POV Jenny
14 Stunden später schloss Chris mich in seine Arme und es schien, als wolle er mich gar nicht mehr loslassen. Er sah zwar wirklich fertig aus von der langen Autofahrt und der Fakt, dass es dunkel und schon bald 23 Uhr war, machte es nicht besser. Einige Minuten später ließ er mich dann doch endlich los und lächelte mich an.
"Ich bin froh, dass es dir etwas besser geht, Süße."
Er setzte sich an den Stuhl nahe beim Ofen, auf dem ich sonst immer saß und wärmte sich etwas auf. Ich schenkte ihm eine heiße Tasse Tee ein, bevor ich auch mir eine einschenkte und den zweiten Stuhl ebenfalls nahe an den Ofen schob, um gegenüber von ihm zu sitzen. Er musterte mich und sein Blick blieb schlussendlich erst an meinen Lippen hängen, bevor sein Blick meinen traf.
"Ich gebe mein Bestes. Die Zeit hier tut mir wirklich gut und ich hatte auch schon mit dem Gedanken gespielt, mich einfach nirgends mehr zu melden und einfach zu verschwinden, aber ich habe jemand gebraucht, der neutral auf diese ganze Sache blickt. Julia und Sebastian sind da... zu nah dran."
Ich schluckte. Das Ganze war immer noch wie ein offener Bruch, es tat einfach unglaublich weh, nur diese Namen auszusprechen. Es tat weh daran zu denken und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich darüber hinweg wäre. Es war noch nicht einmal ein bisschen einfacher als vor 3 Wochen, aber ich bekam es hin, nicht mehr ständig in Tränen auszubrechen.
"Ich verstehe es total, deswegen habe ich es auch nicht hinterfragt, dass du nicht möchtest, dass die beiden wissen, wo du bist."
Wir redeten noch eine Weile, bevor er sein Gepäck aus dem Auto holte und sich seine Schlafklamotten überzog, während ich dasselbe im Bad tat und meine Zähne putzte. Als ich fertig war, sah ich ihn mit verwirrtem Blick vor dem Bett stehen.
"Es gibt leider nur ein Bett, ich hoffe, dass das in Ordnung ist. Ich bleibe auch auf meiner Seite, versprochen." meinte ich und wies auf die Seite des Bettes, die näher zum Fenster war.
"Wenn es für dich kein Problem ist, ist es für mich auch keines." antwortete er grinsend und legte sich auf die andere Seite des Bettes, bevor ich das große Licht ausschaltete und mir meinen Weg ins Bett suchte.
"Danke, dass du hier bist." murmelte ich noch, bevor ich seufzend einschlief.
Die Woche verging schnell, schneller als mir lieb war, denn zurück nach New York zu gehen bedeutete, mich mit allem konfrontieren zu müssen, was diese Trennung mit sich brachte. Presse, Auszug, das Finden einer neuen Wohnung, wobei mir Lorenz schon eine einfache Studiowohnung gefunden hatte, die ich mieten konnte. Sie war voll möbliert und würde einzugsfertig sein, bis ich wieder zurück kam. Sie lag nahe an Prospect Park in Brooklyn und beinhaltete sogar eine kleine Garage, was in New York wirklich unüblich war. Es würde vorerst reichen.
Chris wuchs mir schnell ans Herz und es fiel mir leicht, mich ihm anzuvertrauen. Er machte diese Zeit ein wenig einfacher und half mir, darüber zu reden, über all die Enttäuschungen, die ich erlebt hatte und meine geplatzten Träume. Es war einfach etwas einfacher, auch wenn es immer noch weh tat. So war er auch für mich da, als ich nachts Panikattacken bekam, weil mich alles überrannte und hielt mich nahe bei sich, damit ich mich beruhigen konnte. Er war wirklich ein guter Freund.
Es war unser letzter Tag an Lake Torch und ich vermisste die Aussicht und den Schnee jetzt schon, sowie die kleine Hütte, in der ich nun knapp einen Monat verbracht hatte. Ich rannte gerade die letzten Meter die versteckte Auffahrt zur Cabin nach einer letzten Runde nach Lake Maplehurst und zurück, die ich nun locker in 2 Stunden und 15 Minuten laufen konnte. Chris wollte zwar mit, war auf den ersten 2 Meilen aber umgedreht, weil er nicht mit mir mitgehalten hatte, obwohl ich extra langsamer gejoggt war und so kam ich dem Geruch von einem frisch gekochten Abendessen entgegen. Noch kurz verweilte ich draußen und versuchte, meinen Atem wiederzubekommen, denn ich hatte mich wirklich gepusht auf dieser letzten Runde, doch schließlich trat ich in die Wärme und sah Chris an dem kleinen Herd stehen und in einem Topf rumrühren.
"Hey, du bist zurück! Das Essen dauert noch kurz." begrüßte er mich, bevor er mich in seine Arme zog.
"Hey, ich bin komplett verschwitzt!" protestierte ich, doch vergebens. "Ich gehe gleich noch duschen, reicht mir das, bis das Essen fertig ist?"
Chris nickte, als er mich aus seinen Armen entließ und grinste breit. Ich schnappte mir also frische Klamotten und verschwand ins Bad, wo ich erstmal meine Klamotten auszog und in die Tüte schmiss, die für die dreckige Wäsche war. Ich hatte zwar oft den lokalen Laundromat besucht, um meine Klamotten zu waschen, aber hatte entschieden, dass sich das nicht mehr lohnte in dieser letzten Woche und die Zeit anders verbracht.
