Austin
Ruby hatte mir die verschiedensten Sachen über Dylans Kindheit erzählt, wodurch wir noch immer vorm Krankenhaus saßen. Kurz zuckte ich zusammen, als ich angetippt wurde. Ein Blick nach hinten, verriet mir, dass es Calvin war. Eigentlich wollte ich nicht mit ihm reden, aber er könnte auch neue Informationen über Dylans Zustand haben.
„Verräter", zischte Ruby ihn an, wodurch ich eine Hand auf ihre Schulter legte. „Gibt es was neues?", fragte ich so ruhig, wie möglich. „Dylan ist aus dem OP raus. Wir können zu ihm", sagte Calvin mit einem Spur von Reue.
Sofort sprangen Ruby und ich auf, wobei wir Calvin fast umhauten. Wie die Irren sprinteten wir die Gänge entlang. Vor einer Tür sahen wir Caroline, wodurch wir darauf schlossen, dass dahinter Dylan liegen musste. Bevor wir rein konnten, hielt sie uns auf.
„Wie ihr euch denken könnt ist Dylan noch nicht wach. Bitte seid ruhig", bat sie uns, was wir schnell bejahten.
Dylan war noch an den verschiedensten Geräten angeschlossen. Seine Haut blass, wie die eines Vampirs. Riley hatte sich bereits auf einen Stuhl gesetzt und hielt Dylans Hand. Die Tränen flossen ihr über die Wangen. Langsam schritt ich auf sie zu, bis ich neben ihr stand. Direkt ließ sie ihren Kopf gegen meinen Oberschenkel fallen. Ruby hatte sich auf den Stuhl auf der anderen Seite gesetzt.
„Er wird wieder", strich ich ihr beruhigend durch die Haare. „Bestimmt", lächelte Ruby.
Caroline und Calvin betraten ebenfalls das Zimmer. Mit Calvin hatte ich auf jeden Fall noch ein Hühnchen zu zupfen. Um mich abzulenken, schaute ich kurz auf mein Handy. Es waren drei Stunden vergangen. Eine Nachricht von Casper.
Casper
Treffen wir uns heute?
Weisst du es noch nicht?
Was?
Dylan wurde eben operiert
Was? Warum?
~~~
Ich wollte den Vorfall nicht in einer unendlich langen Nachricht verpacken, wodurch ich mich entschuldigte. Da nicht jeder alles mitbekommen sollte, schlenderte ich die Gänge entlang, bis ich wieder vorm Gebäude stand.
Erst draußen merkte ich, wie schlecht ich mich in diesem Gebäude aufhalten konnte. Es schien mich zu erdrücken. Draußen konnte ich richtig durchatmen.
Nachdem ich ein paar Mal tief durchgeatmet hatte, rief ich Casper an. Kurz und knapp erzählte ich ihm, was passiert war. Ich ließ auch nicht den Fakt weg, dass Calvin und Alex für die ganze Instagram Sache die Schuld trugen.
„Für so durch geknallt habe ich Alex auch nicht gehalten", war das erste, was Casper sagte. „Ich verstehe die Logik nicht", gab ich zu. „Wenn ich jemanden zurück haben möchte, verletze ich die Person doch nicht einfach", meinte Casper, was ich mit einem zustimmenden Laut kommentierte.
Casper hatte sofort verstanden, was ich am unlogischsten fand. Es war für mich nicht verständlich. Meiner Meinung nach hätte Alex vielleicht eine Chance gehabt, wenn er sich verändert hätte. Ins positive. So würde ihm doch nie jemand überhaupt eine Chance geben.
„Wie geht es denn Dylan?", erkundigte Casper sich. „Ist noch nicht wach, aber hat es gut überstanden", meinte ich. „Gut, ich komme gleich vorbei", mit den Worten legte er auf.
Perplex schaute ich auf das dunkle Display. Ich wusste nicht wie gut es war, dass er noch ins Krankenhaus kommen würde. Er hatte kein Wort zum Thema Calvin geäußert, wodurch ich mir vorstellen konnte, dass er ihm auch noch eine klare Ansage machen würden. Als gewalttätig schätzte ich ihn nicht ein.
Auf dem Weg zurück blieb ich an einer Ecke stehen, denn ich hörte zwei Ärzte über Dylan reden. Leider verstand ich nicht allzu viel, da ich zu weit weg war. Es ging auf jeden Fall darum, dass die Polizei ihn zu dem Vorfall befragen würde, wenn er wieder komplett ansprechbar wäre.
