„Fremde aus fernen Ländern, langjährige Freunde", eröffnete Elrond die Versammlung. „Ihr seid hergerufen worden, damit wir auf die Bedrohung Mordors reagieren. Mittelerde steht am Rande der Vernichtung. Ihr müsst euch verbünden oder ihr geht unter."
Er machte eine Pause, die Morwen nutzte, um sich umzusehen. Viele bekannte Gesichter sah sie, Legolas, Glorfindel, Elladan, Aragorn und Mithrandir. Doch auch unbekannte sah sie. Ein Mensch, von dem Elladan erzählt hatte, dass er aus Gondor stammte, starrte sie unverhohlen feindselig an. Und die Gesichter der Zwerge blickten kaum freundlicher.
„Hole den Ring hervor, Frodo."
Unwillkürlich spannte Morwen sich an, während der Hobbit langsam in die Mitte der Runde schritt und den Ring auf einen steinernen Tisch legte. „Morwen", flüsterte er leise. Wie gebannt starrte Morwen auf den goldenen Ring ihres Vaters. Verdammt. Hör nicht hin. Sieh ihn am besten gar nicht an.
Morwen bemühte sich, so gleichmäßig wie möglich zu atmen. Langsam, ganz langsam gelang es ihr schließlich, ihren Blick abzuwenden. Sie spürte, dass Elladans besorgter Blick auf ihr ruhte, doch sie wagte nicht, irgendwen anzusehen, da sie nicht wusste, wie ihre Augen im Moment aussehen mochten. Nur ungern wollte sie die Anwesenden auf das hinweisen, was sie ohnehin schon über sie wussten.
„Er ist ein Geschenk", hörte sie den Mann aus Gondor plötzlich sagen, „ein Geschenk an die Widersacher Mordors. Warum sollen wir ihn nicht einsetzten?"
Nun hob Morwen doch den Kopf. Fassungslos starrte sie ihn an. „Seid Ihr wahnsinnig?" Die Worte entschlüpften ihr, ehe sie es verhindern konnte. „Er würde Euch schneller zu seinem Werkzeug machen, als Ihr Euch vorstellen könnt. Ihn einzusetzen wäre der größte Fehler, den wir begehen könnten."
Der Mensch schnaubte verächtlich. „Ihr seid ja bestens vertraut mit dem Ring", zischte er, „ich weiß gar nicht, was Ihr hier zu suchen habt."
„Ihr vergesst Euch, Boromir", wies Elrond ihn zurecht, bevor Morwen etwas erwidern konnte, „Morwen ist mein Gast, genau wie ihr alle. Sie ist hier, weil sie auf unserer Seite steht und uns helfen will."
Wenn man mir vor 70 Jahren gesagt hätte, dass ausgerechnet Elrond mich mal verteidigen würde, hätte ich denjenigen für verrückt erklärt.
Boromir schnaubte noch einmal, war jedoch klug genug, nichts mehr zu sagen. Stattdessen wandte er nun seine Aufmerksamkeit wieder dem Ring zu.
Nur am Rande bekam Morwen mit, dass Boromir begann, von einem Traum zu erzählen. Zu sehr wurde sie davon abgelenkt, dass sie spürte, wie der Ring begann, seinen Einfluss auf den Menschen auszubauen. Besorgt blickte sie zu Elrond und verspürte wenigstens ein bisschen Erleichterung, dass er ebenso besorgt schien wie sie selbst.
Er fühlt es auch. Das ist gut, denn er hat zumindest einen geringen Einfluss auf Boromir. Er kann schlimmeres für den Moment verhindern.
Gerade hatte sie diesen Gedanken zu Ende gedacht und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder Boromir zu, da geschah es.
„Isildurs Fluch ist gefunden", murmelte dieser gerade, „Isildurs Fluch..." Gefährlich nah streckte er seine Hand nach dem Ring aus.
„Boromir!" Elrond fuhr hoch, doch Gandalf – wie Morwen Mithrandir nach vielen Jahren bei den Hobbits nun auch nannte – war schneller.
„Ash nazg durbatulûk", begann er die Worte des Rings, die Worte ihres Vaters auszusprechen. Sofort senkte sich Dunkelheit über das friedliche Tal. „Ash nazg gimbatul, ash nazg thragatulûk agh burzum-ishi krimpatul."
Erst, als Gandalf fertig gesprochen hatte, spürte Morwen, dass sie am ganzen Körper zitterte. Lange schon hatte sie diese Worte nicht mehr gehört. Worte, die ihr früher einmal Geborgenheit geschenkt hatten. Bevor ada mich verraten hat – und ich ihn.
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Morwen, Tochter Saurons
Fiksi PenggemarNachdem ihr Vater Sauron durch Galadriels Macht aus seinem kurzzeitigen Zuhause Dol Guldur vertrieben wurde, ist Morwen allein. Sie muss lernen, sich in einer fremden Welt zurechtzufinden und nach Möglichkeit geheimzuhalten, wer sie wirklich ist. Ab...