Abgehetzt und außer Atem kommt Stefanie bei Nowis Garage an. Schwungvoll will sie die Tür öffnen und kracht mit dem Kopf voll dagegen. Sie braucht einen kurzen Moment, um sich wieder zu sammeln. Dann wirft sie einen Blick auf die Uhr. Sie ist doch schon zehn Minuten zu spät, die Jungs sollten doch schon längst da sein. Mit schmerzverzerrtem Gesicht reibt sie sich über die Stirn, die deutlich den Abdruck der Garagentüre trägt. Seufzend lehnt sie sich an die Mauer und checkt ihr Handy, ob die Jungs ihr eine Nachricht geschickt haben, doch da ist nichts. Um sich die Zeit zu vertreiben, spielt sie mit den Ringen an ihren Fingern. Ungefähr fünf Minuten später hört sie Stimmen, die immer näher kommen. Erstaunt sieht sie in diese Richtung und kann ihren Augen nicht trauen, als ihre drei Bandkollegen lässig um die Ecke geschlendert kommen. Jeder mit seiner Freundin im Arm. Stefanie verdreht die Augen. Echt jetzt? Warum hat sie sich eigentlich so beeilt? Die drei sind momentan echt eine Katastrophe...nur von ihren Hormonen gesteuert. Dabei möchte man meinen, dass sie mit ihren 18, 19 und 20 Jahren endlich mal erwachsen werden. Genervt denkt Stefanie an das Gespräch mit ihrer älteren Schwester vor ein paar Tagen zurück, der sie ihr Leid geklagt hat. Doch die hat ihr erklärt, dass man bei Männern meistens 2 bis 3 Jahre vom Alter abziehen kann, um zu erahnen, auf welchem Niveau sie sich gerade befinden. Wie recht Janet doch hatte. „Schön, dass ihr auch mal da seid" begrüßt Stefanie die drei genervt, die drei Mädels ignoriert sie gekonnt.
Johannes Freundin flüstert irgendwas zu den beiden anderen, was die zu kichern bringt. „Sorry, wir haben wohl die Zeit übersehen" grinst Nowi und gibt seiner Freundin einen Klaps auf den Po, was dieser einen Ton entlockt, der für Stefanies Geschmack viel zu hoch ist. Stöhnend versteckt sie ihr Gesicht hinter einer Hand und schüttelt den Kopf. „Können wir dann endlich mal starten?" grummelt sie und wartet darauf, dass Nowi endlich die Tür aufsperrt. Doch die drei Jungs haben beschlossen, sich noch mit einer kleinen Knutscherei von ihren Freundinnen zu verabschieden. Stefanie stößt frustriert die Luft aus. Sie weiß grade nicht, wen sie mehr hasst, die drei Jungs, die sich einfach nicht zusammenreißen können, die drei Mädels, die einfach nur nervig sind oder sich selbst, dafür, dass sie nicht schon längst wieder abgehauen ist. „Bis später, Süße" ruft Thomas endlich, als die drei Mädels sich entfernen und Nowi kann es nicht lassen, ihnen noch mal hinterher zu pfeifen. Dann sperrt er zu Stefanies Erleichterung die Garagentür auf. Als Johannes bei ihr vorbei geht, stupst er ihr an die Nase und meint „Was bist du denn so zickig?" Thomas grinst und schiebt hinterher „Du musst mal ein bisschen lockerer werden, Süße!" Stefanie wirft ihm einen vernichtenden Blick zu und zischt „Nenn mich noch einmal Süße, dann wirst du merken, wo's so richtig weh tut!" Doch Stefanies Drohung entlockt Thomas nur ein lautes Lachen. 'Wieso tu ich mir das eigentlich an?' fragt sich Stefanie, während die drei Jungs ihre Instrumente bereit machen. Doch schon ein paar Minuten später, als sie in der Musik versinkt, weiß sie wieder, wieso sie das macht. Sie liebt es einfach zu singen. Sie liebt es auf den kleinen Bühnen zu stehen, auf denen sie immer wieder mal spielen dürfen. Und eigentlich liebt sie auch ihre drei Jungs, auch wenn sie sie momentan jeden Tag mindestens einmal auf den Mond schießen könnte.
Nachdem die vier ungefähr 1 ½ Stunden geprobt haben, öffnet sich die Tür. Verwundert sieht Stefanie hin und verdreht die Augen, als die drei Mädels hereinmarschieren. „Tut mir leid, aber wir proben noch...wir haben am Wochenende einen wichtigen Auftritt" versucht Stefanie den dreien so freundlich wie möglich klar zu machen. Diese werfen ihr einen abschätzenden Blick zu und Thomas Freundin erklärt mit einem süßlichen Grinsen „Schätzchen, die Jungs haben gesagt, wir können jederzeit zuhören...Wir stören euch auch gar nicht. Ihr werdet uns gar nicht bemerken!" Das kann sich Stefanie nicht vorstellen, denn allein das Gekichere der drei raubt ihr den letzten Nerv. Sie wirft einen hilflosen Blick zu den Jungs, doch die hängen mit ihren Augen schon wieder an ihren Freundinnen. Darum klatscht Stefanie in die Hände und ruft „Können wir jetzt endlich weitermachen?" Die Jungs konzentrieren sich wieder und die nächsten beiden Songs sind alle voll bei der Sache. Dann ertönt die Stimme von Nowis Freundin „Nowiiii, wollt ihr nicht mal mein Lieblingslied spielen?" „Oh ja, meins auch" mischen sich die anderen beiden gleich ein. Da platzt Stefanie der Kragen. „Entweder ihr hört bei den Songs zu, die wir spielen, und seid leise oder ihr verschwindet wieder!" wettert sie aufgebracht. „Nana, Steff...nur weil du keinen Freund hast, musst du doch nicht zu unsren Mädels so fies sein" versucht Thomas sie zu beschwichtigen, was einen Lachanfall bei den Mädels auslöst. In dem Moment, in dem diese Worte Thomas Mund verlassen, sieht er in Stefanies Augen, dass sie diese Aussage grade sehr verletzt hat. Stefanie schluckt heftig und versucht angestrengt ihre Tränen zu unterdrücken. Johannes und Nowi bemerken den plötzlichen Stimmungsumschwung und Johannes sagt „Mädels, lasst uns doch bitte noch fertig proben. Wir kommen in die Pizzeria nach, sobald wir hier fertig sind, okay?" Zum Glück erkennen die drei, dass es für sie wirklich an der Zeit ist zu gehen und verlassen die Garage.
Thomas tut seine Aussage von vorhin leid und er geht zu Stefanie, um ihr eine Hand auf die Schulter zu legen. Gerade als er sich entschuldigen will, fährt sie ihn an. „Fass mich nicht an! Ich hab echt genug für heute...ich dachte, die Musik ist das, was uns wichtig ist...aber so wie's aussieht, seid ihr drei da grade meilenweit davon entfernt." Betreten sehen sich die drei Jungs an. Das wollten sie nicht. Natürlich ist ihnen die Musik wichtig und Stefanie genauso. Aber manchmal spielen eben die Hormone verrückt. „Es...es tut uns leid, Steff" murmelt Nowi. Johannes versucht seinen Dackelblick aufzusetzen und Thomas meint zerknirscht „Manchmal sind wir eben ein bisschen...ähm...triebgesteuert..." Diese Aussage bringt Stefanie dann schon wieder zum Lachen. Zum Glück verraucht ihre Wut meistens genauso schnell wieder, wie sie auftaucht. Da kommt ihr eine Idee. „Sagt mal, könnt ihr nicht einfach mal einen Song schreiben, der sich mit eurem hormongesteuerten Verhalten beschäftigt?" schlägt sie lachend vor. Die Jungs tauschen erst überforderte Blicke aus, doch Thomas erwidert dann gleich grinsend „Ähm...keine gute Idee...schließlich bist du ja dann diejenige, die das singen muss." Jetzt will Stefanie es aber wissen. „Das ist wohl das kleinste Problem! Das mach ich locker" sagt sie und reckt ihr Kinn nach vorne. Nun ist der Ehrgeiz bei allen vieren geweckt. „Das werden wir sehen" sagt Johannes frech. Doch Stefanie antwortet darauf nur „Challenge accepted!" und klatscht bei Nowi ein, der ihr eine Hand entgegen streckt. Bevor die Jungs mit dem Song starten können, müssen sie aber erstmal die Lieder für ihren Auftritt am Wochenende fertig proben. In den nächsten Tagen treffen sich die drei Jungs immer wieder in der Garage, um an dem Song zu arbeiten. Sie feilen an den Textzeilen und wollen es Stefanie so schwer wie möglich machen. Etwa eine Woche später erwarten die drei Stefanie mit dem fertigen Song. Gespannt nimmt Stefanie den Zettel mit dem Text in die Hand und lässt sich von Thomas die Melodie vorspielen.
Dann versucht sie es gleich mal zu singen. „Sag mir, was hast du mit mir gemacht? Das was hier passiert ist nicht mehr normal. Und ich zähl die Sekunden, denn ich brauch dich schon wieder, schon wieder." Bei der letzten Zeile bricht Stefanie lachend ab. „Das beschreibt's aber ganz genau" kichert sie und blickt in drei grinsende Gesichter. Um sich besser auf den Text, der auf sie zukommt, vorbereiten zu können, liest Stefanie die nächsten Zeilen leise durch. Sie kommt aber gar nicht bis zum Ende. „Ich bin in dir – echt jetzt?" meint sie kopfschüttelnd, kann sich das Grinsen aber nicht verkneifen und fährt gleich fort „Und dann auch noch: Du ziehst mich an, dann ziehst du mich aus..." Schmunzelnd liest sie weiter, während die Jungs gespannt ihre Gesichtsausdrücke beobachten. Schließlich bricht Stefanie wieder in lautes Lachen aus. „Der Satz trifft's wohl auf den Punkt: Und wenn man mal so drüber nachdenkt, dann lohnt sich Denken für uns momentan nicht!" erklärt sie den Grund dafür und die Jungs steigen in ihr Gelächter ein. „Ich glaub, ihr habt eure Aufgabe bravourös gemeistert" lobt sie ihre drei Halunken und fügt noch hinzu „Und ich lieb's, dass ihr den Silbermond in den Text miteingebaut habt!" „Der war extra für dich, weil du ja schon die letzten Monate immer davon geredet hast, irgendwo mal unsren Bandnamen einbauen zu wollen" erklärt Thomas und zieht die Sängerin in seine Arme. Dabei wuschelt er ihr durch ihr Haar, das sie seit kurzem glatt und schwarz trägt. Stefanie quietscht, was ein allgemeines Gelächter auslöst. „Wir sind schon ein verrückter Haufen" grinst Johannes. „Aber genau dafür lieb ich euch" murmelt Stefanie. „So, wir haben unsren Teil erfüllt! Jetzt bist du dran, den Song auch mal gescheit zu singen" sagt Nowi und Stefanie verdreht verzweifelt die Augen. Sie weiß jetzt schon, dass sie bestimmt lachen muss. Doch diesen Triumph will sie den Jungs dann doch nicht gönnen und zieht das Lied mit einer Ernsthaftigkeit durch, dass am Ende die Jungs diejenigen sind, die vor lauter Lachen nicht mehr spielen können. Dankbar sieht Stefanie in die Runde und auch, wenn die Jungs sie gerne ärgern, weiß sie, dass sie alle vier immer zusammenhalten.