#48 Voldemort

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Austin

Ein Date, wie konnte ich nur auf so eine selten dämliche Idee kommen? Riley hatte in den Thema leider komplett abgeblockt, weil sie rein aus Prinzip auch sauer auf Dylan war. Das war dann wohl die sogenannte Frauenlogik. Aus purer Verzweiflung hatte ich Casper eingeladen, damit er mir vielleicht helfen konnte. Wie konnte ich bloß so Ideenlos sein? Ich wollte etwas besonderes machen, was Dylan auch nicht an seinen Ex erinnern würde, genau das erklärte ich auch Casper.

„Er hat wirklich mit dir über du weisst schon wen gesprochen?", fragte Casper überrascht. „Du tust so als ob der Typ Voldemort wäre", verdrehte ich meine Augen. „Klar", grinste er.

Casper war vielleicht nicht die beste Wahl, um Hilfe zu erhalten. So wie das Gespräch bis jetzt aussah, würde ich Samstag ohne Idee da stehen. Wahrscheinlich hätte Google mir mehr geholfen als der Typ vor mir.

„Alles?", hakte Casper nach. „Ich denke schon", zog ich meine Augenbrauen hoch. „Krass, dann müsstest du wissen, dass du nicht viel falsch machen kannst", meinte er. „Gott Casper, sehe ich so aus?", legte ich meinen Kopf in den Nacken.

Seine komische nachfrage, ob Dylan mir alles erzählt hatte, machte mich ziemlich stutzig. Er war zwar nicht wirklich ins Detail gegangen, aber nun machte ich mir Sorgen, dass da noch mehr passiert war. Dieser Alex kam mir eh schon wie das größte Arschloch vor, welches nur sein Ego pushen wollte, ohne das ich ihn jemals gesehen habe.

„Picknick?", versuchte ich mich erstmal auf das Hauptthema zu konzentrieren. „Basic", gähnte Casper unecht. „Essen gehen?" „Ist das gleiche" „Kino?" „Habt ihr dort nicht Hausverbot?", zog er seine Augenbrauen hoch. „Du bist keine Hilfe", legte ich meinen Kopf erneut in den Nacken.

Ich hatte wirklich das Gefühl, dass selbst eine Wand, die trocknet, mir mehr geholfen hätte. Genervt griff ich nach meinem Bier vom Gartentisch, wobei mir eine Idee kam. Casper war direkt begeistert, wodurch die Mission Date stand. Nun konnte ich zumindest nochmal das Thema Alex ansprechen.

„Alex war ein dreckiger Hund mit Aggressionsproblemen. Dylan hat nicht nur Sachen mitgemacht, die er nicht wollte. Voldemort ist schnell ausgeflippt, wodurch Dylan auch den ein oder anderen Schlag kassiert hat", erzählte Casper, wobei er sein Handy rausholte.

Er suchte kurz, bevor ein Bild, welches anderthalb Jahre alt war, zeigte. Es zeigte ihn und Dylan, wie sie in die Kamera lachten. Dylans rechtes Auge war komplett zu geschwollen und leuchtete in verschiedenen Farben. Am Hals konnte man einen leichten Handabdruck erkennen. Casper erklärte mir sofort, dass der Handabdruck nicht beim Sex entstanden war, sondern bei einem Streit zwischen den beiden. Meine Mordlust stieg wieder ins unermessliche.

„Wie lange waren die beiden zusammen?", fragte ich. „Zwei Jahre. Erst lief alles super, aber dann ist Alex Schwester weggezogen zum studieren. Sie hat jeglichen Kontakt zu ihm und ihren Eltern eingestellt, aber warum weiß keiner. Alex hat es auf jeden Fall nicht verkraftet und seine Wut an Dylan ausgelassen", klärte Casper mich auf.

Es war zwar sozusagen ein Verlust, aber kein Grund, um jemand anderem so einen Schaden zuzufügen. Tatsächlich grenzte es für mich an ein Wunder, dass Dylan nicht bei jeder Berührung zurück zuckte oder ähnliches. Mir gegenüber schien er am Anfang vorsichtig gewesen zu sein, aber das hatte sich schon längst gelegt.

