#51 Sterne

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Austin

Zusammen mit Dylan stand ich in der Küche. Er war ungewöhnlich still und die Geschichte zu seinem Pflaster glaubte ich ihm nicht. Leider gab es keinen Hinweis darauf, was passiert sein könnte. In seinen Gedanken versunken rührte er schon zum dritten Mal in den letzten zwei Minuten in den Kartoffeln. Vorsichtig legte ich meine Arme von hinten um ihn. Vielleicht nicht meine beste Idee, denn er wollte mit dem Holzlöffel nach mir schlagen.

„Dylan, was ist los?", drehte ich ihn zu mir rum. „Nichts, es ist alles gut", log er. „Du kannst mit mir reden, wenn etwas passiert ist", erinnerte ich ihn, wodurch er nur nickte.

Langsam schob ich ihn vom Herd weg, um ihn auf einem Stuhl zu setzen. Verwirrt schaute er zu mir hoch, aber schien nichts sagen zu wollen. So gerne ich es wollte, aber ich wendete mich wieder unserem Essen zu. Die Kartoffeln konnte ich zumindest vor einem Schleudertrauma retten.

„Was war denn mit Riley los?", fragte Dylan. „Du wirst es mir nicht glauben. Sie hat das Treffen selber abgesagt, weil sie nicht wusste, was sie anziehen sollte", erzählte ich, wobei ich darauf achtete nicht direkt wieder loszulachen. „Wirklich?", prustete er, was ich nur bestätigte.

Als wir nach Hause gekommen waren, hatte ich mir schon jegliches Szenario ausgemalt, aber diese Begründung hatte mich auch nur zum Lachen gebracht. Riley fand das natürlich gar nicht toll, aber sie hatte mit meiner Reaktion gerechnet. Ich wusste zwar nicht, was für eine Ausrede sie Ruby aufgetischt hatte, aber die konnte nur halb so witzig gewesen sein. Zumindest war sie nicht so schlimm gewesen, denn sie trafen sich schließlich wieder. Riley war schon fast mehr bei Ruby als hier zu Hause.

„Ruby hätte sie auch in Schlafanzug mit fettigen Haare akzeptiert", lächelte Dylan. „Ich saß noch bis zwei Uhr mit ihr im Zimmer, um ein Outfit, womit sie zufrieden ist, für heute rauszusuchen", erzählte ich. „Dann war deine Nacht auf jeden Fall besser als meine", sagte er.

Mir fiel direkt auf, wie sein Blick von mir zum Boden wechselten. Wenn ich mich nicht täuschte wurde er sogar ein ganzes Stück blasser. Was war passiert? Ich traute mich schon gar nicht mehr die Frage erneut zu stellen, denn die Antwort würde die gleiche bleiben. Über die Füße gefallen, noch schlechter ging die Ausrede wohl nicht mehr. Seufzend stellte ich den Teller Essen vor ihn, welchen er schließlich kaum anrührte. Mit einem schlechten Witz versuchte ich ihn aufzuheitern, aber keine Chance. Mehr als ein kleines kurzes Schmunzeln entstand nicht.

„Ich versaue den ganzen Abend", legte Dylan seinen Kopf in den Nacken, wobei er seine Hände aufs Gesicht drückte. „Nein, es ist in in Ordnung, wenn es dir nicht so gut geht", widersprach ich ihm.

Ein frustriertes seufzen entkam ihm, wobei er seinen Kopf wieder nach vorne fallen ließ, um sich auf dem Tisch abzustützen. Natürlich ärgerte es mich ein wenig, aber ich hatte auch Verständnis. Ihn schien irgendwas komplett aus der Bahn geschmissen zu haben und das anscheinend ausnahmsweise Mal nicht ich.

„Dylan", umrundete ich den Tisch, um hinter ihm stehen zu bleiben. „Raus mit der Sprache", legte ich meine Arme über seine Schulten. „Er saß gestern in unserer Küche", wisperte Dylan schließlich.

Er? Wer war er? Er war doch nicht etwa Voldemort. Für Alex sein Wohlergehen hoffte ich inständig, dass er sich das nicht gewagt hatte. Auf meine Nachfrage nickte Dylan. Direkt erzählte er mir auch, wie es zu seiner Verletzung gekommen war. Die Wut brodelte in mir. Sofort hielt er meine Arme fest, als ich diese zurück ziehen wollte.

„Es ist schon in Ordnung", versuchte Dylan mich zu beruhigen. „Nein, er hat dich verletzt. Es hätte schlimmer kommen können, wenn deine Mutter nicht gekommen wäre", führte ich ihm vor die Augen. „Ich weiß", seufzte er seltsam erschöpft, wobei er seinen Kopf nach hinten gegen meine Brust lehnte.

Ich konnte gar nicht in Worte fassen, wie gerne ich Alex eine reinhauen würde. Nur Dylan zur Liebe versuchte ich so ruhig wie möglich zu bleiben. Noch mehr Stress brachte in der Situation nichts. Alex konnte nur hoffen, dass ich ihn niemals im dunkeln sehen würde, wenn das nicht schon passiert war. Ich wusste noch nichtmal, wie er aussah, fiel mir kläglich auf.

„Du gehst ihn jetzt nicht zu Tode foltern oder was auch immer dir gerade vorschwebt. Schöne Vorstellung, aber nein. Wir verbringen den Abend so wie du geplant hast", lächelte Dylan. „In Ordnung", gab ich mich geschlagen.

Foltern, hörte sich ziemlich attraktiv an, aber nein. Den restlichen Abend sollte mich die Wut auf Alex nicht weiter beeinflussen. Gemütlich aß Dylan seinen Rest auf, wobei ich hoffte, dass es draußen schneller dunkel werden würde. Noch nie hatte mich mir so etwas gewünscht, durch meine Angst, aber mein Plan funktionierte sonst nicht. Es durfte nichts mehr schief laufen, denn ich wollte Dylan endlich fragen, ob er mit mir eine Beziehung eingehen möchte.

Die Zeit zog sich, wie alter Kaugummi, bis es endlich dunkel war. Wir hatten die Zeit nur mit ein bisschen Serie schauen und kuscheln überbrückt. Als ich zu Dylan schaute, hatte ich schon die Angst, dass er eingeschlafen war, aber das war zum Glück nicht der Fall. An meiner Hand führte ich Dylan nach draußen in den Garten. Als ich vorhin kurz weg war, hatte ich eine große Luftmatratze vorbereitet. Nun konnte ich nur noch hoffen, dass es nicht anfangen würde zu regnen. Vorsichtig ließen wir uns auf die Matratze nieder, die direkt unter unserem Gewicht leicht nachgab.

Es gab nicht viel zu sagen, denn wir betrachten die Sterne, die sich im Himmel erstreckten. Da ich nicht sonderlich viel Ahnung von Sternbildern hatte, fing Dylan an mir die verschiedensten zu zeigen, die er entdeckte. Teilweise konnte er mir sogar den Mythologischen Hintergrund erzählen. Tatsächlich war ich sehr überrascht darüber, dass er so viel wusste. Für mich waren es bis zu dem Zeitpunkt einfache leuchtende Punkte im Nachthimmel gewesen.

„Weißt du, die Sterne haben mich angerufen, dass sie dich zurückwolle. Sie wollen dein Strahlen wieder haben", versuchte ich meine Unsicherheit zu überspielen. „Gott, der war wirklich billig", lachte Dylan.

Vor Lachen rollte Dylan fast von der Matratze runter, aber ich bekam ihn noch rechtzeitig gefasst. Noch einen Dachschaden brauchte er sich nicht zufügen. Ganz nah zog ich ihn an mich. Sein Lachen war verstummt, aber seine Augen wanderten zwischen meine Lippen und meinen Augen her, als ich mich über ihn beugte. Fast schon wie erstarrt hing ich über ihm ohne ein Wort rauszubekommen. Seit wann war ich Bitteschön so nervös? Es musste an Dylan liegen, denn noch nie hatte jemand anderes dieses Gefühl in mir ausgelöst.

„Dylan Wheeler, möchtest du mit mir zusammen sein?", fragte ich, was sich schon fast wie ein Heiratsantrag anhörte. Nur mit weniger Worten und Ausschmückungen und Ring.

Der Verrat in PersonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt