Kapitel 51

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Morwens Blick wanderte misstrauisch zum Himmel. Längst schon war dieser nicht mehr strahlend blau, stattdessen türmten sich drohend dunkle Wolken auf.
„Gandalf?" Mit einigen schnellen Schritten schloss sie zu dem Zauberer auf. „Wäre es nicht ratsam, einen Unterschlupf zu suchen? Mir scheint, dass ein Unwetter aufzieht und wir sind hier draußen vollkommen schutzlos." Sie warf einen prüfenden Blick zurück. Und außer Legolas und mir haben sie alle mit dem Schnee zu kämpfen, die Kraft, einem Sturm zu trotzen hat keiner mehr.
„Ich mache mir Sorgen, besonders um die Hobbits", fügte sie leiser hinzu, „ich weiß, sie sind viel stärker als die meisten denken, aber diese Reise ist schon für uns anstrengend. Sie müssen an die Grenzen ihrer Kräfte gehen, und wir haben erst einen Bruchteil unseres Weges geschafft."
Gandalf nickte langsam und Morwen konnte tiefe Besorgnis in seinen Augen lesen.
„Ich weiß, Morwen", erwiderte der Zauberer, „aber wir können es uns nicht erlauben zu rasten. Wundert es dich nicht, dass das Wetter so schnell umgeschlagen ist?"

Wie zur Bestätigung nahm der Wind an Stärke und Geschwindigkeit zu. Eisig schnitt er Morwen ins Gesicht und die ersten Schneeflocken begannen vom Himmel zu fallen.
„Wetterwechsel im Gebirge sind nicht ungewöhnlich." Morwen sah Gandalf fragend an. „Oder sollte es für diesen einen besonderen Grund geben?"
„Es fühlt sich unnatürlich an. Die Natur hat keinerlei Warnung ausgesprochen. Selbst wenn das Wetter unberechenbar ist, wenn man weiß, worauf man achten muss, wird man doch rechtzeitig gewarnt", gab der Zauberer zu bedenken.
„Und das bedeutet?" Es kann sich doch nicht auch das Wetter gegen uns verschworen haben. Oder doch?
„Das weiß ich noch nicht." Gandalf sah plötzlich sehr müde aus. „Aber ich fürchte, wir werden es noch früh genug erfahren."

Schweigend setzten sie ihren Weg durch das immer stärker werdende Schneegestöber fort.
Morwen tauschte einen kurzen Blick mit Legolas, woraufhin die beiden sich ein Stück zurückfallen ließen, um den Hobbits zu helfen, die größten Schneewehen zu umgehen.
„Das ist ungerecht", hörte sie Pippin leise jammern, „warum können die über Schnee laufen und wir nicht?"
„Jammer nicht so viel, Pip", kam sofort die Antwort von Merry, „spar dir deine Kraft zum Laufen."
Zumindest hat er noch die Kraft, sich zu beschweren. Morwens Sorge um die Hobbits verstärkte sich. Aber wie lange noch? Und wenn Gandalf recht hat, und dieses Unwetter nicht natürlich ist, was dann? Haben wir dann noch die Kraft sie zu unterstützen?

Eine weitere Sturmböe fegte an ihr vorbei und Morwen stutzte. War das gerade eine Stimme im Wind? Ihr wurde eiskalt. Was sind hier für Mächte am Werk?
„Es sind grausame Stimmen in der Luft." Legolas schien die Stimme ebenfalls gehört zu haben. Er spähte wachsam durch den dichten Schneefall.
„Das ist Saruman!" Gandalf klang alarmiert, als sich schon die ersten Felsbrocken über ihren Köpfen lösten. Eilig wichen alle dicht an die Felswand zurück, während dicht vor ihnen Fels und Schnee herabregneten.
„Er versucht, den Berg zum Einsturz zu bringen!" Aragorn stützte zwei Hobbits. Unter ihren Kapuzen konnte Morwen kaum erkennen, welche von ihnen es waren. „Gandalf, wir müssen umkehren!"
„Nein!" Unter der Entschlossenheit in der Stimme des Zauberers war auch Furcht verborgen, wie Morwen besorgt feststellte. Wenn selbst Gandalf sich fürchtet, täten wir anderen gut daran, es ebenfalls zu tun.
Gandalf trat an den Rand des Weges und begann, Beschwörungen in den Wind zu rufen.
„Zurück!" Morwen nahm eine Bewegung am Felshang über sich wahr. Ein Blitz war in den Berg eingeschlagen und hatte viel Schnee gelöst. Im Zurückweichen packte sie Gandalf und zog ihn mit sich zurück. Das reicht niemals. Über uns ist so wenig Felsvorsprung, der wird uns keinen Schutz bieten.
Kaum hatte sie diesen Gedanken zu Ende gebracht, da brach der Schnee über sie herein und umhüllte sie mit eisiger Dunkelheit.

Morwen, Tochter SauronsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt