„Thommy, kommst du nicht mit?" reißt Johannes seinen Bruder aus seinen musikalischen Gedanken. Überrascht sieht Thomas vom Klavier auf. „Wo wollt ihr denn hin?" Johannes lacht „Na raus, hast du gar nicht bemerkt, dass es zu schneien begonnen hat?" Thomas dreht seinen Kopf, um beim Fenster rauszusehen. „Jetzt komm schon! Wir haben endlich mal Tour Pause, da musst du doch nicht schon wieder bei der Musik sitzen" redet Johannes weiter. Doch Thomas schüttelt den Kopf. „Du weißt, dass ich in Berlin kein Klavier hab...und dieses alte Teil hier wird sowieso viel zu selten bespielt" erwidert Thomas und streicht liebevoll über das alte Holz. Johannes seufzt. „Du und die Musik...ich lieb sie ja auch, aber so versessen wie du bin ich eindeutig nicht." Johannes klopft seinem Bruder auf die Schulter und läuft dann nach draußen, wo seine Eltern und seine kleine Schwester schon auf ihn warten. Thomas wendet sich wieder dem Klavier zu und lässt seinen Blick darüber gleiten. Er hat das Instrument immer schon geliebt und es tut ihm jetzt sehr leid, dass er nie richtig gelernt hat, darauf zu spielen. Zum Glück haben seine Eltern es noch nicht weggegeben. Schon seit einiger Zeit möchte er unbedingt ein Lied am Klavier schreiben. Gut, dass die Familie jetzt außer Haus ist, da kann er sich in Ruhe damit beschäftigen. Er lässt seine Finger intuitiv über die weißen Tasten des Klaviers laufen. Die schwarzen lässt er lieber, da wird's dann schon komplizierter. Eine Weile probiert er ein bisschen rum, bis ihm eine Melodie immer wieder auskommt.
Er spielt sie ein paar Mal hintereinander, um sie sich zu merken. Dann versucht er sie weiter auszubauen und es dauert nicht lang, bis er zu der Melodie auch gleich eine passende Klavierbegleitung gefunden hat. Er summt die Melodie vor sich hin, während er sich am Klavier dazu begleitet. Schnell macht er sich ein paar Notizen, um alles behalten zu können. Nun überlegt er, welcher Text eigentlich zur Melodie passen könnte. Zuerst fällt ihm überhaupt nichts ein, weshalb er weiterhin die Begleitung am Klavier spielt und die Melodie nur summt. Er denkt an verschiedene Situationen, an Erlebnisse von ihrer ersten Tour, an ihren Umzug und die schwierige erste Zeit in Berlin, aber nichts davon lässt ihn einen passenden Text zu dieser Melodie finden. Seufzend steht Thomas vom Klavier auf und geht zur Terrassentüre. Er öffnet sie und atmet die kühle Winterluft ein. Eine Weile sieht er den Schneeflocken zu, die vom Himmel tanzen. In zwei Tagen ist Silvester...schon wieder ein Jahr um. Was das Jahr 2005 wohl bringen mag? Doch das letzte Jahr wird wohl schwer zu toppen sein. Eigentlich hat er momentan alles oder sogar noch mehr, als er sich je erträumt hat. Er darf professionell Musik machen, mit seinen besten Freunden durch ganz Deutschland touren. Was will er mehr? Aber irgendetwas fehlt ihm doch. In dem Moment wünscht er sich, dass eine Frau vor ihm steht, um die er seine Arme schlingen kann, die ihm den Atem raubt und neben der er den Rest der Welt vergessen kann. 'Ah, das ist es' schießt es ihn durch den Kopf. Schnell schließt er die Terrassentüre und setzt sich wieder zum Klavier. Er beginnt das Lied zu spielen. Anfangs kommt er nicht so ganz zurecht mit dem Text, doch dann singt er „Du bist das Beste, was mir je passiert ist. Es tut so gut, wie du mich liebst. Vergess' den Rest der Welt, wenn du bei mir bist. Du bist das Beste, was mir je passiert ist. Es tut so gut, wie du mich liebst. Ich sag's dir viel zu selten, es ist schön, dass es dich gibt." Geschwind notiert er sich diesen Text. Er spielt diesen Teil wieder und wieder, kann die Begleitung am Klavier nun schon so gut, dass er die Augen dabei schließt.
Vor seinem inneren Auge sieht er ein Paar braun-grüne Augen, die ihn liebevoll, aber mit einem frechen Funkeln ansehen, das dazugehörige Lachen, das sich anhört, als wär's nicht von dieser Erde. Er spürt, wie sein Herz ein bisschen schneller schlägt. Irgendwie hat ihm seine Bandkollegin den Kopf verdreht, aber das kann er ihr doch nicht sagen. Dafür steht einfach zu viel am Spiel. Aber träumen darf man ja wohl noch. Er atmet einmal tief durch und beginnt dann wieder zu singen „Ich habe einen Schatz gefunden und der trägt deinen Namen. So wunderschön und wertvoll und mit keinem Geld der Welt zu bezahlen. Du schläfst neben mir ein, ich könnt dich die ganze Nacht betrachten. Sehn wie du schläfst, hörn wie du atmest, bis wir morgen erwachen." Thomas muss daran denken, wie sie anfangs gemeinsam in Stefanies kleiner Wohnung gewohnt haben. Sie ist einfach zu süß, wenn sie schläft. „Hast es wieder mal geschafft, mir den Atem zu rauben. Wenn du neben mir liegst, dann kann ich es kaum glauben, dass jemand wie ich, sowas Schönes wie dich verdient hat." Wie schön wäre es, sie in den Armen zu halten, jeden Abend neben ihr einzuschlafen und am Morgen wieder neben ihr aufzuwachen...Ein leiser Seufzer verlässt seine Kehle. Ihm ist bewusst, dass dies niemals passieren wird. Stefanie hat schließlich einen Freund, mit dem sie glücklich zu sein scheint. Doch er muss ja niemandem erzählen, mit welchen Gedanken er diesen Song geschrieben hat. Nachdem er den Text notiert hat, stiehlt sich wieder Stefanies Gesicht mit ihrem strahlenden Lächeln vor sein inneres Auge. Plötzlich reißt ihn das Klingeln der Türglocke aus seinen Gedanken. Hat seine Familie keinen Hausschlüssel mitgenommen? Er will diesbezüglich grade etwas sagen, doch er stockt, als er die Tür öffnet. Er blickt genau in das strahlende Lächeln und die frechen braun-grünen Augen, die er vorhin grade in seinem Kopf hatte. Überrascht sieht er seine Bandkollegin an. „Steff, was machst du denn hier?" fragt er erstaunt. Stefanie lacht „Ich hab grad deinen Bruder und den Rest der Bande getroffen und Hannes meinte, dass du's nicht mal in unsren Weihnachtsferien lassen kannst, an Songs zu arbeiten!"