„Ohhh..." Die Augen aller Hobbits waren auf den Nachthimmel gerichtet, der ab und zu von buntem Farbenspiel erleuchtet wurden.
„Du hattest recht, Lalia, das Feuerwerk ist wirklich einmalig." Auch Morwen verfolgte gebannt das Schauspiel.
Das Hobbitmädchen strahlte. „Ich freu mich so, dass du hier bist." Dann weiteten sich plötzlich ihre Augen. „Vorsicht!"
Morwen drehte sich um und sah einen bunt schillernden Drachen auf sich zu fliegen.
„Morwen, lauf!" Lalia versuchte, sie hinter sich herzuziehen, was ihr angesichts des Größenunterschiedes allerdings nicht so recht gelang.
Morwen hingegen bemerkte Lalia kaum noch. Wunderschön. Ich wünschte, ich könnte einmal einen echten Drachen sehen.
So schnell der Drache erschienen war, verschwand er wieder – in einem farbenfrohen Funkenspiel.
„Das war unglaublich!" Lalia schien den Schreck längst vergessen zu haben. „Gandalfs Feuerwerk ist einfach toll."
Morwen nickte abwesend. „Das ist es." Was ist das? Irgendetwas ist hier, irgendetwas wird passieren. Aber was ist es nur?
„Morwen? Geht es dir gut?" Lalia klang besorgt. „Du siehst aus, als würde dir etwas wehtun."
„Nein, keine Sorge, Lalia." Morwen schüttelte die Gedanken energisch ab. „Schau mal, ich glaube, Bilbo hält eine Rede."
„Reden sind langweilig", beschwerte sich Lalia und verdrehte die Augen.
Morwen musste sich ein Lächeln verkneifen. „Trotzdem sollten wir zumindest kurz zuhören. Sonst ist das nicht höflich."
Lalia seufzte. „Aber nur ganz kurz, versprochen?"
„Versprochen", erwiderte Morwen mit einem Lächeln.
Langsam gingen die beiden ein Stück näher zu Bilbo. Morwens Blick kreuzte sich für einen Moment mit Gandalfs. Mithrandir sieht besorgt aus? Warum nur?
„Ich bedaure, kundtun zu müssen, dass dies das Ende ist", sagte Bilbo gerade.
„Was?", fragte Lalia entsetzt, „aber wer erzählt uns dann Geschichten?"
„Ich gehe nun", setzte Bilbo seine Ansprache fort, „ich wünsche euch zum Abschied alles Gute. Lebt wohl."
Dann war er verschwunden. Und Morwens Kopf fühlte sich an, als würde er explodieren. Das ist unmöglich. Alles um sie herum schien zu schreien: „Ash nazg durbatulûk, ash nazg gimbatul, ash nazg thragatulûk agh burzum-ishi krimpatul!"
„Morwen! MORWEN!" Wie durch einen Nebel drang Lalias panische Stimme an ihr Ohr. „Was ist mit dir? Warum sind deine Augen so gruselig?"
Morwen wusste nicht, was sie sagen sollte. Stattdessen suchte sie Gandalf, doch der Zauberer war nicht zu sehen. Unwillkürlich stieß sie einen leisen Fluch in der Schwarzen Sprache aus und rannte in die Richtung, aus der ihres Vaters Ring sie zu rufen schien.
Plötzlich wurde die Stimme wieder leiser. Bilbo trägt ihn nicht länger.
Einige Zeit später sah sie eine kleine Gestalt, die sich entfernte. Aber der Eine ist noch hier. Mithrandir muss ihn haben.
Die Tür einer Höhle stand ein Stück weit offen. Vorsichtig schob Morwen sie weiter auf. Drinnen konnte sie den Zauberer ins Feuer starren sehen. Und ein Stück vor ihr auf dem Boden, lag er.
„Ada", flüsterte Morwen gebannt, „wir dachten, der Ring sei für immer verloren."
„Rühr ihn nicht an, Morwen. Das könnte schreckliche Folgen haben."
„Für wen?" Die Worte verließen Morwen Mund, ohne dass sie darüber nachdachte. „Damit könnte mein Vater über ganz Mittelerde herrschen, mit mir an seiner Seite."
Gandalf erhob sich ruckartig und kam auf sie zu. „Was sagst du da? Das bist doch nicht du, Morwen."
Morwen starrte wortlos auf den Einen Ring. Warum habe ich das gesagt? Ich bin nicht mein Vater. Was passiert nur mit mir?
„Geht nun." Auf einmal klang Gandalf wieder ruhiger. „Geht nach Imladris, Herr Elrond wird wissen, was zu tun ist."
„Morwen", flüsterte der Ring, „ich kann dir alles geben, was du je wolltest. Du wirst mächtiger sein als alle anderen. Nur nimm mich an dich, ehe es ein anderer tut."
Plötzlich spürte Morwen, dass sie zitterte. Mit weiten Augen blickte sie Gandalf an. „Haltet ihn von mir fern", bat sie, „ich weiß nicht, ob ich ihm widerstehen kann."
Dann drehte sie sich um und rannte hinaus in die Nacht.
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Morwen, Tochter Saurons
Hayran KurguNachdem ihr Vater Sauron durch Galadriels Macht aus seinem kurzzeitigen Zuhause Dol Guldur vertrieben wurde, ist Morwen allein. Sie muss lernen, sich in einer fremden Welt zurechtzufinden und nach Möglichkeit geheimzuhalten, wer sie wirklich ist. Ab...