Dylan
Am Vortag hatte ich Austin das ganze Training über beobachtet. Man musste zugeben, dass er alles andere als schlecht war. Ich verstand nur nicht, warum er so deprimiert danach aussah. Reden wollte er leider auch nicht darüber. Zusammen mit Riley saß ich in der Eisdiele bei uns um die Ecke. Ich hatte sie eingeladen, da ich Hoffnung hatte etwas bei ihr herauszufinden. Es war eigentlich nicht meine Art, aber Austins Verhalten bereitete mir Sorgen.
„Wo liegt Austins Problem mit dem Schwimmen", stellte ich meine Frage ganz direkt, da ich nicht um den heißen Brei reden wollte. „Es ist eine lange Geschichte, die er dir am besten selber erzählt", meinte Riley, die sich einen Löffel von ihrem Eis zum Mund führte.
Sofort musste ich daran denken, wie Austin mir das Eis aus dem Gesicht gewischt hatte. Allein schon dieser Gedanke ließ eine Gänsehaut über meinen Körper fahren. Im ersten Moment fand ich es merkwürdig und kitschig, aber dann auch wieder richtig süß.
„Woran denkst du?", erkundigte Riley sich, da ich angefangen hatte, wie ein Irrer zu grinsen. „Wie schön dein Outfit ist", tauschte ich die Wahrheit gegen eine andere Wahrheit. „Danke. Das Oberteil ist sogar von Austin", erzählte sie mir.
Nun fiel mein Blick direkt auf das Oberteil. Es war nichts besonderes. Schlicht schwarz mit einer verschnörkelten Schrift, die ich nicht entziffern konnte.
„The beauty behind the madness", entzifferte Riley den Schriftzug, als ich danach fragte. „Sehr schön", lächelte ich. „Genau deswegen habe ich es ihm geklaut. Wenn er das sieht bin ich einen Kopf kürzer, denn er denkt, dass Grace es noch hat", befürchtete Riley. „Dann kannst du zumindest von einem Teppich Fallschirm springen", lachte ich.
Riley boxte mir durch den blöden Spruch gegen die Schulter. Gespielt schmerzverzerrt hielt ich mir die Stelle fest. Das lachende Mädchen vor mir bekam sich nicht mehr ein. Die Leute um uns schauten schon, aber es interessierte uns nicht. Am liebsten hätte ich noch mehr Drama gemacht, aber das wollte ich Riley nicht antun.
„Ich wollte eh Mal mit dir sprechen", offenbarte Riley mir, während sie nervös mit ihren Fingern spielte. „Über was denn?", interessierte ich mich. „Ruby. Irgendwie, ja, keine Ahnung. Ach egal", schüttelte sie ihren Kopf, wobei sie sich wieder ihrem Eis widmete. „Entwickelt da jemand Gefühle", wackelte ich mit meinen Augenbrauen.
Rileys gesenkter Kopf schnellte sofort hoch. Ich erkannte, dass ihre Wange ein leichtes Rosa angenommen hatte, wodurch sich meine Vermutung bestätigte. Sofort musste ich anfangen zu Grinsen, da ich wusste, dass Ruby sie sehr mochte. Leider konnte ich ihr das nicht so auf die Nase binden.
„Was läuft eigentlich zwischen dir und meinem Bruder?", versuchte Riley vom Thema abzulenken. „Nichts, warum?", fragte ich irritiert nach. „Austin hat noch nie jemanden mit zu seinem Training genommen. Noch nicht Mal Grace, als die beiden noch in einer Beziehung waren. Genau so wenig saß er jemals so lange draußen, weil er Angst im Dunkeln hat", erklärte sie mir.
Ich merkte, wie meine Wangen warm wurden. Wahrscheinlich machte ich in dem Moment einer Tomate Konkurrenz, denn ich war mir ganz sicher, dass die Wärme nicht an der Sonne lag. Ein wohliges Gefühl breitete sich in meinem Körper aus, als ich über Rileys Worte nachdachte. Es stimmte, dass Austin in letzter Zeit ziemlich lange mit mir draußen saß, besonders die Nacht in der er nicht mehr ins Haus herein kam.
„Du hättest ihn Mal sehen müssen, wie enttäuscht er war, als er nicht zu deinem Spiel konnte. Der musste wieder so viele dumme Sprüche von Dad ertragen", plauderte Riley, aber hielt sich dann die Hand vor den Mund. „Ich habe schon viel zu viel erzählt", wisperte sie. „Es ist bei mir sicher", lächelte ich.
Ich hatte die Hoffnung, dass sie mir noch mehr erzählen würde, aber so war es leider nicht. Eins und eins konnte ich zusammen zählen, wodurch ich darauf tippte, dass sein Vater etwas mit dem Schwimmen zu tun haben könnte. Mir war beim letzten Gespräch aufgefallen, dass er versucht hatte so wenig zu erzählen, worüber die beiden geredet hatte.
„Austin mag dich", meinte Riley mit einem Lächeln auf den Lippen. „Sicher? Habe manchmal eher das Gefühl vom Gegenteil", meinte ich. „Er hat eine komische Art das zu zeigen. Ich weiß, dass er gerne Zeit mit dir verbringt", versuchte sie mich zu überzeugen, was auch funktioniert. „Magst du heute Abend vorbei kommen? Austin und ich wollten eine Filmabend machen", lud Riley mich ein, wodurch ich freudig nickte.
Riley erzählte mir noch, dass die beiden das Haus für sich alleine hatten, da Lina auf ein Date geht. Sie sah mir skeptisch bei dieser Aussage aus, aber wahrscheinlich, weil sie sich nur Sorgen machte. Lina war gerade Mal ein paar Wochen getrennt und noch mitten in der Scheidung. Ich persönlich wäre noch nicht so schnell bereit gewesen auf Dates zu gehen.
—
Am Abend stand ich zur vereinbarten Zeit an der Haustür der Hunters. In meiner Hand hielt ich eine Tüte Chips und etwas zu trinken. Riley sagte zwar, dass ich nichts mitbringen brauchte, aber Mom meinte, dass das unhöflich sei. Schwungvoll öffnete Riley mir die Tür, wobei sie mich bat sie ins Wohnzimmer zu begleiten. Direkt nahm ich neben Austin Platz, der mich anlächelte. Er sah schon viel besser als nach dem Training aus. Glücklicher und zufriedener.
„Verfolgst du mich?", grinste Austin mich an. „Nein, du hast eine wundervolle Schwester, die mich eingeladen hat", gab ich zurück, während ich zu Riley schaute. „Klappe halten, Film schauen", ließ Riley sich zu uns auf die Couch fallen ließ.
Austin grinste kurz, bevor er sich dem Fernseher zu wendete. Ich hatte keine Ahnung was wir schauen wollte, wodurch ich ebenfalls meine Aufmerksamkeit auf den Fernseher lenkte. Selbst die ersten paar Minuten sagten mir nichts, wodurch ich verwirrt zu Austin und Riley schaute. Als ich nachfragte, wurde ich von Riley mit großen Augen angeschaut.
„Du kennst Harry Potter nicht?", fragte sie empört nach, wodurch ich verlegen mit dem Kopf schüttelte. „Dann hinsehen. Das ist allgemein Bildung", befahl Riley mir. „Das bezweifle ich", kommentierte Austin. „Ich diskutiere es nicht nochmal mit dir. Harry Potter ist allgemein Bildung. Es ist kaum zu glauben, dass Dylan es nicht kennt", widersprach Riley.
Auf einmal hatte ich Riley halb auf mir liegen, da sie ihrem Bruder gegen die Schulter boxte. Austin quittierte das ganze nur mit einem bösen Blick, aber konzentrierte sich dann selber auf den Film. Ich versuchte etwas von dem Film zu verstehen und gefallen daran zu finden. Als der Film zu Ende war, machte Riley direkt den nächsten Teil an. Es forderte mir viel ab, dass ich nicht einschlief, da mich die Müdigkeit immer mehr packte. Tatsächlich wollte ich den Teil zumindest zu Ende schauen, bevor ich wieder rüber gehen würde. Leider zog die Müdigkeit mich immer mehr in ihren Bann, bis ich ungewollt einschlief.

DU LIEST GERADE
Der Verrat in Person
Teen FictionDylan Wheeler, die Vertrauensperson seiner Freundesgruppe. Seit eh und je schreibt er jegliches Geheimnis oder witziges Detail, das nicht jeder weiß, in ein Notizbuch. Das Notizbuch ist sein Heiligtum, welches niemals an die Öffentlichkeit kommen da...