„Dylan vertraut dir auf jeden Fall, versau es nicht", schaute Casper mich ernst an. „Habe ich nicht vor", lächelte ich. „Weißt du, was an ihm bemerkenswert ist? Seine ruhige Art. Egal, wie viel man falsch machen würde, er verzeiht alles. Er ist die Vertrauensperson unserer Freundesgruppe geworden, obwohl er selber kaum jemanden vertraut", erzählte er.

So wie Casper das sagte, schien es ihm wirklich wichtig zu sein, dass ich Dylan vertrauen nicht ausnutzte. Er schien ebenfalls eine der wenigen Personen zu sein, die Dylan vertraute, denn sonst würde er das nicht so ernst rüberbringen. Sein Wohlergehen lag ihm sehr am Herzen.

„Was ist aus Alex geworden?", interessierte ich mich. „Er hat die Schule gewechselt, weil er Dylan nach dem Schluss nicht mehr sehen konnte. Wenn er betrunken ist, versucht er ihn auch zu erreichen, was Dylan leider manchmal zulässt. Er denkt, dass er es Alex schuldig wäre", erklärte Casper. „Alex ist auch nur mit einem einzigen Emoji eingespeichert. Weißes Herz", hing er noch dran.

Meiner Meinung nach, war Dylan ihm gar nichts schuldig. Alex gehörte für mich weggesperrt, egal ob Knast oder Psychiatrie. Kurz überlegte ich, ob ich Dylan darauf ansprechen sollte, aber entschied mich dagegen, denn dann wüsste er, dass ich mit Casper geredet hatte. Er sollte im besten Fall von diesem Gespräch nicht erfahren, womit auch Casper einverstanden war.

„Unser Dylan", seufzte Casper theatralisch. „Warum habt ihr alle Glück in der Liebe und ich bin noch immer einsam?", fragte er, ohne den Blick von seiner Bierflasche zu nehmen. „Du findest auch noch die richtige Person", versuchte ich ihn aufzumuntern. „Er ist einer glücklichen Beziehung", nippte er an seinem Bier.

Mit einem aufmunternden Lächeln schaute ich zu ihm, wobei ich meine Hand auf seine Schulter legte. Ein unglückliches Geräusch entkam ihm, als er den Kopf in den Nacken legte. Kurz schmiss er einen überprüfenden Blick in den Garten nebenan, bevor er mich ebenfalls prüfend musterte.

„Alle denken, dass ich wegen meinen Noten mit Lacrosse aufgehört habe, aber nein. Der wahre Grund war, dass ich Gefühle für Logan entwickelt hatte. Ich wollte mir selber diese Schmerzen nicht mehr zu fügen, dass ich ihn bei jedem Training sah. Gott, dieser Körper, aber naja. Schon lange habe ich meine Chance verpasst, besonders jetzt nach dem Gerücht über mich. Wehe du sagst es Dylan, denn er glaubt das auch noch immer mit den Noten", erzählte Casper, wobei seine Stimme beim letzten Satz scharf fast zischend wurde.

Ich legte mir meine Hand, wie ein Pfadfinder, auf die Brust, damit er verstand, dass dieses kleine Geheimnis bei mir sicher war. Dylan hatte mir erzählt, dass Casper schon vor Jahren aufgehört hatte, wodurch ich wusste, dass diese Gefühle schon ziemlich lange anhielten.

Irgendwie konnte ich Casper verstehen, denn so wie ich Dylan kennengelernt hatte, hätte er alles daran gesetzt die beiden irgendwie in eine Beziehung zu bekommen. Anscheinend empfand Logan nur etwas für die weibliche Bevölkerung dieser Welt, wodurch Casper es erst gar nicht versucht hatte.

„Ich finde es schön, dass wir uns so gut verstehen", wisperte Casper so leise, dass ich es fast nicht verstand. „Ich auch. Nun bin ich glücklich, dass ich aus Verzweiflung zu dir gegangen bin", lächelte ich. „Eins muss ich wirklich Mal sagen. Du passt zu Dylan. Um Probleme kümmern, die nicht die eigenen sind", sagte er mit einem belustigten Unterton.

Diese Feststellung brachte mich zum Lachen. Eigentlich hatte ich mich nur in das Problem eingemischt, weil ich nicht wollte, dass Dylan aus falschen Gründen auf mich sauer war.

Der Verrat in PersonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt