Verregneter Abend

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Julia POV

Verzweifelt versuchte ich Jenny zu erreichen, doch selbst nachdem ich meine Handyrechnung in den dreistelligen Bereich jagte, bekam ich sie einfach nicht ans Telefon. Klingeln brachte auch nichts, sie war ausgeschaltet, vermutete ich, denn ich konnte das Läuten von außen nicht hören. Ebenso wie ihr Handy und Chris' Nummer hatte ich noch nicht. Wieder biss ich mir in den Allerwertesten, nicht daran gedacht zu haben und in diesem Moment wurde mir bewusst, dass mir nur eines blieb. Auf zu Sebastian. Widerwillig sah ich Dodger an, als ich die Straße runter zu dem großen Haus lief, nur ein paar Häuser weiter von Chris' Haus, und dieser hob seinen Kopf, rollte seine Teddybär Augen und japste. Er konnte Sebastian's Freundin wohl auch nicht leiden - oder Sebastian generell, wusste ich ja nicht und war mir eigentlich nicht egal.

„Mir gefällt das genauso wenig. Ich hätte den Schlüssel mitnehmen sollen oder wenigstens nach Chris' Nummer fragen. Jetzt hab ich den Salat." seufzte ich und steuerte weiter das große Haus des dunkelhaarigen Schauspielers an, welches, je näher ich kam, immer größer zu werden schien und auch das gefiel mir ganz und gar nicht, denn es schnürte mir die Luft in der Brust weg und ich musste mich beherrschen, um nicht hier und jetzt eine Panikattacke zu bekommen. Nachdem, dass Seb und ich in die Kiste gestiegen waren, musste ich mich in Zaum halten, weil ich wusste, dass seine Freundin bei ihm sein würde, und das machte die ganze Situation noch schlimmer. Das würde nicht wie in Deutschland werden - im Gegenteil, es würde einfach nur unangenehm komisch sein. Und keine 5 Minuten später klingelte ich an der Tür des Schauspielers, die mir von einer dunkelblonden Frau geöffnet wurde. Margarita Levieva, Sebastians wirklich schöne Freundin.

„Kann ich Ihnen helfen?" fragte sie und ich lächelte gezwungen, nachdem ich kaum merklich meinen Schmerz herunter zu schlucken versuchte.

„Ist Sebastian da? Ich... hab da mal ne Frage..."

Und als wäre das nicht peinlich genug, fing es auch noch an zu regnen und dicke Gewitterwolken bedeckten den Sternenhimmel. Und um noch eins oben drauf zu setzen, war es ein Platzregen und Pfützen sammelten sich binnen Sekunden auf der Straße, während ich weiterhin wie ein bedröppelter Hund vor der blonden Frau stand.

„Was wollen Sie von meinem Freund?" spitzte sie mir entgegen und Dodger jaulte auf, als es einmal laut donnerte, den Blitz hatte ich noch nicht einmal wahrgenommen, wie alles, was hier gerade geschah und ich wollte schon umdrehen und es einfach gut sein lassen, doch der Teufel hatte einen anderen Plan für mich.

„Julia?"

Sebastian trat hinter ihr hervor, in Boxershorts, zerzauster Mähne und bebende Brust und unwillkürlich erinnerte ich mich daran, wie ich vor einigen Tagen erst auf dieser Brust eingeschlafen war. Und erst jetzt erkannte ich, wie diese Frau mir die Tür geöffnet hatte: Dunkles, fast durchsichtiges Spitzenkleid aus Seide und einem Bademantel. Und dann, plötzlich, setzte sich alles zusammen. Sie fast nackt, er schwitzig, beide hatten sie feuchtes Haar, und er nur in Boxershorts. Ich hatte sie beim Sex erwischt - oder besser gesagt gestört.

Ein böser, stechender Schmerz machte sich in meinem Magen breit als mir klar wurde, dass Seb und ich wirklich nur eine einmalige Sache gewesen waren und ich lächelte gequält und klatschnass, weil ich nicht unter dem Vordach stand.

„Was machst du hier?" fragte er und strich das Haar der Frau, seiner wunderschönen Freundin, hinter ihr Ohr über ihre Schulter.

„Ich kann Jenny nicht erreichen und hab die Nummer von Chris nicht und auch keinen Schlüssel. Kannst du ihn bitte mal anrufen? Ich würde gerne nach Hause gehen, aber er hat Klingel und sie ihr Handy aus und ich weiß nicht, wie ich sie sonst erreichen soll. Da ist er, sein Auto steht in der Einfahrt." antwortete ich so monoton wie nur irgendwie möglich, doch die Aufgebrachtheit setzte sich dann doch in mir durch und meine Stimme brach am Ende ein wenig.

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