#7 Lacrosse

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Austin

Seit einer Viertelstunde war ich mir verzweifelt ein Outfit für das Training mit Dylan am raussuchen. Super, ich hatte noch zehn Minuten, bis er ohne mich losfahren würde. Da es mir reichte und es im Grunde nichts besonderes war, entschied ich mich für eine schwarze Shorts mit einem schlichten schwarzen Shirt. Der Gedanke, dass Dylan ohne mich losfahren würde, machte mich kirre. Mit einem leichten Lächeln und einer gewissen Vorfreude lief ich runter, damit ich mich von Mom verabschieden konnte. Sie hing über ihrem Laptop, wodurch sie meine erste Verabschiedung nicht wahrnahm.

„Wann bist du wieder hier?", interessierte sie sich. „Keine Ahnung. Ich kann dir schreiben, wenn ich es weiß", bot ich ihr an. „Brauchst du nicht, aber denk an deinen Schlüssel und komm nicht allzu laut rein", bat sie mich, wodurch ich ihr bestätigend zunickte.

18:02 Uhr und der Herr war selber noch nicht Mal pünktlich. Entspannt lehnte mich gegen das Auto, wobei ich auf die Haustür unserer Nachbar schaute. Weitere zwei Minuten vergingen, bis ein gestresster Dylan die Tür aufriss. Skeptisch betrachte er mich, bevor er seine Sporttasche, welche er über die Schulter hängen hatte, in den Kofferraum legte.

„Bist du irgendwie fest gewachsen oder was genau ist dein Problem?", riss Dylan die Fahrertür auf. „Nein", schnaubte ich belustigt, während ich ebenfalls einstieg.

Kaum hatte ich mich angeschnallt, startete er den Motor und fuhr aus der Einfahrt heraus. Mein Blick war aus dem Fenster gerichtet, da anscheinend keiner von uns beiden wusste, was er sagen sollte. Die Stille war weder unangenehm noch angenehm. Es fühlte sich für mich schon fast vertraut an, aber ich wusste auch nicht, woran das lag. Dylan konzentrierte sich auf den Verkehr, während er abbog. Ein leises Fluchen entkam ihm, als uns fast jemand rein fuhr, wodurch ich mir mein Lachen nicht verkneifen konnte.

„Du hast ein ernsthaftes Problem, wenn du in solchen Situationen lachst", kommentierte Dylan meine Reaktion. „Nein, ich bin nur darüber amüsiert, wie du so herum fluchen kannst", korrigierte ich ihn. „Warum habe ich dich nochmal mitgenommen?", fragte er ironisch, wobei er seine Augenbrauen hob. „Wahrscheinlich, weil ich es dir so angetan habe", grinste ihn an.

Dylan entwich ein lautes auflachen, wobei er kurz seinen Kopf schüttelte. Die restliche Fahrt verlief ruhig, bis wir auf einen Parkplatz fuhren. Es war tatsächlich eine gute Frage, warum er mich mitgenommen hatte, denn ich hatte kein Interesse an der Sportart. Vielleicht hatte mich sein blöder Zettel von wegen, dass ich mir ein Hobby suchen soll, dazu gebracht. Auffordernd schaute er mich an, als er neben mir die Tür öffnete. Seine Sporttasche hatte er schon längst über der Schulter hängen. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er ausgestiegen war und sich diese aus dem Kofferraum geholt hatte.

„Du kannst auch gerne die nächsten zwei Stunden hier sitzen bleiben", forderte Dylan mich indirekt dazu auf, dass ich aussteigen sollte. „Ne ne, lieber schaue ich dir zu", stieg ich grinsend aus.

Dylans Blick war in dem Moment unschlagbar. Eine Mischung aus Verwirrung, Skepsis und Interesse. Warte, was? Interesse. Das bildete ich mir sicherlich nur ein. Lachend entfernte sich Dylan, wodurch ich ihm schnell folgte, da ich keine Ahnung hatte, wo wir waren. Dylan wies mich an, dass ich auf eine der Sitzbänke am Rand platz nehmen sollte, da er sich noch umziehen musste. Kein Scheiß, dachte ich mir. Während sich nichts auf dem Feld tat, schrieb ich Mom, dass das Training zwei Stunden gehen würde. Als ich von meinem Handy hochschaute, stand ein ziemlich hübsches Mädchen vor mir. Braune Haare, die zu einem Dutt gebunden waren, hellblaues Trikot und eine beige Jogginghose. Auf der linken Seite des Oberteils konnte man den Spielername lesen. D. Wheeler.

„Kann man dir helfen?", Unsicherheit lag ihrer Stimme. „Nein, alles gut. Schaue nur zu", ich unterstrich meine Aussage mit einem sachten Lächeln. „Ruby, mein Engel", legten sich zwei Arme von hinten um sie.

Die Stimme konnte ich als die von Dylan identifizieren. Dylan zog ihr eine Strähne aus dem Dutt, wodurch sich das Mädchen wutentbrannt zu ihm umdrehte. Da er einen leichten Schlag gegen seine Schulter bekam, hielt er sich diese gespielt fest, wobei er Geräusche machte, als ob er wirklich verletzt wäre. Ein amüsiertes Lächeln schob sich auf meine Lippen. Erst in dem Moment merkte ich, dass er genau das gleiche Oberteil, wie sie anhatte.

„Du hast dann wohl schon Bekanntschaft mit Ruby gemacht", schätzte Dylan, als er zu mir schaute. „Du meinst wohl, deinen größten Fan", blickte Ruby beleidigt zu ihm hoch. „Dann halt das", wuschelte er ihr über den Dutt. „Du bist so ein Arschloch", schlug sie ihn erneut, was er nur mit einem Lachen quittierte. „Ich leihe mir das", fischte Dylan endgültig das Haargummi aus ihren Haaren. „Kauf dir eigene", rief Ruby ihm hinterher, während er über das Feld lief.

Seufzend setzte sich Ruby neben mich. Da die Mannschaft sich ohne Helm einlief, band Dylan sich die Haare zusammen. Seine Haare waren nicht sonderlich lang, aber fielen ihm über die Augen, was natürlich bei so etwas störend war. Ich merkte, dass Ruby mich von der Seite musterte, wodurch ihr zu ihr Blicke. Direkt rückte sie ein Stück von mir weg.

„Austin", stellte ich mich vor, während ich ihr meine Hand hinhielt. „Ruby", nahm sie meine Hand entgegen. „Seit ihr zusammen?", interessierte ich mich, obwohl es eigentlich so offensichtlich war. „Nein, wir sind beste Freunde. Ich habe dich hier noch nie gesehen", fiel ihr auf. „Bin mit meiner Familie erst gestern hier her hingezogen", klärte ich ihre Verwunderung auf, wodurch sie verstehend nickte.

Ruby beobachtete Dylan ganz genau. Ich tat es ihr gleich, obwohl ich mir wie ein bescheuerte Stalker vorkam. Ein eindeutig zu schlecht bezahlter, da es sehr auffällig war. Als mein Handy klingelte, nahm ich ohne nachzuschauen, wer es war, den Anruf an.

„Austin", erklang es von der anderen Seite von Grace. „Was möchtest du?", fragte ich interessiert nach. „Ich kann dich nicht einfach so gehen lassen. Ich nehme es zurück, dass ich mit dir Schluss mache", erzählte sie mir, wodurch ich auflachen musste, weswegen Ruby mich verwirrt anschaute. „Grace, unsere Beziehung war keine scheiß Cornflakes Packung, die du umtauschen kannst, wenn du merkst, dass etwas ein Fehler war. Lass mich bitte in Ruhe", legte ich auf.

Das musste ein schlechter Witz ihrerseits gewesen sein, wodurch ich noch immer darüber grinste, während ich mein Handy wegsteckte. Vielleicht sollte ich sie blockieren. Rubys Blick gegenüber mir hatte sich nicht verändert, aber das ignorierte ich gekonnt. Schnell hatte ich Dylan unter den anderen Menschen gefunden. Schlecht aussehen tat er nicht. Ruby schaute mich entsetzt an. Ich hatte das doch etwa nicht laut gesagt, oder? Ihrem Blick zu urteilen anscheinend schon.

Der Verrat in PersonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt