26. Kapitel

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20.08.2016, 00:25 Uhr, Osaka, Japan.
00:25 Uhr. Halb eins. Kurz nach Mitternacht.
Normalerweise würde ich jetzt einfach umkippen und einschlafen, allein deswegen, weil es draußen dunkel ist. In der Ferne erkenne ich die Lichter der Stadt, die sich im Meer spiegeln. Schade eigentlich, dass meine Kamera in die Tasche gewandert ist, nachdem wir sie aus dem Koffer gefischt haben. In die Tasche, die ich grade natürlich nicht dabei habe.

Abgesehen davon blenden mich die Lichter im Flughafen, aber draußen... Draußen ist es fast ganz dunkel.
Aber nein.
Die Zeitverschiebung hat es auf mich abgesehen.
Und so, wie ich mich kenne (Und wie Lucia, dieses Genie, es ausgerechnet hat), werde ich erst gegen 4 Uhr schlafen. Können.
Ganz ehrlich, was soll der Mist?!

Da ich keine Ahnung habe, wo ich lang muss, folge ich einfach den Leuten, die mit mir geflogen sind. Dabei bewundere ich den Flughafen und vor allem die Aussicht, wenn denn mal eines der deckenhohen Fenster in der Nähe ist, denn die Gruppe bewegt sich immer weiter ins Innere des riesigen Gebäudekomplexes und ich verliere immer mehr die Orientierung.
Obwohl ich inmitten dieser Gruppe laufe, inmitten der Menschen, fühle ich mich allein gelassen, einsam.
Ich habe niemanden, mit dem ich so aufgeregt reden kann wie das kleine Mädchen vor mir, für welches Müdigkeit im Moment wohl grade ein Fremdwort ist. Die Eltern tun mir leid.
Sie werden ab jetzt wohl einige schlaflose Nächte verbringen... Genau wie ich. In den nächsten paar Monaten.
Wenn ich denjenigen in die Finger bekomme, der die Zeitverschiebung erfunden hat, ist er so gut wie tot.
Oder auch nicht, ich kann nicht mal einer Fliege etwas zuleide tun.
„Mami, was machen wir jetzt?", kommt es in genau dieser Sekunde von dem kleinen Mädchen, woraufhin die Eltern synchron aufstöhnen.
Also, ich suche jetzt den Bahnhof und fahre zu meinem Hotel. Und dann schlafe ich.

Die Liste mit Dingen, die ich hasse, wird rasant länger. Dazugekommen sind auf dem Weg ins Hotel auch noch schwere Koffer, Züge, Verkehr insgesamt und, nochmal, die Zeitverschiebung.
Eigentlich müsste ich schlafen, aber das sieht mein Körper nicht ein.

So sitze ich hellwach vor einer riesigen Fensterfront und schaue aus dem achtzehnten Stock des Hotels auf Osaka herab, das Meer dunkel glitzernd im Hintergrund, davor die schillernden Lichter der Stadt. Mit einem Lächeln auf den Lippen wuchte ich meine Tasche neben mich und packe endlich die Kamera aus, um die Magie der Nacht einzufangen.
Da ich sowieso die ganze Zeit im Dunkeln saß, muss ich nicht erst das Licht ausmachen, um die Spiegelung zu vermeiden, welche sonst entstehen könnte. Durch Fenster fotografieren mag zwar eindeutig sicherer sein, aber nicht unbedingt besser für die Bildqualität.
Einige Minuten später krame ich auch meinen Laptop hervor und lade die Bilder direkt auf ihn, um die schönsten Fotos auszuwählen.
Etwas, das ich normalerweise hasse.
Aber heute ist etwas anderes.
Ich bin in einem anderen Land, alleine, auf mich selbst gestellt, überhaupt nicht müde, obwohl es mitten in der Nacht ist.
Und ich werde morgen auf ein Konzert von Pentatonix gehen.
Ich würde ja sagen, dass das an der Tatsache, dass ich Bilder nicht gerne aussortiere, nichts ändert, aber damit würde ich lügen. Und zwar gewaltig.
Denn wer sagt, dass man Bilder nicht auf Instagram, Facebook oder Twitter stellen und damit auf sich aufmerksam machen kann?

„Angekommen. Freue mich auf morgen, @PTXofficial!"

SchnappschussWo Geschichten leben. Entdecke jetzt