LXXXX

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Louis:

Mit Harry Sex zu haben… Auf ihm zu liegen… Ihm so nahe zu sein… Ich wäre froh, wenn ich den Rest meines Lebens so verbringen könnte…

Aber Stopp! Genau das würde ich tun! Harry würde immer nahe sein, ich konnte ihn berühren, ihn ansehen, mit ihm sprechen – wann immer ich es wollte! Holyfield war seit unserem Outing zum Paradies für mich mutiert! Zuhause, in England, war es meine Mum gewesen, die einen Ort zu einem Zuhause gemacht hatte, hier war es Harry.

Im letzten halben Jahr hatte sich die Welt mehr als einmal schneller um sich selbst gedreht, als sie es sonst tun würde… Ich war in ein verschlafenes Kleinstadtnest gekommen, das nicht fähig war, über den Tellerrand zu sehen und jetzt lebten hier drei schwule Pärchen und der allseits beliebte Gemeindearzt hatte, trotz seiner Homosexualität, keine Patienten verloren.

Der Juni näherte sich seinem Ende und mit ihm auch Lafayettes Leben. Es war ihm schon vor der Hochzeit nicht mehr allzu gut gegangen, aber Jane und Liam zuliebe hatte er sich nichts anmerken lassen. Als die beiden allerdings in die Flitterwochen aufgebrochen waren, ging es rapide bergab. Lafayette wollte nicht in ein Krankenhaus und Brody organisierte einen Hospizservice, der jeden Tag zwei Mal kam, um Lafayette mit Morphium zu versorgen.

In der ersten Juliwoche zeichnete sich das baldige Ende ab und obwohl wir es nicht tun wollten, sagten wir Jane und Liam Bescheid und die beiden kamen verfrüht nach Hause.

In der Nacht vom 6. Juli auf den 7. waren wir alle bei Brody und Lafayette. Jane, Lily, Liam, Harry, Zayn und ich saßen in der Küche und wir unterhielten uns leise über die Hochzeit und die Flitterwochen. Brody war bei Lafayette im Schlafzimmer, er wich keinen Moment von seiner Seite aus Angst, Lafayette würde sich davonschleichen während er weg war.

Lala wurde immer müder, immer schwächer und als sich der 7. Juli zu Ende neigte, saßen wir alle auf dem Boden im Schlafzimmer. „Now I’ve heard there was a secret chord, that David played, and it pleased the Lord, but you don´t really care for music, do you?”, sang Brody leise und Lafayette lächelte schwach. Jane sang mit Brody weiter und nach und nach stimmten auch Harry, Liam, Zayn und Lily mit ein. Ich konnte nicht. Diese Situation war mir zu vertraut.

Lafayette hob einen Arm und tastete nach uns und jeder von uns berührte ihn an einem Stückchen seines Arms. Brody schluchzte nur mehr vor sich hin und Lafayette strich ihm mit seiner freien Hand über die Wange. „Es ist okay, mein Schatz.“, sagte er leise und Brody schüttelte den Kopf. „Singt weiter.“, bat er dann und nun fand ich meine Stimme. Während meine Hand auf Lalas Unterarm lag, stimmte ich den Song erneut an. Jane und Lily weinten leise vor sich hin und auch Harry liefen Tränen über die Wangen, aber er sang mit mir und Zayn und Liam ebenfalls. Ich schloss meine Augen und machte sie erst wieder auf, als Brody aufschrie.

Noch nie hatte ich jemanden so schreien gehört. Nicht mit so viel Schmerz in der Stimme. Harry drängte sich an mich und weinte. Ich nahm ihn in meine Arme und hielt ihn fest. Jane saß auf Liams Schoss und weinte in sein Shirt und Lily war die erste, die aufstand. „Machs gut, Lala, ich hab dich lieb.“, sagte sie mit tränenerstickter Stimme, küsste den Verstorbenen auf die Wange und verließ das Schlafzimmer. Jane war die Nächste. „Jetzt ist die Welt nicht mehr so bunt. Ich hab dich auch lieb.“, auch sie küsste Lafayette ein letztes Mal und ging.

Liam und Zayn zogen sich auch zurück und nachdem ich mich verabschiedet hatte, folgte ich ihnen. Jane und Lily, Liam und Zayn standen vor dem Haus und rauchten, wobei Lily und Zayn sich eine Zigarette teilten. „Ich brauch das jetzt.“, sagte Lily und würgte damit alle Fragen ab. Und ich verstand sie. „Ich werde den Bestatter und Doc Connery anrufen.“, sagte Liam und wir nickten ihm zu.

Harry:

Ich atmete zittrig einmal tief durch und fragte mich, wie Louis es geschafft hatte, seine eigene Mum sterben zu sehen. Lafayette war kein biologisches Familienmitglied von mir und trotzdem war das hier verdammt krass für mich.

„Ich werde dich immer lieb haben, Lafayette, und jetzt kannst du den ganzen Engeln da oben deinen legendären Hüftschwung beibringen“, sagte ich und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. „Er sieht friedlich aus, oder?“, fragte Brody mich verweint. „Ja, es geht ihm gut“. Ich verließ das Schlafzimmer und sah noch, dass Brody sich zu Lafayette legte und seinen Kopf in dessen Halsbeuge drückte. Es brach mir das Herz.

Ich ging ins Wohnzimmer und rief Matt an. „Ja, Harry?“. „Lafayette ist im Himmel“. „Scheiße, nein“, sagte er – und dann schluchzte er vor sich hin. „Wenn du dich von ihm verabschieden willst …“. „Ja, ich komme sofort“.

Am nächsten Tag zog Brody bei Jane und Liam ein, damit er nicht alleine um Lafayette trauern musste. Es war für uns alle schwer, dass wir ihn verloren hatten, aber wir halfen Brody dabei, sich nicht völlig in seiner Trauer zu verlieren. Außerdem kümmerten wir uns alle abwechselnd um das Glory Hole, um es am Leben zu erhalten. Brody wollte es nicht verkaufen und einen Monat später benannte er es um.

Jetzt hieß es schlicht und einfach „LALAland“.

Dann kam der September.
Louis und ich arbeiteten heute im LALAland und ich kontrollierte alle zwei Minuten mein Telefon, weil es bei Lily jetzt jeden Augenblick soweit sein konnte.

Heute war nicht die Hölle los, also war ich völlig entspannt. Bis plötzlich Brody hereinstürmte. „Ich übernehme hier, ihr müsst sofort ins Krankenhaus fahren, Lilys Fruchtblase ist geplatzt!“, rief er – und mir blieb fast das Herz stehen. „WAS?! Warum hat sie mich nicht angerufen?“. „Sie meinte, dass ich es euch sagen soll, ich muss euch sowieso hier ablösen und ihr seid in zehn Minuten im Krankenhaus“. „Fuck!“. Louis nahm meine Hand in seine – und dann saß ich plötzlich auf dem Beifahrersitz und er fuhr zum Krankenhaus.

Im Wartebereich trafen wir auf meine Mum, Robin, Trisha und Zayns Dad. „Wo ist sie?“. „Seit fünf Minuten im Kreißsaal“, sagte meine Mum, was wieder ein Schock für mich war. „Schon? Verdammt, das ist ja eine richtige Sturzgeburt!“. „Ja, ich bin ganz aufgeregt! Ich werde Oma, obwohl ich gar nicht wie eine aussehe!“.

Stille.

„Ihr hättet mir ruhig Recht geben können!“, rief sie und alle lachten. „Du bist die bestaussehende Oma überhaupt“, sagte Louis und grinste Mum charmant an. „Danke, mein Schatz“. „Sind Liam und Jane noch gar nicht da?“. „Doch, aber Jane fühlt sich nicht so gut, also hat Liam darauf bestanden, dass sie sich untersuchen lässt“. „Auch das noch“, sagte ich und setzte mich hin.

Another WorldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt