38. Kapitel

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Die Kuppel vor der Halle leuchtet in den Farben von Pentatonix und bunte Schleier ziehen sich über den daruntergelegenen Boden. Der Himmel ist von dunklem Blau gefärbt, welches mit jeder Sekunde mehr zum Schwarzen tendiert. Zwischen all den Leuten wartend krame ich meine Kamera aus der kleinen Tasche und hebe sie vor mein Gesicht, als mir jemand auf die Schulter tippt und ich erschrocken zusammenzucke, was mir ein Kichern einbringt, das mir erstaunlich bekannt vorkommt.
„Su?" Fassungslos wirbele ich herum und sehe eine grinsende Su und Ana sowie Roy, der teilnahmslos auf seinem Handy tippt.
„Hey!", strahlt sie und fällt mir um den Hals, was ich perplex erwidere.
„Was macht ihr denn hier?", frage ich verwundert und drücke Ana und Roy kurz an mich.
„Die Frage ist eher, was du hier machst, Süße!", lacht Su und streicht sich eine Strähne aus dem Gesicht, während sie die Karte aus ihrer Tasche zieht, weil wir gleich bei der Sicherheitskontrolle sind.
„Wo ist Fabienne?", frage ich und beobachte, wie die Frau meine Tasche durchsucht.
„Frag nicht", meint Ana und beißt sich auf die Lippe, und auch von Roy ernte ich nur einen ausweichenden Blick.
„Sie ist nach dem Anschlag nicht mehr aufgetaucht. Wir glauben, dass sie... Umgebracht wurde", sagt Su mit gesenkter Stimme, als wir hintereinander durch die Leute in der Halle laufen, um möglichst weit nach vorne zu kommen. Mir wird übel, als ich ihre Worte höre, und ich erwidere nichts. Niemandem ist geholfen, wenn ich Mitleid zeige, auch wenn es mich innerlich umhaut, dass es ausgerechnet sie treffen musste.
„Ich habe gesehen, dass du auf der Bühne warst?", fragt Ana lächelnd und quetscht sich neben mich an den Zaun, die wütenden Blicke von rechts und links ignorierend.
„Ja, beim letztes Konzert. In... Sydney?"
„Wie war es?", kommt die nächste Frage und ich muss grinsen, als ich mich daran erinnere. Dann fange ich an, so lange zu schwärmen, bis die Lichter gedimmt werden und wir alle für einen winzig kleinen Moment verstummen, nur um sofort loszuschreien, als plötzlich Gesang ertönt.

„Ich hab meine Meinung bezüglich der Vorband übrigens geändert", meint Su schief grinsend, als das letzte Lied dieser langsam ausklingt. Mit einem leichten Lächeln beobachte ich, wie die Sänger von der Bühne gehen, und wende mich dann der jungen Frau zu.
„Freut mich. Die sind nämlich echt gut", lache ich.
„Du reist mit, oder? Ich hab dich auf Instagram gefunden", meint Ana und schaut mich fragend und unglaublich neugierig an.
„Ich werde gestalkt!", rufe ich verblüfft lachend und nicke dann.
„Auf wie vielen Konzerten warst du schon?", fragt Su von meiner anderen Seite und ich lege für einen kurzen Moment überlegend den Kopf schief.
„Nach dem Konzert in Frankfurt hab ich erst mal eine kleine Pause eingelegt. Das Erste danach war in Osaka, was eigentlich ziemlich dumm geplant war, das war ja das letzte Konzert von dem Teil der Tour, deswegen hatte ich danach gefühlte zehn Jahre, um durch die Weltgeschichte zu reisen. Aber es war wahrscheinlich auch ganz gut, dass es nicht sofort richtig losging, sonst wäre ich noch durchgedreht. Dann war ich noch in Sydney, glaube ich, und jetzt hier", zähle ich auf, was ein absolutes Durcheinander in meinem Kopf hinterlässt. Wo sind wir grade nochmal?
„Wir waren noch in Barcelona und Madrid, weil Roy da Verwandte hat. Reist du noch weiter mit, oder ist das hier dann dein letztes Konzert von der Tour?" Su schaut mich aus ihren dunklen Augen an und ich muss lachen.
„Das Letzte? Oh, noch lange nicht. Insgesamt waren es glaube ich... Zwanzig? Dreißig? Irgendwie so was um den Dreh", meine ich grinsend und muss den Kopf schütteln, als ich daran denke. Wer kam auf die Idee, so viele Konzerte zu besuchen? Woher kommt das ganze Geld eigentlich?
„Oh Gott, das würde ich liebend gerne auch mal machen. Einfach zu jedem Konzert gehen, Pentatonix richtig gut kennenlernen... So, dass du auch mal zwischendrin einfach was mit ihnen machen kannst. Oder sie Dinge fragen, die sie sonst nicht beantworten würden. Wisst ihr, was ich meine? Als ob man sie schon seit Jahrtausenden kennen würde. Wie mit besten Freunden", schwärmt Ana und ich muss schlucken.

Ja, das ist so ungefähr exakt mein Plan.

SchnappschussWo Geschichten leben. Entdecke jetzt