37. Kapitel

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Ich habe mich verliebt.
Adelaide ist wahnsinnig schön, wahnsinnig wunderbar, wahnsinnig faszinierend.
Und unglaublich gut zum Fotografieren.
Ich bin froh, dass ich ganze vier Tage hier habe, vier kostbare Tage, von denen nur einer mit dem Konzert belegt ist. Mir ist bewusst, dass ich die freie Zeit genießen sollte, solange es noch geht, denn später werden die Konzerte Schlag auf Schlag kommen.
Seufzend stehe ich von meinem Bett auf und gehe ans Fenster, welches von einem zartgrünen Vorhang umrahmt wird. Glücklicherweise bin ich diesmal im zweiten Stock gelandet, auch wenn ich zugeben muss, dass ich mir grade hier eine gute Aussicht gewünscht hätte.
So schaue ich jetzt auf den Park auf der anderen Straßenseite, und beobachte die Sonne, die am Horizont aufgeht. Es hat mich selbst überrascht, dass ich um 6 Uhr morgens aufgewacht bin, aber was soll ich machen. Langsam aber sicher schleicht sich die Zeitverschiebung in meinen Schlafrhythmus, in mein Leben. Das könnte noch lustig werden.

Obwohl ich die Zeit hier eigentlich auskosten will, bin ich schon am späten Nachmittag wieder im Hotel. Gähnend schmeiße ich die Tür hinter mir zu und zucke bei dem Knall zusammen.
Die Kopfschmerzen habe ich vor lauter Müdigkeit vergessen.
Ich fühle mich wie ein kleines Kind, als ich trotzig auf das Bett zu stapfe und meine Tasche neben dem Nachttisch fallen lasse. Danach durchsuche ich meinen Koffer, in der Hoffnung, dass Lucia irgendwelche Tabletten eingesteckt hat. Mir egal, gegen was, Hauptsache mir geht es dann besser.
Nach einigen Minuten erfolgloser Suche finde ich doch tatsächlich eine Art Apotheke in einem der Seitenfächer versteckt. Erleichtert atme ich auf und danke in Gedanken Lucia, die mir hiermit mehr oder weniger das Leben rettet.
Mit einer Kopfschmerztablette intus fühle ich mich zwar besser, müde bin ich allerdings trotzdem noch.
Ein Gähnen unterdrückend stopfe ich die schmale Schachtel mit den Tabletten wieder zurück und entdecke dabei etwas, das mich laut auflachen lässt.
Lucia hat nicht ernsthaft Kaffeebohnen in das Fach gestreut.
Kichernd schnappe ich mein Handy, fotografiere meine Reiseapotheke und bearbeite das Bild anschließend so, dass der Kaffee besonders hervorsticht.
Dann veröffentliche ich es auf Twitter und Instagram und schreibe unter das Foto, wie sehr ich meine Freundin doch liebe. Dennoch widerstehe ich der Versuchung und schließe meinen Koffer, bevor der Kaffeeduft das ganze Zimmer füllen kann. Es ist zu spät. Wenn ich jetzt noch etwas Koffeinhaltiges trinke, bin ich bis morgen früh wach, und das wäre eindeutig kontraproduktiv.
Mit dem gar nicht so dummen Gedanken, dass die stickige Luft in meinem Raum nicht unbedingt dazu beiträgt, mich wachzuhalten, öffne ich das Fenster und scrolle dann durch die neusten Tweets. Ich habe eindeutig zu lange nicht mehr Nachrichten gelesen. Zwischen den schockierenden Dingen findet sich auf Twitter zum Glück ab und an auch mal eine Neuigkeit von Pentatonix oder Fotografie-Tipps, was mich wieder etwas entspannen lässt. Zwar bringen mich die Berichte von Anschlägen rund um die Welt zum Zittern, aber schließlich kommt doch ein Tweet, der mich alles andere vergessen lässt. Wie in Trance greife ich zu meiner Kamera und verlasse, noch immer mein Handy in meiner linken Hand haltend, das Hotel.

Was tut man nicht alles für einen Wettbewerb.
Es ist früher Abend, die Sonne senkt sich langsam, und ich bin müde. Ist ja nichts Neues. Ich muss zugeben, es liegt an meinem Ehrgeiz, dass ich trotzdem noch hier bin, in einem der Parks in Adelaide, meine Kamera fest im Griff. Ich weiß genau, was ich fotografieren will und wo die Sonne stehen muss, aber das dauert.
Seufzend ziehe ich mein Handy aus der Tasche und lese mir den kurzen Text noch einmal durch.

„An alle Fotografie-Freunde:
Ab sofort startet monatlich ein neuer Fotografie-Wettbewerb mit spannenden Herausforderungen! Egal ob Anfänger oder Profi, nehmt an der Challenge teil und gewinnt tolle Preise! Weitere Informationen gibt es unter der neuen Kategorie 'Wettbewerbe' - Doch so viel sei gesagt: Diesmal geht es in die Natur..."

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