"Arathorns Sohn?" Der Dúnadan, der Morwen und Legolas am fünften Tag ihrer Reise begegnet war, überlegte einen Moment lang. "Wenn meine Erinnerung mich nicht täuscht, ist sein Name Aragorn, doch die meisten von uns nennen ihn nur Streicher."
"Könnt Ihr uns sagen, wo wir ihn finden können?", fragte Legolas mit einem Hauch von Aufregung in der Stimme.
"Zuletzt sah ich ihn in einer kleinen Siedlung ein paar Meilen östlich von hier."
"Ich danke Euch." Legolas neigte höflich den Kopf und Morwen tat es ihm gleich. "Ohne Euch hätten wir gewiss viel mehr Zeit benötigt, um ihn ausfindig zu machen."
"Möge Eure Reise ruhig verlaufen."
Der Dúnadan neigte ebenfalls leicht den Kopf, dann verschwand er zwischen den dicht stehenden Bäumen.
"Sein Name ist also Aragorn", murmelte Legolas, "damit wissen wir schon mehr über ihn als zu Beginn unserer Reise."
Unserer Reise? Hat er vergessen, dass ich ihm nur rein zufällig begegnet bin? Morwen behielt ihre Gedanken lieber für sich. Stattdessen nickte sie. "Damit habt Ihr wohl recht."
Legolas zögerte einen Moment lang. "Sollten wir dieses umständliche "Ihr" nicht einfach lassen?", fragte er dann, "wir sind nun schon viele Meilen gemeinsam gereist."
Morwen sah ihn überrascht an. Dann nickte sie jedoch. "Wie Ihr... Wie du meinst, Legolas."
Der blonde Elb blickte sie sichtlich erleichtert an. "Ich habe diese formelle Anrede noch nie gemocht", vertraute er ihr dann leise an, "viele Elben im Eryn Galen waren so steif, wenn sie mit mir sprachen."
"Man spricht auch nicht jeden Tag mit einem Prinzen", erklärte Morwen, und ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen. "Es sei denn, man ist mit einem Prinzen auf Reisen."
Habe ich das gerade wirklich gesagt? Dabei ist es doch seine Reise. Warum also sehe auch ich sie plötzlich als einen Teil meiner Bestimmung an? Eben noch störte es mich beinahe, dass er es als "unsere Reise" bezeichnete und jetzt denke ich fast ebenso wie er.
"Du siehst etwas verwirrt aus, Morwen." Legolas' Augen funkelten. "Wir sollten aufbrechen, vielleicht können wir die Siedlung noch heute erreichen und Aragorn finden."
"Wenn er dort ist." Leise Zweifel schlichen sich in Morwens Stimme.
"Irgendjemand wird uns sicherlich weiterhelfen können." Legolas trieb sein Pferd an und Dûr folgte ihm, ohne dass Morwen ihr ein Zeichen geben musste.
Langsam lichteten sich die Bäume, während die beiden Elben schweigend durch den Wald ritten. Die Sonne stand schon tief, als in der Ferne eine Lichtung in Sicht kam. Legolas hatte sie zuerst entdeckt.
"Dort könnte die Siedlung sein", sagte er, "vielleicht solltest du Dûr lieber hier lassen. Wer weiß, wie die Dúnedain auf sie reagieren werden."
"Auf keinen Fall." Erinnerungen an den Beginn ihrer Reise stiegen in Morwen auf. Im Eryn Galen war Dûr durch einen Elbenpfeil verwundet worden und Morwen vermutete, dass die Dúnedain nicht anders auf einen Warg reagieren würden. "Sie ist sicherer, wenn ich bei ihr bin."
Legolas seufzte leise. "Manchmal bist du furchtbar stur."
Sie verlangsamten ihr Tempo und ritten an den Bäumen vorbei, die den Rand der Lichtung bildeten. Morwen konnte ein paar Hütten erkennen. Aus einer von ihnen kam gerade ein hochgewachsener junger Mann mit dunklen Haaren heraus. Als dieser die beiden selben entdeckte, ging er langsam auf sie zu.
Morwen und Legolas stiegen von ihren Reittieren ab, wobei Morwen schützend eine Hand auf Dûrs Schultern ruhen ließ.
"Eine Elbenfrau, die auf einem Warg reitet?" Der Mann kniff misstrauisch die Augen zusammen.
Morwen seufzte genervt. "Sie ist eine Wargin", stellte sie klar, "und mir seit vielen Jahren eine treue Freundin."
Legolas legte Morwen beruhigend eine Hand auf den Arm.
"Die Wargin stellt keine Gefahr dar", versicherte er dem Dúnadan.
"Und was führt zwei Elben so weit in den Norden?", wollte er wissen.
"Ich bin auf der Suche nach einem jungen Dúnadan", erklärte Legolas, "uns wurde gesagt, dass wir ihn hier möglicherweise finden könnten. Sein Name ist Aragorn, aber er wird auch "Streicher" genannt."
Der junge Dúnadan blickte ihn überrascht an. "Mein Name ist Aragorn", sagte er dann, "Arathorns Sohn."
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Morwen, Tochter Saurons
FanfictionNachdem ihr Vater Sauron durch Galadriels Macht aus seinem kurzzeitigen Zuhause Dol Guldur vertrieben wurde, ist Morwen allein. Sie muss lernen, sich in einer fremden Welt zurechtzufinden und nach Möglichkeit geheimzuhalten, wer sie wirklich ist. Ab...