Gerade tanzt Stefanie Thomas auf der Bühne wieder an und ihre Augen funkeln nur so. In dem Moment verspielt er sich. 'Mist, ich muss mich konzentrieren. Darf mich von ihr nicht so aus dem Konzept bringen lassen' rattert es in seinem Kopf. Doch das ganze Konzert über schafft sie es, ihn mit ihren Blicken und ihren Berührungen wahnsinnig zu machen. Doch auch Stefanies Herz schlägt jedes Mal schneller, wenn sie wieder in seine Richtung tanzt. 'Was ist denn das auf einmal? Wenn ich zu Hannes tanze, rast mein Puls nicht so. Wieso will ich andauernd zu Thomas? Mir kommt es vor, als würde ich ihn die ganze Zeit anflirten...wieso mach ich das?' dröhnt es in ihrem Kopf, doch wie ein Magnet zieht es sie ständig in seine Nähe. Nach dem Konzert vermeiden es die beiden, sich gegenseitig anzusehen. Jeder der beiden ist damit beschäftigt, seine Gefühle, die während des Konzerts hochgeschwappt sind, zu verstehen – was eindeutig nicht funktioniert. „Was ist denn mit euch beiden eigentlich los heute?" fragt Johannes irgendwann, dem diese angespannte Atmosphäre im Raum nicht verborgen bleibt. Beide murmeln irgendwas Unverständliches vor sich hin und jeder begibt sich dann zu einer der Duschen. Da die Tour nun schon eine Zeit lang geht, sind alle vier nach den Konzerten meist zu müde, um noch ein wenig zusammen zu sitzen. So auch heute. Kaum sind alle im Bus angekommen, verzieht sich jeder schon in seine Schlafkabine.
Noch zwei Stunden später wälzt sich Stefanie von einer Seite auf die andere. Sie kann einfach nicht schlafen...und das, obwohl sie normalerweise immer und überall schlafen kann. Doch das, was sie heute auf der Bühne gefühlt hat, lässt sie einfach nicht los. Wenn sie darüber nachdenkt, war es die letzten Konzerte eigentlich nicht anders, doch heute ist es ihr erst richtig bewusst geworden. Stefanie hält es nicht mehr länger in ihrer Schlafkabine aus. Leise schlüpft sie raus und tapst mit ihren dicken Socken, die sie immer zum Schlafen anhat, die Treppe hinunter. Sie holt sich eine Wasserflasche aus dem kleinen Kühlschrank und setzt sich hinten in die Sitzecke im Bus. Als Thomas plötzlich jemanden bei seiner Schlafkabine vorbeigehen hört, zieht er seinen Vorhang ein Stück zurück und entdeckt Stefanie, die eben die kleine Treppe hinunterschleicht. Auch Thomas hat noch kein Auge zugemacht, da ihn sein Gefühlschaos keine Ruhe lässt. Er wartet ein wenig, ob sie gleich wiederkommt, doch da sich nichts mehr regt, beschließt er nachzusehen, ob es ihr wohl gut geht. Stefanie sieht verwundert auf, als sie auf einmal jemanden die Treppe herunterkommen hört. Mit großen Augen sieht sie ihrem besten Freund entgegen, der auch jetzt ihr Herz sofort schneller schlagen lässt. Ohne etwas zu sagen, setzt er sich neben sie, legt einen Arm um ihre Schultern und zieht sie näher zu sich. Erst erstarrt Stefanie bei seiner Berührung. Sie hat Angst, dass er sie sofort durchschauen könnte. Doch wie jedes Mal schafft Thomas es allein mit seiner Nähe sie zu beruhigen. Sie entspannt sich und lässt ihren Kopf mit einem leisen Seufzer auf seine Schulter fallen. „Kannst du auch nicht schlafen?" fragt Thomas irgendwann ganz leise. Stefanie schüttelt den Kopf. „Was beschäftigt dich denn?" will Thomas wissen. Der Klang seiner rauen Stimme lässt ihr einen Schauer über ihren Rücken laufen. Am liebsten würde Stefanie „Du" antworten. Stattdessen hebt sie ihren Kopf und sieht ihn einfach nur an. Keiner der beiden sagt ein Wort. Ganz genau betrachtet Stefanie seine Gesichtszüge. Angefangen beim kleinen Grübchen am Kinn, das sie am liebsten mit ihren Fingern berühren würde.
Weiter zu seinen geschlossenen Lippen, hinter denen sich seine niedliche Zahnlücke versteckt. 'Wie es wohl wäre, diese Lippen zu küssen' schießt es in diesem Augenblick durch ihren Kopf. Schnell versucht sie den Gedanken wieder loszuwerden und lässt ihren Blick noch höher wandern, bis sie bei seinen Augen hängen bleibt. 'Wie kann ein doch recht kühles Blau-grau nur so viel Wärme ausstrahlen? Hat er mich immer schon mit dieser Intensität angesehen?' Thomas Blick nimmt sie gefangen und beide verlieren sich in den Augen des anderen. Unbewusst legt Stefanie ihre Hand auf Thomas Brust und spürt seinen schnellen Herzschlag. In diesem Moment sind die kreisenden Gedanken von vorhin bei beiden wie aus dem Kopf gefegt. Alles rundherum verschwimmt und es gibt nur noch sie beide. Es wäre, als würde die Zeit stehen bleiben. Langsam nähern sich ihre Gesichter, bis sie nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt sind. Thomas kann die kleinen Sprenkel in Stefanies grün-braunen Augen sehen und ihren warmen Atem an seinem Gesicht spüren. Vorsichtig hebt er seine Hand und streicht sanft die Haarsträhne hinter Stefanies Ohr, die sich vorhin aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hat. Seinen Daumen lässt er auf ihrer Wange liegen. Diese Berührung hinterlässt ein Kribbeln auf Stefanies Haut. Als sie bemerkt, dass Thomas Blick zwischen ihren Augen und ihren Lippen hin und her hüpft, befeuchtet sie sich unbewusst die Lippen. Thomas verringert den Abstand zwischen ihnen noch mehr und ohne darüber nachzudenken, was sie hier eigentlich tun, legen sie sanft ihre Lippen aufeinander. Kurz verharren sie und lassen dieses prickelnde Gefühl, das sich in ihnen ausbreitet, auf sich wirken. Als Thomas beginnt, seine Lippen gegen ihre zu bewegen, erwidert sie den Kuss sofort und ein leises Seufzen verlässt ihre Kehle. Der Kuss wird immer fordernder und als Stefanie mit ihrer Zunge über Thomas Lippen streicht, um den Kuss zu vertiefen, entweicht ihm ein leises Keuchen. Thomas nimmt ihr Gesicht nun in beide Hände und Stefanie vergräbt ihre Hände in seinen Haaren. Gerade wünschen sich beide, dass dieser Moment nie endet.