Als das warme Wasser auf mich prasselte, seufzte ich tief und fast schon entspannt. Sport befreite mich in Arten, wie es niemand sonst konnte. Ich fühlte mich immer noch gebrochen, aber vielleicht konnte ich jetzt mit heilen anfangen und eine eigene Wohnung war ein guter Start hierfür. Ich musste unabhängig werden, lernen, ohne jemanden auszukommen, denn wenn es drauf ankam, hatte ich am Ende nur mich selbst.
20 Minuten später packte ich den Föhn wieder an seinen Platz und trat frisch geduscht vor die Türe, nachdem ich das kleine Fenster im Bad geöffnet hatte, damit die feuchtwarme Luft aus dem Bad verschwinden konnte. Lang konnten wir es nicht offen lassen, sonst würde die warme Luft aus der Hütte entweichen, doch 5 Minuten waren gut möglich.
Chris hatte das Essen schon serviert und eine Kerze auf dem Tisch angezündet und grinste mich nun breit an, als er mich dort stehen sah. Und ich grinste zurück.
"Mademoiselle, darf ich bitten?" fragte er mich nun in einem lustigen französischen Akzent und schob mir den Stuhl zurecht, auf den ich mich breit grinsend niederließ. Dann setzte er sich auf die andere Seite und schaute mich erwartungsvoll an. "Lass es dir schmecken. Spaghetti Bolognese, wie ich es von einem echten Italiener gelernt habe. Nur mit den besten, lokalen Zutaten, nur das Beste für dich. Bon Appetit!"
Der erste Biss war eine Geschmacksexplosion sondergleichen, es schmeckte so gut, dass ich kurz meine Augen schloss und tief seufzte. Es schmeckte wie Heimat, wie das Essen bei Oma früher. Als ich meine Augen wieder öffnete, schaute mich Chris wirklich glücklich an und sein Blick wirkte super sanft, während er mich einfach genießen ließ, was er gezaubert hatte und genoss den Rotwein dazu, den er serviert hatte.
Nach dem Essen füllten wir die kleine Spülmaschine und schalteten sie an, bevor mein Blick nach draußen in die Dunkelheit glitt. Ich hatte diesen Ort wirklich sehr ins Herz geschlossen und es war eine gute Möglichkeit gewesen, der Realität zu entfliehen. Wer wusste es schon, vielleicht war ich schneller wieder hier, als man es annehmen konnte? Das Schlimmste an der Trennung war, dass bald Weihnachten vor der Tür stand und es mein erstes Weihnachten komplett allein werden würde. Der Dezember fing bald an und ich hatte hier niemanden mehr. Natürlich hatte ich Julia, aber sie war bei Seb und ich wollte nichts mit Seb zu tun haben. Ich meinte es nicht böse, dass ich sie aus meinem Leben ausschloss, aber ich kam damit gerade nicht klar und wollte mir nicht noch mehr Schmerz bereiten, als ich sowieso schon hatte. Julie stand zu nah dran. Alle standen zu nah dran.
"Worüber denkst du nach?" fragte Chris und trat hinter mich, bevor er seine Arme um mich legte und ich mich in diese kuschelte.
Nur er stand nicht zu nah dran. Er war neutral gewesen, diese ganze Zeit, wie die Schweiz. Ich fühlte mich wohl bei ihm, doch konnte ich so schnell loslassen und mich hingeben? Oder war es die Angst davor, allein zu sein? Der Schmerz hing tief in mir und ich wusste nicht, ob ich die nächste Romanze noch einmal überstehen würde.
"Über die Zukunft, die kommende Zeit. Bald bin ich wieder in New York und zurück in dieser alten Welt, die zerbrochen ist, als ich sie verlassen hatte. Ich weiß nicht, wie ich damit klarkommen soll." antwortete ich wahrheitsgemäß. Es war so einfach, ihm die Wahrheit zu sagen. "Und dann steht auch noch Weihnachten bald vor der Tür und ich habe niemanden mehr. Dodger ist Chris Hund, auch wenn es sich immer ein Stück weit angefühlt hat, als wäre er auch meiner. Julia ist mit Sebastian zusammen und den will ich nun wirklich nicht sehen. Ich bin allein an dem Fest der Liebe und des Beisammenseins."
Chris drehte mich um und schob meinen Kopf nach oben, damit ich ihm in die Augen sah. Er war etwas größer als Evans, aber es machte sich kaum bemerkbar. Es waren auch nur wenige Zentimeter, vielleicht 5, nicht mehr.
"Du hast mich. Wir können Weihnachten zusammen verbringen, wenn du magst, mein Sohn ist bei meiner Ex-Frau. Du wirst immer mich haben, das verspreche ich dir."
Und ich wusste nicht, wie mir geschah, aber ein paar Sekunden später, ich hatte meine Augen schon geschlossen, lagen seine Lippen sanft wie ein Schmetterling, auf meinen und seine rechte Hand auf meiner Wange, seine linke auf meiner Hüfte und zog mich fest an sich.
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Love Is All You Need
Fiksi PenggemarJenny und Julia, zwei beste Freunde, zwei Körper, eine Seele wurden von Julias besten Kumpel, Lorenz, nach Stuttgart eingeladen, er hätte eine riesen Überraschung für die Beiden. Doch als Julia und Jenny in Stuttgart, Zuhause bei Lorenz, ankommen u...