Jenny POV
Als ich aufwachte, waren weder Julie noch Seb zu sehen. Stattdessen sah ich den blonden Schopf meines Freundes am Ende des Bettes sitzen und mich beobachten. War er das überhaupt? Mein Freund?
"Was willst du hier?" brachte ich unter Krächzen hervor. Ich hatte Halsschmerzen ohne Ende, sie waren deutlich schlimmer geworden, doch ich setzte mich auf, um mir einen Pulli überzuziehen, was gut möglich war, denn ich hatte viel getrunken und war bald wieder halbwegs fit.
"Mich entschuldigen..."
Er sah traurig aus, als sein Blick von meinem Gesicht auf die Decke wanderte, die über mir lag. Und hätte er nicht vorhin erst vor meinen Augen seine Ex geküsst, hätte ich fast Mitleid mit ihm, denn dieser Blick hätte meinem kleinen Fangirl-Herzen böse zugesetzt, doch jetzt empfand ich nur Wut für ihn.
"Willst du mir etwa sagen, dass es nicht das war, wonach es ausgesehen hat? Das kannst du dir sparen. Ich bin hier eh bald weg, ich warte nur noch auf einen Anruf der Airline und ein Shuttle zum Flughafen."
Jedes Wort schmerzte, psychisch sowie physisch, denn ich hatte jahrelang von nichts anderem geträumt, als Chris Freundin zu sein und hier am Set mit all meinen Vorbildern, doch Chris hatte es zerstört und ich wusste nicht, wie ich ihm jemals wieder vertrauen sollte.
"Jenny bitte... verdammt ich liebe dich! Lass uns wenigstens nochmal drüber reden, lass mich dir meinen Standpunkt erklären, es ist alles ganz anders als du denkst."
"Du hast sie geküsst. Du hast mich verarscht, Christopher." Ich stand auf, um anklagend vor ihn zu stehen. Meine Beine waren immer noch wackelig und unsicher, aber mit dem letzten bisschen Selbstbewusstsein baute ich mich vor ihm auf. "Ich hab dir vertraut, deine Lügen geglaubt, denn Liebe macht doof und blind. Ich hab dir so sehr vertraut, dass ich mit dir sogar mein erstes Mal hatte. Und du nutzt es aus, wirfst es in den Dreck. Ich hab dir meinen Körper anvertraut, meinen wertvollsten Besitz, ich hab dir vertraut, verdammt. Wie kannst du das nur so ausnutzen?"
Ich drehte mich um und wollte Richtung Tür laufen, denn Tränen sammelten sich wieder in meinen Augen, meine Stimme wurde lauter, wie es mir trotz der Heiserkeit möglich war und brach am Ende, doch er hielt mich auf, indem er mich sanft am Arm packte.
"Ich habe dich nie angelogen. Und ich habe dein Vertrauen zu keinem Zeitpunkt ausgenutzt. Ich sage nicht einfach so 'Ich liebe dich' wenn ich es nicht genau so meine. Und ich liebe dich, mehr als alles andere auf dieser Welt. Verdammt ich will mit dir mein Leben verbringen! Weißt du, wie viel es mir bedeutet hat, dass du mir genug vertraut hast, um mit mir dein erstes Mal zu haben? Mit einem Mann, der schon unzählige Frauen vor dir hatte und noch keine davon halten konnte, weil er ein zu guter Typ ist? In keinem Szenario würde ich das einfach wegwerfen, weil ich kein Trophäensammler bin."
Er drehte mich um, damit ich ihm in die Augen schauen musste und Tränen rannen mir aus den Augenwinkeln.
"Ich weiß doch was ich gesehen habe, willst du es etwa doch leugnen?"
Wütend schnaubte ich und wollte ihn von mir wegstoßen, doch ich brachte nicht die Kraft dafür auf, zumal ich nicht die geringste Chance gegen ihn gehabt hätte, selbst wenn ich es gewollt hätte. Er war deutlich stärker als ich.
"Es mag sich dumm anhören, aber ich wollte nicht mit ihr reden. Ich hab sie weggeschickt, doch sie ist einfach reingegangen. Ihr passt es nicht, dass ich sie damals abserviert habe und sie will mich mit aller Gewalt zurück. Aber ich liebe sie nicht mehr, schon lang nicht mehr. Es gibt nur eine einzige Frau, die ich liebe, und das bist du. Ich liebe nur dich und ich würde dich auf keinen Fall gegen sie tauschen. Weil du etwas hast, was sie nicht hat, was sie nie besessen hat. Du hast mein Herz, du hattest es von Anfang an, als ich dir das erste mal in die Augen geschaut habe, in deine verwirrten Augen, als ich euch die Tür geöffnet habe, deinen Blick, als du mich gesehen hast. Ich hab mich sofort in dein Lachen verliebt, in deine Art. Ich hab mich in dich verliebt, weil ich sofort gemerkt habe, wie ähnlich du mir bist. Und ich lerne jeden Tag so viel neue Sachen an dir kennen, die dich noch attraktiver machen, und ich weiß, dass ich noch lang noch nicht alles über dich weiß. Aber ich will es rausfinden, und ich will nicht, dass sie zwischen uns steht. Ich weiß, wie sie tickt, und ich weiß, dass sie alles versuchen wird, um uns auseinander zu bringen. Aber ich weiß, dass ich danach keine Frau mehr so lieben kann, wie ich dich liebe." Er ließ meinen Arm los und ging zwei Schritte zurück. "Ich werde dich nicht zwingen zu bleiben und ich werde dich nicht dazu zwingen, mich danach noch zu lieben, weil ich verstehe, dass du verletzt bist. Es steht dir frei, ob du gehst oder nicht. Ich werde deine Entscheidung respektieren, egal, wie sie ausfällt, auch wenn ich hoffe, dass du dich für mich entscheidest, für mich, unsere Liebe, unsere Zweisamkeit, weil wir ein ideales Team sind. Falls du dich gegen mich entscheidest, werde ich dir und Julie natürlich den Rückflug bezahlen, denn sie wird mit dir wieder zurück gehen."
Ich versuchte, das eben gehörte zu verarbeiten. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte, aber meine Zahnräder liefen auf Hochtouren und liefen Gefahr, Feuer zu fangen. Ich sah zu, wie er sein Gesicht in seinen Händen vergrub, sein hübsches Gesicht, in welches ich mich in so jungen Jahren schon verliebt hatte und welches mich jeden Morgen begrüßt hatte, seit ich hier mit ihm in Amerika war.
Wollte ich das alles wegwerfen? Alles, wovon ich so oft geträumt habe? Wollte ich es wirklich einfach so hergeben?
Wie von selbst bewegten sich meine Beine auf ihn zu und schoben sanft seine Hände von seinem Gesicht weg. Meine Stimme war belegt, als ich anfing zu reden, belegt von den Tränen, die aus meinen Augen liefen und belegt von der Heiserkeit, die sich aus meinem Ausflug in das kalte Nass noch widerspiegelte.
"Chris, ich liebe dich." Die nächste Träne rollte über meine Wange. "Und ich will weder hier weg, noch dich verlieren, weil das alles ist, was ich jemals wollte. Aber ich will mir sicher sein, dass du mich nicht verarschst. Denn das wurde ich in den letzten Jahren viel zu oft." Eine weitere Träne rollte über meine Wange. "Alles was ich will, ist Sicherheit. Sicherheit, die ich die letzten Jahre nicht hatte. Ich will mir einmal sicher sein, dass ich nicht verarscht oder ausgenutzt werde. Ich will mir einmal sicher sein, dass nicht jedes Wort, das zu mir gesagt wird, nur eine einzige Lüge ist. Und ich will mir sicher sein, dass ich nicht wieder nach einigen Wochen oder sogar Monaten wieder vergessen werde, wie es bisher jeder getan hat."
Meine Stimme war am Ende meines Satz nicht mehr als ein Flüstern, meine Stimme hasste mich heute wirklich und ich hoffte, dass sich das nicht zu einer Erkältung entwickeln würde.
"Hör auf zu reden, deine Stimme..."
Er versuchte mich am weiterreden zu hindern, doch ich musste es loswerden, ich musste loswerden, was mir auf der Seele lag, denn davon hing ab, ob ich hier bleiben und meinen Traum leben konnte oder ob ich zurück in mein erbärmliches, einsames Leben zurückkehren würde, über welches ich so froh gewesen war, dass ich es hinter mir hatte lassen können. Ich wollte nicht zurück, ich wollte bei ihm bleiben, für immer. Das war mir in so jungen Jahren schon klar.
"Ich liebe dich. Ich liebe dich schon so lange. Und ich will das nicht alles wegwerfen. Ich will auf keinen Fall gehen. Aber ich will auch nicht, dass der Fakt, dass ich dich date, einen berühmten Schauspieler, rechtfertigt, jedes rote Tuch ohne weiteres durchgehen zu lassen, das ist nicht das Leben, welches ich führen möchte. Du musst mir versprechen, dass du das nicht als Ausrede benutzt. Ich will bei dir bleiben, ich will nicht gehen."
Sanft wischte er über mein Gesicht, um die Tränen wegzuwischen, bevor seine Hand an meiner Wange verharrte und mich musterte, sanft und mit weichem Blick, er lächelte nicht, aber er sah erleichtert aus, dass ich blieb.
"Dann tu es nicht. Ich würde alles tun, dass du bei mir bleibst und ich möchte dich nicht verlieren, du bist einfach die Frau, die an meine Seite gehört."
Ich schaute ihm in die Augen, bevor ich seinem Blick unsicher auswich, denn seine blauen Augen schienen den direkten Weg in meine Seele gefunden zu haben.
"Kann ich dir vertrauen?"
Er hob mein Gesicht mit dem Zeigefinger an, damit ich ihm wieder in seine schönen blauen Augen sah, die eine Mischung aus Schmerz und Liebe ausstrahlen, trotz allem Geborgenheit, die ich sonst noch bei keinem anderen Menschen gefunden hatte.
"Ich verspreche dir, dass so etwas nicht mehr vorkommen wird. Ich will, dass du mir vertrauen kannst, egal, was passiert."
Sanft zog er mich an sich und legte seine Lippen zuerst kurz an meine Stirn, bevor er meine Lippen küsste und zum ersten Mal fühlte ich mich wirklich sicher, sicher, dass er mich nicht ausnutzen würde.
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Love Is All You Need
FanfictionJenny und Julia, zwei beste Freunde, zwei Körper, eine Seele wurden von Julias besten Kumpel, Lorenz, nach Stuttgart eingeladen, er hätte eine riesen Überraschung für die Beiden. Doch als Julia und Jenny in Stuttgart, Zuhause bei Lorenz, ankommen u...