XXVIII

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Louis :

Mit Tränen in den Augen stolperte ich die Treppe nach unten und ins Freie. Panisch holte ich Luft und Tränen gefroren auf meinen Wangen. Warum musste es auch ausgerechnet heute so arschkalt sein?

Ich wusste nicht, wo ich hingehen sollte. Ich wollte niemanden sehen und erst Recht nicht mit wem sprechen müssen.

Schnell überquerte ich die Main Street und lief zum Stadtkern hin. Als ich an der Kirche vorbeikam, sah ich, dass die Tür noch offen war. Ich bremste meine Schritte und betrat das Gotteshaus. Auch hier drinnen war es eiskalt, aber das machte mir nichts aus. Ich ging zu einer Statue der heiligen Maria und bekreuzigte mich davor. Dann nahm ich in der nahe liegenden Bank Platz und schloss meine Augen.

„Mum… Mum… Ich weiß nicht, ob du mich hören kannst, aber grade jetzt würde ich deinen Rat so sehr brauchen.“, ich schniefte. „Harry verhält sich so unmöglich, er ist so stur, ich weiß nicht, was ich tun soll. Wir sind vielleicht in Gefahr, aber er hört einfach nicht auf mich. Ich versteh ja, dass er Bedenken hat, aber er sollte doch zumindest meine Meinung in Betracht ziehen. Ich würde ihm doch nie etwas Böses wollen.“ Ich wischte meine Tränen weg. „Was soll ich tun? Er hat gesagt, ich soll gehen. Aber ich hab nichts und niemanden. Jane und Liam streiten auch, sie werden mich nicht bei sich haben wollen. Was soll ich nur tun?“ Ich wünschte mir so sehr, dass meine Mum hier wäre und ich mit ihr reden könnte, aber im Endeffekt saß ich nur in einer leeren Kirche und sprach mit mir selber.

Ich verfluchte mich, weil ich keine Taschentücher dabei hatte, aber das nützte mir auch nichts, denn ich wusste nicht, wo ich mir welche holen sollte. Ich war Harry total ausgeliefert. Meine Sachen waren in seiner Wohnung, gemeinsam mit allen Papieren und meinem Geld.

„Mum, du wärst so enttäuscht von mir. Ich hab versagt. Ich wollte glücklich werden, so wie du es mir aufgetragen hast, aber ich schaff es nicht.“, gestand ich und neue Tränen tropften von meinem Kinn. „Es war ein Fehler. Ich hätte nicht herkommen sollen. Wieso hab ich nie nachgefragt, wie die Situation hier ist? Warum war ich so blauäugig?“

Ich bemerkte, dass sich jemand neben mich setzte.

Sie nahm meine Hand und dann schwiegen wir beide.

„Weißt du, Harry ist kein schlechter Mensch.“, sagte Lily, aber ich konnte sie nicht ansehen, ich schämte mich zu sehr. „Er ist überfordert und in solchen Momenten denkt er nicht klar.“ „Du solltest dich nicht für ihn entschuldigen.“ „Nein, das sollte er selber machen und das wird er auch tun.“

„Lily, war es falsch, hier her zu kommen?“, fragte ich sie atemlos. „Nein, ich denke nicht. Jetzt grade mag es zwar so scheinen, aber du hast dich richtig entschieden. Wir lieben dich. Du gehörst jetzt zu uns.“ „Und wenn Harry mich nicht mehr will?“

„Ich kenne Harry schon wesentlich länger als sonst jemand, ich weiß, dass er dich will. Er liebt dich. Wie oft hat er mich schon verdammt und verflucht? Und trotzdem, wenn es hart auf hart kommt, sind wir eine Einheit und mit euch wird es nichts anderes sein.“ „Aber er hat mir gesagt, dass ich gehen soll.“ „Das bereut er sicher schon wieder.“

„Hast du mit ihm gesprochen?“ „Nein, nur kurz mit Jane.“ Plötzlich versteifte sie sich und grinste mich dann an. „Harry kommt.“ „Was… Woher…“ „Zwillingsradar.“, grinste sie, stand auf und ging.

Another WorldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt