Mycroft und Lockie

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(12.04.1997 – Hampshire, England)

Mycroft Holmes kannte seinen Bruder, er wusste ihn besser einzuschätzen als jeder andere Mensch auf der Welt, das lag zum einen daran das er ein Genie war und zum anderen weil er der einzige war der ihm tatsächlich zuhörte und versuchte zu verstehen was in dem kleinen Lockenkopf vor sich ging.

In Folge dessen wusste er immer wann es Zeit wurde ihn von der Gesellschaft anderer zu entfernen, ihn abzulenken oder ihm schlichtweg eine Denkaufgabe zu geben um seinen rasenden Verstand zu beschäftigen, mit erstaunlich hoher Genauigkeit wusste er wann es Zeit war für sanfte Gesten und eine Umarmung fern von neugierigen Augen.

Er kannte die Anzeichen welche sich zeigten sollte es Notwendig werden ein ernstes Wort über die geeigneten Vorsichtsmaßnahmen für bestimmte Experimente zu sprechen oder auch die minimalen Gesten welchen einem nächtlichen Besuch nach einem Alptraum vorausgingen.

Allein war sein Fluch das er zu wenig Zeit hatte immer richtig hinzusehen, die Vorbereitungen für seine höhere Ausbildung nach seiner Schulzeit nahmen einen großen Teil seiner kostbaren Zeit in Anspruch, oft fand er sich in einem brutalen Spagat zwischen den Dingen die von ihm erwartet wurden und jenen die er sich selbst auferlegt hatte.

Also kam es zu seiner Überraschung als sein Bruder ihn aufsuchte und sprach kaum das die Tür hinter ihm zugefallen war. Er freute sich immer ihn zu sehen auch wenn das auf seinem müden Gesicht vermutlich kaum zu erkennen war, die Woche hatte ihm bislang einiges Abverlangt, seine Lehrer waren gnadenlos und seine eigenen Ansprüche waren kaum gelassener.

Schon an der Art wie Lockie ihn ansah und des hastigen Intervalls seiner Atemzüge wusste der Ältere dass dies kein gutes Gespräch werden würde, er wusste auch das sein Aufsatz nunmehr nicht vollendet werden würde, aber was ihm ebenfalls klar war, war die Tatsache das ihn das nicht kümmerte, denn Sherlock sicher und ruhig zu wissen war seine oberste Priorität.

Dabei spielte es keine Rolle wie oft er versagte, das bedeutete nur das er sich mehr bemühen und das nächste Mal weitere Längen gehen würde. Niemals würde er aufgeben, besonders nun da seine Eltern die Geduld mit ihrem, wie sie ihn nannten, Problemkind zu verlieren schienen.

„Ich brauche deine Hilfe Mycie" hauchte er und stürmte beinah in seine Arme, als wäre dies der sicherste Ort im Haus, wenn es nach ihm ging, war es das auch. So unauffällig wie möglich sah der Ältere seinen Bruder an, er suchte nach Verletzungen oder einem anderen Hinweis welcher diesen dann doch ungewöhnlichen Ausbruch erklären könnte, doch er fand nichts.

Er hörte nur die aufgeregten Stimmen seiner Eltern und ihm wurde klar das Zeit nunmehr ein entscheidender Faktor war, deshalb sparte er sich wie immer alle unnötigen Fragen und kam zum Punkt.

„Sag mir was passiert ist und was du brauchst" es war ihr üblicher Deal, Sherlocks Ehrlichkeit für seine Verschwiegenheit und Unterstützung.

„Vater hat bemerkt das sein teurer Whiskey nichts weiter ist als verdünnter Apfelsaft ist." Dieser Aussage konnte er einiges Entnehmen, zum einen wusste er welche Flasche gemeint war, sie stand im Wohnzimmer in der antiken Bar, sie war wahnsinnig kostspielig gewesen, sie enthielt oder zumindest hatte einen unglaublich alten Alkohol enthalten, einen welchen ihr Vater für einen besonderen Anlass hatte aufbewahren wollen.

Das Sherlock von dem neuen Inhalt wusste zeigte das er ihn eingefüllt hatte, wenn er raten müsste warum war dem Jüngeren wohl seine Neugier zum Verhängnis geworden und er hatte ein Experiment mit dem Whiskey durchführen wollen, das tat er gerne mit allen möglichen Dingen im Haus.

Wahrscheinlichstes Szenario war das er die Flasche hatte fallen lassen, der Inhalt war demnach ausgetreten und er hatte wohl geglaubt er käme mit dem nachfüllen einer ähnlichen Flüssigkeit davon weil sein Vater niemals wirklich vorhatte ihn zu öffnen.

Wie ein Sprung in die Themse dein Leben verändern kannWo Geschichten leben. Entdecke jetzt