Im Krankenzimmer selber hatte sich nichts verändert. Jeder stand noch an der gleichen Stelle. Kurz fragte ich mich, ob die Zeit stehen geblieben wäre. Da kein Stuhl mehr frei war, setzte ich mich neben Riley auf den Boden. Verwirrt schaute sie zu mir runter, aber mein Blick lag nur auf Dylan.
„Wie lange muss er hier bleiben?", fragte Ruby, wobei sie zu Caroline schaute. „Fünf bis sechs Wochen, wenn es gut läuft. Der Arzt sagte mir eben, dass Dylan am Anfang große Schwierigkeiten haben wird beim laufen", erzählte Caroline. „Sofern er überhaupt noch ein Gefühl in seinem Bein hat", fügte Calvin bei.
Sofort schauten wir alle zu Calvin. Caroline schaute ihn böse an. Wahrscheinlich wollte sie diese Möglichkeit gar nicht wahr haben.
Ich selber wollte es auch nicht in Betracht ziehen. Für mich stand nur fest, dass ich Dylan trotzdem lieben würde. Schließlich hatte ich mich in ihn verliebt und nicht in seinen Körper, auch wenn dieser nicht schlecht war. Trotzdem würde Dylan die gleiche Person bleiben.
„Du bist das doch alles schuld", keifte Ruby ihn an. „Ich bin gar nichts schuld", hob Calvin unschuldig seine Hände. „Du hast Alex geholfen. Du hast ihm den Inhalt, des Notizbuches geschickt. Du hast Dylans Sozialleben kaputt gemacht. Du bist ein beschissener Verräter", jedes einzelne Wort wurde lauter, wobei sie sich von ihrem Stuhl erhoben hatte.
Ruby stand nun wenige Zentimeter vor Calvin. Man sah Calvin an, dass er ein wenig Angst bekam. Er hatte sich so nah, wie möglich, an den Schrank hinter ihm gepresst. Obwohl ich Calvin am liebsten selber eine reingehauen hätte, zerrte ich Ruby von ihm weg.
„Stimmt das?", fragte Caroline an ihren jüngsten gerichtet. „Ja, es stimmt. Ich war es satt. Dylan hier, Dylan da. Alle haben ihn immer geliebt und ihm vertraut. Jedes Mal war ich nur der kleine dumme Bruder, den er mitgeschleppt hat. Ich habe mich, wie ein Fußabtreter gefühlt", gab Calvin schließlich zu.
In diesem Moment war ich froh, dass ich Ruby festhielt. Sie hätte Calvin am liebsten die Augen ausgekratzt.
„So sauer ich selber bin, aber das sollten wir wann anders klären", flüsterte ich Ruby zu, wobei ich mit dem Kopf in die Richtung von Dylan deutete. „Wir sind noch nicht fertig", keifte Ruby.
Ihr Blick lag stur auf Calvin, als ich sie losließ. Es herrschte wieder Ruhe im Raum. Als ich mich wieder neben Riley stellte, stand sie auf und bat mich, dass ich mich auf den Stuhl setzen sollte. Dankend nahm ich den Platz an und zog sie auf meinem Schoß, wodurch ihr ein erschrockenes Keuchen entkam.
Dylan sah so friedlich aus, wie er dort lag. Sein Körper war bis zur Mitte mit der Decke verdeckt. Vorsichtig griff nach seiner Hand, wo ich mit meinem Daumen über den Handrücken fuhr.
Ich hoffte, dass die ganze Situation schnell vorüber gehen würde. Für mich kam der Gedanke, dass Dylan fünf bis sechs Wochen im Krankenhaus bleiben sollte als unmöglich vor. Meiner Meinung nach, war Sport und Bewegung ein wichtiges Thema für ihn, damit er nicht wieder in das Loch verfiel, welches Alex erschaffen hatte.
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Der Verrat in Person
Teen FictionDylan Wheeler, die Vertrauensperson seiner Freundesgruppe. Seit eh und je schreibt er jegliches Geheimnis oder witziges Detail, das nicht jeder weiß, in ein Notizbuch. Das Notizbuch ist sein Heiligtum, welches niemals an die Öffentlichkeit kommen da...