Austin
Obwohl es schon längst dunkel und mitten in der Nacht war, saß ich noch immer mit Dylan im Garten. Nach einiger Zeit hatten wir uns auf eine Bank vorm Gartenhaus gesetzt. Über unseren angezogenen Knie hatten wir eine Decke ausgebreitet. Wir waren vom einem oberflächlichen Thema zum anderen gekommen, aber das störte mich nicht groß. Aufmerksam hörte ich seiner Stimme zu, wobei ich mich genau auf die Wörter konzentrierte. Ich war noch immer glücklich darüber, dass er die letzten zwei Tage nur krank war und nicht irgendwie sauer oder ähnliches.
„Austin?", hörte ich ihn unsicher in die Dunkelheit fragen. „Mh?", machte ich nur. „Warum wolltest du letztens, dass das Licht unbedingt an bleibt?", wollte er wissen.
Überrascht schaute ich zu ihm hinüber. Sein Blick war stur Richtung Pool gerichtet. Ich dachte nicht, dass er sich daran erinnern würde. Da ich Dylan nicht antwortete, wanderte sein Blick schließlich zu mir. Verlegen kratzte ich mir am Hinterkopf, da ich ihm nicht die peinliche Wahrheit nennen wollte. Leider fiel mir nicht so schnell eine gute Ausrede, wie bei meiner Narbe am Bauch. Wohl oder übel musste ich ihm die Wahrheit sagen.
„Ich habe Angst im Dunkeln", wisperte ich, während ich meinen Blick von ihm weg nahm. „Also hast du jetzt auch Angst?", erkundigte er sich. „Nicht wirklich. Alleine ist es schlimmer", meinte ich. „Wir können auch rein gehen, wenn es zu schlimm ist", bot er mir an. „Geht schon", winkte ich ab.
Dylan nickte kurz, bevor er seinen Kopf gegen meine Schulter fallen ließ. Leicht verwirrt blinzelte ich, da ich diese Nähe schon lange von keinem anderen gespürt habe außer von Riley. Die Berührungen von Grace zählten für mich nicht. Unsicher legte ich meinen Kopf gegen seinen. Als er auf einmal anfing zu lachen, hob ich meinen Kopf verwirrt an. Dylan erkannte meinen Blick, wodurch er noch stärker lachte.
„Was denn bei dir kaputt?", fragte ich. „Musste an etwas denken, was Ruby letztens gesagt hat", meinte Dylan. „Was denn?", hinterfragte ich. „Sie hatte mir erzählt, dass als Riley bei ihr übernachtet hat, dass die beiden versucht haben Schattentheater zu zu spielen", erzählte er mir. „Riley ist richtig gut da drin", schmunzelte ich.
Riley und ich haben uns eine sehr lange Zeit ein Zimmer geteilt, als kleine Kinder. Sie hat früher schon bemerkt, dass ich Angst in der Dunkelheit hatte, wodurch sie versucht hatte mir damit die Angst zu nehmen. Leider hat das nie wirklich funktioniert, aber es hatte immer spaß gemacht. Teilweise saßen wir bis drei Uhr nachts lachend im Zimmer. Mom regte sich dann immer auf, warum wir nicht geschlafen hatten.
„Warum hast du dich nun dazu entschieden dir den Schwimmverein anzuschauen?", lenkte Dylan erneut ab. „Damit ich danach sagen kann, dass es mir nicht gefällt und ich nicht weiter genervt werde", erklärte ich. „Gute Taktik, aber was machst du, wenn es dir gefällt?", wollte er wissen. „Wieder anfangen", zuckte ich mit den Schultern.
Wahrscheinlich war es auch Dylan bewusst, dass es mir gefallen würde. Ich sah mich jetzt schon wieder im Verein, obwohl ich es vermeiden wollte.
„Ich bin müde", stand Dylan gähnend auf. „Du hast doch jetzt nicht etwa vor mich hier alleine sitzen zu bleiben", schaute ich ihn ungläubig an. „Soll ich dich noch rüber begleiten?", lächelte er. „Ja bitte", faltete ich die Decke zusammen.
Während Dylan wartete, beobachtete er mich ganz genau, wie ich die Decke penibel zusammen legte. Es schien ihn nicht zu stören, dass ich so lange brauchte. Als ich endlich fertig war, hielt er mir seine Hand hin, welche ich unsicher entgegen nahm. Ich wusste nicht, was er damit bewirken wollte, aber es fühlte sich an, als ob mein Körper unter Strom stehen würde. Erst vor der Haustür merkte ich, dass ich keinen Hausschlüssel mit hatte. Die Terrassentür war natürlich auch abgeschlossen. Ich wollte schon klingeln, aber Dylan hielt mein Handgelenk fest.
„Möchtest du wirklich jemanden um halb drei Nachts wecken, weil du deinen Schlüssel vergessen hast", zog er seine Augenbrauen hoch. „Muss ich wohl, wenn ich reinkommen möchte", nannte ich das offensichtliche. „Ich biete dir Asyl an", grinste er. „Danke", lächelte ich.
Gemeinsam liefen wir wieder rüber zu ihm. Hinter mir schloss er die Terassentür ab, während er nach dem Lichtschalter tastete. Wenige Sekunden später, wurde die Küche von einem warm weißem Licht erhellt. Mit einem Handzeichen verdeutlichte er mir, dass ich nicht blöd rumstehen sollte und ihm folgen sollte. Wie ein Schoßhündchen folgte ich ihm hoch in sein Zimmer, während die Lichter an und wieder aus gingen.
„Du kannst es dir entweder in meinem Bett alleine bequem machen und ich schlafe auf meiner Couch oder du erträgst meine Nähe", stellte Dylan mich vor die Wahl, während er auf die kleine ausziehbare Couch deutete. „Wenn ich schon bei dir Asyl suche, solltest du auch in deinem Bett schlafen. Letztens haben wir die Nacht auch zusammen überlebt", meinte ich. „Super, ich hatte nämlich keine Lust auf Rückenschmerzen", lachte er.
Bei dem Kommentar konnte ich nur grinsen. Ohne anscheinend drüber nachzudenken, zog Dylan sich sein Oberteil über den Kopf. Mit einem seufzen ließ er sich auf sein Bett fallen, wobei er mich bat, dass Licht auszumachen. Bevor ich mir ebenfalls mein Oberteil auszog, ging ich schwerfällig seiner Bitte nach. Als ich mich umdrehte sah ich, dass er eine kleine Taschenlampe auf seinem Nachttisch gestellt hatte. Das Licht war schwach, aber es erhellte den ganzen Raum dezent.
„Ich hoffe, dass reicht", lächelte Dylan, als ich mich zu ihm legte. „Auf jeden Fall, danke. Das ist nicht selbstverständlich", bedankte ich mich. „Für mich schon, du sollst keine Angst haben", sagte er.
Ich fand es toll, dass er so reagierte. Meiner Meinung nach achtete er sehr auf seine Mitmenschen. Er schien so ein Mensch zu sein, der Ruhe um sich herum wollte. Gerne nach Lösungen für Probleme suchte.
„Ich war letztens nicht ehrlich. Die Narbe", fing ich an zu reden, wodurch Dylan sich in meine Richtung drehte.
Dylan hatte seine Hand an den Kopf gelegt, wobei er sich auf seinem Ellenbogen abstützte. Durch das Licht merkte ich, dass er mich aufmerksam betrachtete.
„Grace und ich waren im Kino. Wir hatten uns gestritten, wodurch sie alleine nach Hause gehen wollte. Ich bekam nach wenigen Minuten einen panischen Anruf von ihr", redete ich weiter, aber musste nochmal tief durchatmen. „Ich bin so schnell wie es ging gerannt. Sie wurden von einem Typen in eine Ecke gedrängt. Natürlich musste ich den Helden spielen, wobei er mich mit einer umliegenden Scherbe verletzt hat", beendete ich. „Das war sehr mutig von dir. Danke, dass du mir die Wahrheit erzählst hast", sagte Dylan mit einem Lächeln.
Ich nickte nur abwesend, denn es hatte mich ziemlich viel Überwindung gekostet. Seit diesem Vorfall war meine Angst vor der Dunkelheit wieder stärker geworden, da es in der Nacht passiert war. Ich fühlte mich nicht verpflichtet dazu es ihm zu erzählen, aber es fühlte sich falsch an ihn angelogen zu haben.

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Der Verrat in Person
Teen FictionDylan Wheeler, die Vertrauensperson seiner Freundesgruppe. Seit eh und je schreibt er jegliches Geheimnis oder witziges Detail, das nicht jeder weiß, in ein Notizbuch. Das Notizbuch ist sein Heiligtum, welches niemals an die Öffentlichkeit kommen da...