Golden

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Wörteranzahl: 1565
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Jimin liebt mich. Zumindest sagt er mir das. Er sagt es jedesmal wenn er mich sieht. Er sieht mich oft, wenn ich auf dem Weg zu meinem Basketballkurs an dem Haus, in dem er mit seinen Eltern wohnt, vorbeikomme, oder wenn ich für meine Eltern einige Kleinigkeiten Einkaufen gehen muss. Jimins Eltern wollen immer das beste für ihn. Somit hat er die teuersten Kleider und sein Haar glänzt wie Gold. Das einzige was er nicht hat, sind Freunde. Es macht seine Eltern traurig, sehen zu müssen, wie er seine Freizeit einsam verbringt. Jimin ist zwei Jahre jünger als ich. Mit seinen 14 Jahren denke ich nicht das er weiß, was es bedeutet, verliebt zu sein. Deshalb beachte ich seine Aufmerksamkeit gegenüber mir nicht. Ein halbes Jahr lang bin ich gegenüber ihm gleichgültig, sage mal Hallo, mal nicht. Wenn ich ihn ignoriere, bemerke ich die Traurigkeit, die ihn überfällt. Beinahe finde ich ihn dann interessant. Aber nach einigen Minuten ist er wieder aus meinem Kopf verschwunden.

Als ich ihn einmal zwei Wochen lang nicht gesehenes hatte, wurde ich aufmerksam. Ich blickte über den Garten, wo das Gras im Wind wehte. Ich blickte auf das rotbraune Dach, auf dem man im Morgenlicht den Jahre angesammelten Dreck sehen konnte. Ich warf auch einen Blick in die Fenster und es sah verlassen aus. Am nächsten Tag sah ich seine Mutter im Garten stehen. Sie schien in die Leere zu starren, bis ich kaum noch zwei Meter von ihr entfernt war. Ein schwaches Lächeln tauchte zwischen ihren vielen Falten auf. Ich grüßte sie und wurde langsamer. Ich war nicht sicher, was ich dann machen sollte. Doch sie kam mir zuvor und erzählte, dass Jimin krank war. Ich sagte, ich wünsche ihm Gute Besserung. Sie lud mich zum Tee ein. Ich war mir nicht sicher, ob sie wusste, was ihr Sohn für mich empfand. Ich sagte, ich habe jetzt keine Zeit, doch morgen würde ich gerne vorbeikommen. So dachte ich bis zum nächsten Tag über Jimin nach. Seine Mutter hatte nicht gesagt, ob Jimin nur eine Erkältung hatte oder vielleicht etwas viel ernsteres. Ich malte mir aus, wie ich jedesmal an einem Garten vorbeikommen würde, in dem niemand mehr zwischen zwei jungen Bäumen stand, niemand mehr auf dem kleinen Holzstuhl saß, niemand mehr Blumen pflückte, denn die Blumen würden welken und eingehen und das Gras würde dem Unkraut Platz machen. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, was ich mit den Blumen gemacht hatte, die Jimin mir bei seinem ersten Geständnis geschenkt hatte. Aber ich weiß noch, dass es gelbe Narzissen waren.

Jimins Mutter öffnete die Tür. Es war das erste mal, dass ich das Haus betrat. Damals wusste ich noch nicht, dass ich dieses Haus noch viele Male betreten würde. Ich fragte, wie es Jimin ginge.
Nicht gut, antwortete sie. Der Vater war arbeiten. Sie erzählte, er sei fast nie zu Hause und das mache sie und Jimin oft traurig.
Er hat einfach nie einen Umgang mit Jimin und seinen Problemen gefunden, seufzte sie und trank von dem dampfenden Tee. Ich fragte, was für Probleme das seien.
„Er hat eine Krankheit, schon seit er klein ist", erklärte sie. Er sei sehr Empfindlich und sein Körper verkrafte nicht so viel wie andere. Schon oft seien sie mit ihm im Krankenhaus gewesen, weil er sich eine Erkältung eingefangen hatte.
Ich sagte, dass das sicherlich eine große Belastung für sie sei. Sie erwiderte, Jimin sei das schönste Geschenk, dass ihr Gott jemals gemacht habe und sie wolle ihn unter keinen Umständen verlieren.
In diesem Moment war es, wo ich Jimins Verhalten und seine seltsamen Umstände zu verstehen began. Ich blieb noch eine Weile, doch dann musste ich weiter zum Basketballtraining. Zum Abschied versicherte ich ihr, dass ich nächste Woche gerne wieder kommen würde.

So besuchte ich das Haus der Familie Park jede Woche vor meinem Training. Mal erfuhr ich, dass es Jimin besser ging, dann wieder, dass es ihm schlecht ging. Einmal bot seine Mutter mir an, zu Jimin ans Bett zu gehen, da er gerade wach war - denn die meiste Zeit schlief er - und mich überkam eine Gänsehaut. Nein, meinte ich, ich sei mir nicht sicher, ob Jimin mich sehen wolle. In Wirklichkeit hatte ich ein großes Bedürfnis Jimin zu sehen, hatte aber zu viel Angst und Nervosität in mir.
In der Woche darauf saß Jimin am Küchentisch als ich eintrat. Erschrocken blieb ich stehen. Er hatte mich noch nicht gesehen. Seine sonst so glänzenden Locken waren matt und seine Haut so bleich wie von einem toten. Doch als er zu mir blickte, nahmen seine Wangen eine leicht rosa Farbe an, die ihn gesünder aussehen ließ.

Jimin schien überrascht zu sein mich zu sehen. Hatte seine Mutter ihm nie von meinen Besuchen erzählt? Später erfuhr ich von ihm, dass sie dies in der Tat gemacht hatte, sein Gedächtnis jedoch in dieser Zeit oft zu schwach war, um sich an bestimmte Sachen zu erinnern.
Wir tranken zu dritt eine Tasse Tee. Jimin redete nicht viel, doch wenn, dann war seine Stimme zittrig und leise wie ein schwacher Windhauch. Ich merkte, dass er mich durchgängig anschaute. Nur wenn ich ihn auch ansah, schaute er weg. Und langsam bemerkte ich, wie seine Liebe zu mir, die ich zuvor nervig und peinlich gefunden hatte, doch an Bedeutung zunahm. Er hatte es sicherlich nicht leicht, dachte ich auf dem Weg zum Training. Immer mehr begann ich mich auf die Zeit im Hause der Parks zu freuen.

Als mich Jimins Mutter einmal zur Haustür brachte und ich mich verabschiedete, hielt sie mich auf und sagte: „Ich finde es wirklich nett von dir, dass du uns Gesellschaft leistest, Yoongi. Und ich dachte, vielleicht könnten Jimin und du mal zusammen spazieren gehen oder Ähnliches. Es wäre gut für ihn wenn er mehr an die Frische Luft geht, aber er lässt sich von mir nicht überreden.
Natürlich ist das nur eine Idee. Ich weiß ja nicht, wie gut ihr euch schon kennt, aber ich dachte es wäre eine Möglichkeit, Jimin das Leben etwas genießbarer zu machen."
Dabei lächelte sie mich sanft an. Ich nahm den Vorschlag an und umarmte sie zum Abschied, denn ich schätze ihre Bemühungen und ihre Liebe zu ihrem Sohn sehr.

Beim nächsten Treffen, als Jimins Mutter in der Küche verschwand um den Tee vorzubereiten, ersetzte ich die nervöse Stille zwischen uns mit zuvor zurechtgelegten Worten, in welchen ich den Vorschlag zum Ausdruck brachte. Natürlich ohne zu erwähnen, dass er von seiner Mutter kam.
Ich merkte, wie Jimins Körper zitterte als ich sprach. Mir war klar, dass es für ihn aufregend war und ihm vielleicht ein Gefühl von Hoffnung gab, die ich ihm nicht verweigern konnte. Wenn er mich wirklich immer noch liebte, dann konnte ich ihm ja wenigstens den Gefallen tun, ein wenig mit ihm im Park zu spazieren, dachte ich. Sicher würde ihn das sehr glücklich machen. Natürlich stimmte Jimin also dem Vorschlag zu und wir trafen uns folgenden Samstag.

Das Wetter war leicht kühl und hin und wieder hörte man das sanfte Geräusch von Regentropfen auf den Baumkronen. Jimin trug eine Mütze unter der sein Haar in goldenen Locken hervorschaute. Seine Augen sahen müde aus und seine Haltung war schlaff aber er trug ein schüchternes Lächeln auf den Lippen.
Wir begrüßten uns und liefen in den Park. Jimin schien dieses Mal nicht schweigen zu wollen. Er fing an zu erzählen, wie sehr er sich einen Hund wünschte. Am liebsten einen Labrador, sagte er und zeigte auf einen hellbraunen Hund der auf der Wiese neben uns herumtollte.
„Meine Familie hatte mal einen Hund.", erzählte ich: „Er ist vor zwei Jahren wegen Altersschwäche gestorben."
„Warst du traurig darüber?", fragte Jimin. Ich nickte. Natürlich war ich traurig gewesen.
„Ich weiß nicht, ob ich nochmal so etwas erleben wollen würde.", fügte ich hinzu. Damals war mir nicht klar, wie sehr diese Worte Jimin verletzten. Doch nachdem er mir erzählte, er selbst würde vielleicht vor seinem Hund sterben, wenn er einen hätte,  fühlte ich mich schlecht.
„Sag sowas doch bitte nicht, Jimin."
Jimin zuckte leicht verärgert die Schultern.
„Da klingst du genau so wie meine Mutter. Wieso sollte ich nicht aussprechen was wahr ist? Ich habe gehört, wie mein Arzt es zu meinen Eltern gesagt hat. Und schau mich an. Ich schaffe es die Hälfte meiner Tage nichtmal aus dem Bett weil ich so schwach bin."

Beinahe fürchtete ich in diesem Moment, Jimin würde vor mir wegrennen und ich würde ihn nie wieder finden und dann würde ich aufwachen und merken, dass es alles nur ein Traum war und es Jimin nie in meinem Leben gegeben hatte. Deshalb nahm ich seine Hand und drückte sie fest. „Jetzt gerade bist du aber weder unter der Erde, noch liegst du schwach im Bett, sondern du bist bei mir. Es tut mir sehr leid, was ich gesagt habe. Ich möchte lernen dich zu verstehen, Jimin. Ich will dir nicht weh tun." Ich blieb stehen und wischte ihm die Träne weg, die auf seiner Wange glänzte. Ich war überrascht über das, was ich gesagt hatte, mir wurde aber schnell bewusst, dass es voll und ganz die Wahrheit war.
„Danke Yoongi. Aber bist du dir sicher, dass du deine Zeit mit mir verbringen willst? Denn bis jetzt wollte das nie jemand. Du auch nicht. Du solltest deine Meinung nicht ändern, nur weil du jetzt weißt, dass ich sehr krank bin.", erwiderte Jimin. „Ich bleibe bei dir.", versicherte ich ihm und wir gingen schweigend weiter.

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(08.01.2023)

Yoonmin OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt