam singe ich mit ihr „Land ist in Sicht. Wir haben lang danach gesucht. Wir könnten viel mehr sein – lass uns ein Meer sein. Und alles wär' nichts, hätten wir uns nicht gefunden. Wir sollten viel mehr sein" Wieso fühlt sich das heute so anders an? Wieso denk ich daran, dass Steff und ich viel mehr sein sollten? Ich muss auf andere Gedanken kommen – ich treffe mich mit Hannes in der Mitte der Bühne. Gemeinsam geben wir Vollgas. Steff begrüßt die Leute, ich laufe zurück zum Mikrophon, der Refrain startet gleich wieder und mit einem Lächeln im Gesicht singe ich mit ihr „Wir könnten viel mehr sein. Lass uns ein Meer sein...wir sollten viel mehr sein...". Sie strahlt übers ganze Gesicht. Nach dem Lied ein schneller Gitarrenwechsel bevor Nowi für „A Stückl heile Welt" einzählt. Ich weiß, dass Steff gleich zu mir rüber kommt. Frech sieht sie mich an und zwinkert mir zu, als ich „Es lebe billig" ins Mikro spreche. Dann ist sie auch schon wieder weg. Bei meinem kurzen Gitarrensolo sehe ich zu ihr hin. Sie sieht mich verführerisch an und kommt wieder auf mich zu. Sie lehnt sich mit dem Rücken kurz an mich und tanzt mich an. Diese Frau macht mich wahnsinnig. Gemeinsam tanzen Stefanie, Johannes und ich einen kurzen Part, laufen dann zu den Boxen und springen alle drei gleichzeitig herunter. Wir sind ein eingespieltes Team. Als ich mich nach dem Lied von meinem Gitarrenwechsel wieder zu ihr drehe, sehe ich, dass sie ihre Jacke ausgezogen hat. Wie heiß sie einfach aussieht in ihrem Outfit. Verdammt – was ist nur los mit mir?

Stefanie sagt das nächste Lied an „In Zeiten wie diesen". Sie motiviert das Publikum „Ich will euch hör'n" und sogar ich rufe laut mit „Nein dafür sind wir nicht hier!". Ich schüttle meinen Kopf und lache. Das war wohl eher an die Fans gerichtet und nicht an mich. Beim Instrumentalteil tanzt sie über die Bühne. Sie reißt ihre Arme hoch und gibt sich ganz der Musik hin. Ich kann meinen Blick nicht von ihr nehmen. Sie ist nicht einmal außer Atem, als sie weitersingt. Wie macht sie das bloß?

Während sie von unserer Aktion „Fans helfen" erzählt, stimme ich die Gitarre. Das nächste Lied „Lebenszeichen" geht los. Was macht sie jetzt? Sie räkelt sich auf ihren Knien. Schnell sehe ich woanders hin. Nun gehe ich auf die Box, um dort zu spielen. Steff ist schon wieder bei mir und tanzt mich von der Seite an. Verdammt, wie soll ich dieses Konzert überstehen? Was macht sie heute nur mit mir? Ich verziehe mich wieder zu meinem Mikro, doch es dauert nicht lange, bis sie wieder bei mir ist und mich ansingt. Einen kurzen Moment sehen wir uns direkt in die Augen. Sie funkelt mich mit ihren grün-braunen Augen an. Ist das nur das Adrenalin vom Konzert oder steckt da mehr dahinter? Der nächste Song „Durch die Nacht" – das Lied, mit dem alles so richtig losgegangen ist. Ohne das Lied würde es das hier vermutlich alles nicht geben. Genau im selben Moment beginnt Steff auch schon davon zu erzählen. Kann sie meine Gedanken lesen? Ich hoffe nicht! Das wäre heute ja richtig peinlich. „Ich krieg dich nicht aus meinem Kopf und dabei will ich doch" singt sie. Ist das so? Will sie mich, äh will ich sie aus meinem Kopf bekommen?

Silbermond OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt