#5 Grillen

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Dylan

Ich kannte wirklich niemanden, der den Perfektionismus meiner Mutter übertreffen konnte. Es hatte alles ganz genau seinen Platz. Wenn ich ein Lineal anlegen würde, würde ich bestimmt nur Übereinstimmungen finden. Dad stand am Grill und war zum zischten Mal mit der Grillzange am klicken.

„Schaut Mal, wer da ist", kam Mom mit unseren Nachbarn durch die Terassentür in den Garten.

Lina stellte sich selber und ihre Kinder meinem Vater und Calvin vor. Da ich bereits Bekanntschaft gemacht hatte, hörte ich nicht zu. Mein Blick glitt einmal über Austin und Riley. Riley sah aus, wie aus dem nächstbesten Modekatalog, aber es stand ihr. Es war nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig. Austin hatte noch immer die gleichen Klamotten wie am Vormittag an.

„Du sabberst gleich noch", flüsterte ich meinem Bruder zu, als ich merkte, dass er noch immer auf Riley schaute. „Dann Sabber ich halt", gab er mir nur zurück.

Riley setzte sich neben Calvin und Austin gegenüber von mir. Lina hatte noch einen Kartoffelsalat mitgebracht, welchen sie mittig vom Tisch platzierte.

„Wir freuen uns sehr, dass ihr hier in die Nachbarschaft gezogen seit", meinte Dad, der noch immer am Grill stand. „Es ist sehr schön hier", lächelte Lina über ihre Schulter hinweg zu ihm. „Wie kam es eigentlich dazu?", erkundigte Mom sich, wodurch sie gleichzeitig mein Interesse an dem Gespräch weckte. „Ach lange Geschichte, aber kurz gefasst, ich habe mich von meinem Mann getrennt", antworte Lina ihr.

Das war dann wohl einer der häufigsten Gründe um umzuziehen. Trennung, Jobwechsel oder aus sonstigen familiären Gründen. Ohne etwas zu sagen, stand ich auf, damit ich mir ein Bier holen konnte.

„Wohin so schnell?", fragte Mom.

Als Antwort hielt ich ihr nur meine leere Flache hoch. Als ich zurück an den Tisch kam, hatte Dad schon die erste Runde vom Fleisch und Gemüse auf den Tisch gestellt. Aus dem laufenden Gespräch bekam ich mit, dass Riley und Austin auf die gleiche Schule wie Calvin und ich nach den Ferien gehen sollten.

„Vielleicht kann Dylan dich mal mitnehmen", meinte Mom, wodurch ich sie fragend anschaute. „Lacrosse", lächelte Austin mir zu. „Nein, ich höre auf", erinnerte ich Mom. „Wenn du noch nicht aufgehört hast, kannst du mich einmal mitnehmen, bevor du aufhörst", versuchte Austin mich überreden. „Wenn es sein muss", seufzte ich. „So schlimm kann das wohl nicht sein", kommentierte Dad, weswegen ich ihm nur zweifelnd zu nickte.

Ich spielte schon seit Jahren Lacrosse, aber durch die immer schlechter werdenden Noten hatte ich mich dazu entschieden aufzuhören. Zusätzlich machte es mir nicht mehr so viel spaß. Calvin unterhielt sich neben mir angeregt mit Riley, was mir ein kurzes schmunzeln entlockte.

„Also, wann?", grinste Austin mich frech an. „Morgen, 18 Uhr. Sei pünktlich, sonst fahre ich alleine los", machte ich ihm direkt klar. „Wird funktionieren", meinte er.

Ich wollte noch etwas dazu sagen, aber mein Handy fing an zu vibrieren. Nach einer kurzen Entschuldigung verließ ich den Tisch, da ich nicht wusste worum es im Gespräch gehen würde. Je nach Thema musste es nicht jeder mitbekommen.

„Hey, Cas. Was gibt es?", wollte ich wissen, als ich den Anruf annahm. „Kann ich vorbei kommen?", fragte Casper zurück. „Klar, aber magst du mir vielleicht schon sagen, um was es geht?", erkundigte ich mich. „Im Grunde ist es das typische. Brauche dringend deinen Rat", klärte er mich auf.

Ich hörte einen kurzen dumpfen Aufprall. Kurz darauf fluchte Casper vor sich hin.

„Hast du dir wehgetan?", fragte ich. „Ja, nein, also es steht kein Knochen komisch ab. Bin in 20 Minuten bei dir", legte er auf.

Das war dann wohl Caspers komische Ansicht von sich verletzen. Solange kein Knochen aus der Haut stach oder komisch abstand, war alles sozusagen heile. Schnell packte ich mein Handy in die Hosentasche. Mom schaute mich verwundert an, als sie in die Küche kam, wodurch ihr erzählte, dass Casper vorbei kommen würde. Begeistert war sie nicht wirklich, aber verbieten tat sie es auch nicht. Sie wusste, dass ich immer ein offenes Ohr für meine Freunde hatte.

„Wird wahrscheinlich nicht lange dauern. Casper möchte eigentlich nur einen Rat von mir", sagte ich. „Und den hättest du ihm nicht am Telefon geben können?", hakte Mom skeptisch nach. „Anscheinend nicht", zuckte ich mit den Schultern, während ich in Richtung Garten lief.

Riley und Calvin schienen sich prächtig zu verstehen, denn die beiden waren sich noch immer am Unterhalten. Es freute mich für die beiden, zumal Riley am Anfang schüchtern aussah. Ihre Haltung hatte sich ebenfalls gelockert. Austin saß auch noch immer auf seinem Platz, aber mittlerweile hatte er ein Knie angezogen, damit er seine Stirn darauf ablegen konnte.

„Austin, alles gut bei dir?", fragte ich vorsichtig nach, wodurch er seinen Kopf anhob. „Ja, habe nur Kopfschmerzen und bin ein bisschen erledigt", erzählte er mir. „Ich kann dir eine Tablette holen", bot ich ihm an, wodurch er mit einem Lächeln nickte.

Da Austin noch etwas zu trinken hatte, brauchte ich ihm dieses nicht auch noch holen. Nachdem er die Tablette krampfhaft herunter geschluckt hatte, bedankte er sich nochmal bei mir. Ich konnte verstehen, dass er vom Tag erledigt war, da so ein Umzug nicht gerade einfach war. Erschöpft fuhr er sich durch braunblonden Haare.

„Entschuldigt, aber ich gehe rüber", stand Austin auf.

Da unsere Gärten durch nur durch eine niedrige Mauer getrennt waren, sprang er mit Leichtigkeit über diese. Lina schaute ihm nur kopfschüttelnd hinter. Man hörte ein kurzes Fluchen, wodurch ich rüber schaute und mir das Lachen verkneifen musste. Austin nahm extra eine Abkürzung und dann war die Terassentür zu. Das konnte man schon fast als Karma bezeichnen.

„Er hat noch nicht Mal einen Schlüssel", lachte Riley leise. „Dann wird er wohl oder übel nochmal zurücklaufen", meinte Lina mit einem schmunzeln auf den Lippen. „Selber Schuld, würde ich mal behaupten", gab Riley mit einem hauch von Ironie von sich.

Ich hatte jetzt schon das Gefühl, dass ich mich auf Dauer auch mit ihr gut verstehen würde, wenn Calvin sie frei gab. Calvin hing an ihr, als ob sie ein Knochen wäre und er der Hund. Während Riley und Lina noch lachten, kam Calvin zurück.

„Was vergessen?", fragte Lina belustigt nach. „Schlüssel", murrte Austin. „Gebe ich dir, aber mach bitte die Terrassentür auf, damit wir gleich auch noch ins Haus kommen", bat Lina ihren Sohn. „Mache ich", wollte Austin wieder gehen, aber blieb dann nochmal stehen. „Bekomme ich deine Nummer, damit ich dir notfalls wegen Morgen absagen kann?", fragte er mich.

Erst schaute ich ihn verwirrt an, als er mir sein Handy unter die Nase hielt. Schnell tippte ich meine Kontaktdaten ein. Ich wusste noch nicht, wie toll es werden würde ihn mit zum Training zu nehmen, wodurch ich hoffte, dass er aus unerklärlichen Gründen absagen würde.

Der Verrat in PersonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt