Sofort verspannt sich Stefanie und wappnet sich dafür, alle möglichen Ausreden vorzubringen. Zuerst versucht sie es aber mit Ahnungslosigkeit. „Wieso soll denn mit mir was los sein? Hab ich irgendwas falsch gemacht?" fragt sie und sieht die drei mit großen Augen an. „Steff...bitte..." flüstert Thomas heiser und spürt das zurzeit nur allzu vertraute Brennen hinter seinen Augen. Stefanie wirft ihm einen aufgewühlten Blick zu. „Was hast du ihnen denn erzählt? Ich hab dir doch gesagt, dass ich einfach nur müde war gestern" presst sie mühsam hervor, um Thomas bloß nicht anzuschreien. Da legt Johannes von der anderen Seite seine Hand auf Stefanies Oberschenkel. „Thomas hat uns gar nichts erzählt...wir haben alle drei bemerkt, dass in letzter Zeit irgendwas mit dir nicht stimmt. Du bist so verschlossen, ständig unter Spannung und..." nach einer kurzen Pause spricht er weiter „...und irgendwie nicht mehr du selbst..." Stefanie hebt abwehrend ihre Hände. „Echt jetzt? Ich versuch mir den Arsch für alle aufzureißen, immer mein Bestes zu geben und jetzt soll ich mir von euch anhören, dass das nicht passt, was ich mache?" braust sie auf. „Das hat doch niemand gesagt, Steff..." versucht Nowi sie zu beschwichtigen „...wir machen uns einfach nur Sorgen um dich und wollen wissen, wie wir dir helfen können!"
Stefanie lässt erschöpft die Hände in ihren Schoß fallen und senkt den Kopf. „Tut mir leid" murmelt sie. „Ich weiß, dass ihr es nur gut meint! Ich wollt euch nicht so anfahren. Aber es ist wirklich alles okay" sagt sie, kann ihre Jungs dabei aber nicht ansehen. „Stefanie, hör auf uns anzulügen. Du kannst allen da draußen was vorspielen und sie werden es dir glauben, aber wir nicht. Wir kennen dich einfach viel zu gut, um dir diese gute Laune abzukaufen, und wissen sofort, wenn du nicht ehrlich zu uns bist" stellt Johannes leise aber deutlich klar. Als Stefanie darauf gar nicht reagiert, springt Thomas mit hochrotem Gesicht und geballten Fäusten auf. „Stefanie, wir werden hier nicht rausgehen, bis du uns erzählt hast, was mit dir los ist!" sagt er ziemlich laut und kann nur mit Mühe seine Wut zurückhalten. „Und wenn wir in einer Woche noch hier sitzen" fügt er leise, aber deutlich genug, dass ihn alle verstehen können, hinzu. Stefanie blickt zu ihm auf. So einen emotionalen Ausbruch kennt sie von Thomas nicht. Als sie die Verletzlichkeit, Angst und Sorge in seinem Blick entdeckt, vergräbt sie ihr Gesicht in den zitternden Händen. „Ich krieg einfach nichts auf die Reihe...bin eine Enttäuschung für euch alle..." murmelt sie kaum hörbar und die drei Jungs müssen sich anstrengen, um sie überhaupt zu verstehen. „Steff, bitte sieh uns an" sagt Johannes vorsichtig und streichelt ihr über den Arm. Langsam hebt sie ihren Kopf und ihr Blick fällt sofort zu Thomas, der immer noch komplett aufgewühlt neben der Couch steht. Johannes deutet seinem Bruder, dass er sich setzten soll. Daraufhin rauft sich Thomas die Haare, setzt sich dann aber wie ein verprügelter Hund, mit hängenden Schultern, Tränen in den Augen und einem Ausdruck von Verzweiflung wieder hin. Stefanie schaut ihn ängstlich an. „Es tut mir leid, Kleine...ich...ich weiß einfach nicht mehr, was ich tun soll...ich mach mir solche Sorgen um dich...bitte sprich endlich mit uns!" flüstert er heiser und versucht die aufsteigenden Tränen hinunterzuschlucken.
Einen kleinen Moment ringt Stefanie innerlich mit sich, doch dann beginnt sie endlich mit zitternder Stimme zu erzählen. „Ich...ich fühl mich momentan, als...als wäre ich eine Blume inmitten eines Unwetters...die versucht, ihre Blütenblätter festzuhalten...doch der Sturm reißt ihr jedes einzelne Blütenblatt aus, egal wie sehr sie sich auch bemüht, sich dem Sturm entgegen zu stellen...und...die Blume hat Angst, dass am Ende einfach kaum noch was von ihr übrig ist...dass sie alle enttäuscht, die bei ihr vorbeigehen und sie betrachten...dass sie die Erwartungen nicht erfüllen kann...und sie schließlich niemand mehr beachtet..." Während sie spricht, hat sie ihren Blick starr auf ihre Hände gerichtet und dreht an ihren Ringen. Sie schluckt und hebt dann vorsichtig ihren Blick, als sie nach weiteren Worten sucht. „Und...ahm...damit es nicht so weit kommt, baut die Blume eine riesige Mauer vor sich auf, auf die sie das perfekte Bild von sich malt...um jedem, der sie ansieht, zu zeigen, wie wundervoll sie ist...um das perfekte Bild zu wahren...und um niemandem offenbaren zu müssen, wie kaputt sie hinter dieser Mauer eigentlich ist..." Ihre Stimme bricht und eine einzelne Träne läuft über ihre Wange. Im Raum herrscht eine Stille, dass man eine Stecknadel fallen hören würde. Johannes und Nowi sehen Stefanie einfach nur mit großen Augen an. Thomas hält sich an seinen eigenen Händen so stark fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortreten. Keiner weiß, was er sagen soll. Schließlich ist es Nowi, der in Stefanies Metapher einsteigt. „Aber die Blume ist doch sicherlich nicht ganz alleine dort, oder? Hat sie denn niemanden in ihrer Nähe, der sie vor diesem Sturm schützen kann oder sich mit ihr gemeinsam dem Sturm entgegen stellt?" Stefanie beißt sich auf die Unterlippe und senk dann verschämt den Blick, als sie leise darauf antwortet. „Ich glaub...ahm...da gibt es einige starke Bäume, die die Blume vor dem Sturm schützen würden...aber die kleine Blume ist zu stolz, um jemanden um Hilfe zu bitten. Sie glaubt, dass sie alles alleine schaffen muss, da es das perfekte Bild von ihr zerstören würde, wenn sie Schwäche zeigt..."