Kapitel 18

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„Warum begibt sich ein Elb aus dem Eryn Galen eigentlich auf die Suche nach irgendeinem Dúnadan?" Die Neugier ließ Morwen keine Ruhe.

„Nach der Schlacht wusste ich, dass ich nicht einfach in mein altes Leben zurückkehren konnte." Legolas sprach leise, doch Morwen konnte ihn deutlich verstehen. „Geh nach Norden, suche die Dúnedain, das waren die Worte meines Vaters, unter ihnen ist ein junger Waldläufer. Sein Vater Arathorn war ein guter Mann, sein Sohn könnte einmal ein großer Mann werden."

Morwen runzelte die Stirn. Schon wieder ein Name, der mir so bekannt vorkommt. Wie es scheint, bin ich in eine Angelegenheit hineingeraten, die ada betreffen könnte.

„Wie heißt er denn?", erkundigte Morwen sich.

„Ich weiß es nicht", gab Legolas zu, „aber er wird Streicher genannt."

„Das vereinfacht die Suche nicht gerade."

Legolas nickte. „Aber zu zweit ist unsere Chance, jemanden zu finden, viel größer. Und sollten wir angegriffen werden, können wir uns ebenfalls besser zur Wehr setzen."

Mich würde niemals ein Ork angreifen. Hoffentlich bemerkt er nicht, dass es sich so verhält, sonst werde ich mir wohl eine Erklärung ausdenken müssen.

„Wie kommt es, dass Euer Vater die Dúnedain so genau kennt?", wechselte Morwen das Thema, „seine Worte klingen, als hätte er Arathorn tatsächlich gekannt."

Ein amüsiertes Lächeln stahl sich auf Legolas' Gesicht. „Ich ging davon aus, dass Ihr wisst, wer mein Vater ist."

Morwen sah ihn verwundert an. „Woher sollte sich das wissen?"

„Ihr müsst jenseits aller Elbenreiche aufgewachsen sein, wenn Ihr König Thranduil nicht kennt."

Morwen zuckte kaum merklich zusammen. Er ist der Sohn dieses Elbenkönigs. Nun verstehe ich, warum sein Name mir so bekannt erschien. Ada muss ihn erwähnt haben, als er die Übernahme des Waldlandreiches nach der Eroberung des Erebors plante. Wäre die Schlacht anders ausgegangen, wäre ich diesem Prinzen möglicherweise im Kampf begegnet. Und nun reise ich mit ihm, obwohl er eigentlich mein Feind sein sollte.

Legolas beobachtete sie aufmerksam. „Behagt es Euch nicht, mit einem Prinzen unterwegs zu sein?", erkundigte er, „Ihr scheint so ernst."

„Ich bin lediglich überrascht", wiegelte Morwen ab. „Wie weit ist es überhaupt bis zu den Dúnedain?", wechselte sie sicherheitshalber noch das Thema.

Legolas kniff die Augen zusammen, kommentierte ihr Verhalten aber nicht weiter. „Es gibt einige Siedlungen, die tief in den Wäldern verborgen sind", erklärte er, „wenn wir eine von ihnen finden, werden uns die Dúnedain dort sicher weiterhelfen."

„Und was habt Ihr vor, wenn Ihr diesen jungen Dúnadan gefunden habt?", fragte Morwen weiter.

„Ich werde ihn nach Imladris bringen", antwortete Legolas entschlossen, „wenn mein Vater es als wichtig erachtet, dass ich ihn finde, muss er ein besonderer Mann sein. In Elronds Haus wird er sicher sein, besonders jetzt, da Sauron zurückgekehrt ist." Er blickte Morwen fragend an. „Ihr mögt von der Schlacht gehört haben, doch wusstet Ihr, dass sich Sauron in Dol Guldur versteckt hielt, getarnt als Nekromant? Der weiße Rat hat ihn von dort vertrieben, doch Herrin Galadriel fürchtet, er könne seine alte Festung in Mordor wiederaufbauen."

„Barad-dûr", flüsterte Morwen und ein warmer Schauer lief über ihre Haut. So oft hat er von dieser Festung gesprochen und jedes Mal leuchteten seine Augen auf. Nun weiß ich endlich, wo ich ihn finden werde.

„Morwen? Hört Ihr mir überhaupt zu?" Legolas' Stimme klang ein wenig schärfer als zuvor.

„Verzeiht." Morwen senkte den Kopf. „Ich war in Gedanken."

„Und ich sagte, dass wir uns lieber beeilen sollten. Wer weiß schon, was Sauron als Nächstes plant?"

Ob ada überhaupt weiß, dass ich noch am Leben bin?, schoss es Morwen plötzlich durch den Kopf.

„Ihr seht schon wieder aus, als wärt Ihr in Gedanken versunken", sagte Legolas mit einem leisen Vorwurf in der Stimme.

„Wir sollten uns beeilen, Ihr habt völlig recht", sagte Morwen schnell und Legolas nickte.

Ohne, dass weitere Verständigung vonnöten gewesen wäre, trieben die beiden ihre Reittiere ein wenig an. Morwen ließ sich ein wenig zurückfallen und beugte sich dicht an Dûrs Ohr hinunter. „Wir werden zu ada zurückkehren", flüsterte sie ihrer Freundin ins Ohr, „alles wird wieder gut werden."

Morwen, Tochter SauronsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt