Vernichte mich

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Kapitel 57: Vernichte mich


>> Guten Morgen. << Begrüße ich meine Familie und Simon, stelle meine Handtasche neben dem leeren Stuhl ab, der sich überraschender Weise genau neben Simo befindet.

>> Guten Morgen Schätzchen. << Begrüßt mich mein Vater, der meinen Blick meidet, stattdessen lieber weiter seine Speisekarte studiert.

>> Aubrey, wieso bist du so spät dran? << Augenverdrehend nehme ich mir die übriggebliebene Speisekarte von Tischmitte.

>> Ich war zum Lernen verabredet. << Nicht gelogen, nur die halbe Wahrheit. Noah hat gelernt, während ich in der Wiese lag, die noch angenehme Morgensonne genießend nebendran. Nach unserer Unterhaltung habe ich ihn jedoch nicht mehr viel Lernen lassen. Erst als mein Wecker mich von ihm Wegzucken ließ, sah ich ein, dass es wohl an der Zeit wäre endlich zu gehen. Auf dem Weg zu Noahs Auto- der sich bereitstellte mich zu dem Cafe zu fahren an dem ich meine Eltern treffen wollte- ließ meine Selbstbeherrschung jedoch immer wieder nach und ich konnte mich einfach nicht von seinen Lippen trennen. Jedes Mal wenn ich ihn ansah, waren sie einfach zu verlockend.

>> Wer war denn der Glückliche? << Am liebsten würde ich laut aufstöhnen, um Simon zu demonstrieren, wie sehr er mich mit seiner Anwesenheit stört. Auch wenn es gar nicht seine Absicht sein mag, meine Nerven bis ans Ende zu strapazieren, erreicht er es doch jedes Mal aufs Neue.

>> Mein Freund. << Gebe ich von mir, kann mir vermutlich nicht mal erahnen welche Folgen diese Aussage haben wird, und ob ich denn jetzt wirklich Noahs feste Freundin bin. Jedoch ließ er mir jetzt nach unserem Gespräch doch viel Interpretationsraum für unseren Beziehungsstatus, weshalb ich jetzt einfach entscheide, dass wir eine feste Beziehung führen.

Es glaubt doch sowieso jeder, der Noah oder mich kennt, wir wären in einer Beziehung.

Wer dieses Gerücht in die Welt gesetzt hat, werde ich wohl auch noch herausfinden müssen. Oder auch nicht, schließlich entspricht es jetzt der Wahrheit.

Herablassend schnellt die Zunge meiner Mum hervor, wobei ein kurzes Ploppen die eisige Stille zwischen uns durchbricht. Dad hat die Speisekarte vor sich abgelegt, sieht mich mit weiten Augen an.

Auch Simons Blick spüre ich von der Seite, kann sogar sein Gesicht im Augenwinkel erahnen.

>> Ist es dieser nackte Hooligan, mit den ganzen Tattoos, den du gezeichnet hast? <<

>> Mum! << Entfährt es mir, kann gar nicht über die Tatsache schockiert sein, das meine Eltern Noahs Portrait gesehen haben, denn ihre Worte über Noah schocken mich viel mehr.

Wie kann sie nur so herablassend sein, obwohl sie Noah nicht kennt? Ihn niemals in ihrem Leben vor Gesicht hatte. Nicht einmal die Chance hatte, ihn kennenzulernen.

>> Jetzt tu nicht so entsetzt Aubrey. << Zischt sie mit gesenkter Stimme, obwohl wir eine der einzigen hier Draußen sind.

>> Cecil. << Mischt sich Dad ein, wird jedoch schroff von ihr Unterbrochen.

>> Meine Tochter wird sich nicht mit solchen Punkers abgeben. Was kommt als nächstes Aubrey? Willst du dich selbst Tätowieren lassen? Und als nächstes kommst du ins Gefängnis, weil du dich zu sehr von diesen Menschen beeinflussen lässt. Ich hatte schon bei deiner kleinen Freundin bei der Gala das Gefühl, das du dich viel zu sehr beeinflussen lässt. <<

>> Cecil. << Unterbricht sie mein Vater erneut, doch sie fährt unbeirrt fort.

>> Du bist eine Enttäuschung Aubrey. << Spukt sie aus, ihre Augen sind wild, meine verletzt. Ein dicker Klos bildet sich in meinem Hals, den ich vergeblich versuche zu schlucken, jedoch erfüllt es mich mit nur noch mehr schmerz.

>> Cecil es reicht! << Mein Vater ballt seine Hände zu Fäusten, während er meine Mutter wütend anknurrt, die jedoch nur mich anblickt.

>> Wegen dir sind wir ruiniert. << Sind ihre letzten Worte, bevor sie sich erhebt und ohne uns erbliebenden am Tisch eines Blickes würdigt.

>> So Amüsant das im Moment auch war, werde ich jetzt wohl Cecil folgen. << Und somit verschwindet auch Simon, obwohl es mir bei ihm weitaus egaler ist.

Mit aller Kraft versuche ich zu verhindern, jeden Moment in Tränen auszubrechen.

Meine Mutter hat mich schon oft ausgeschimpft. Zu oft, um eine genaue Zahl zu nennen, jedoch hat sie mich nie als eine Enttäuschung bezeichnet, geschweige denn, mir die Schuld für irgendetwas gegen. Wieso sind wir ruiniert? Und wieso bin ich daran schuld.

Am Anfang meiner College Zeit wollte ich nur meine Eltern zufriedenstellen. Nichts weiter. Ich habe es hier nicht gemocht. Ich wollte nach Hause zurück.

Was ist daraus passiert? Wie konnte ich nur alles vermasseln?

>> Aubrey, deine Mutter meint es nicht so. << Unterbricht Dad die Stille, schiebt seine Hand über den Tisch, nimmt meine zitternde in seine warme ein.

>> Wieso sagt sie sowas Dad? << Frage ich ihn, meine Stimme am zittern, was ich jedoch auch nicht versuche zu vertuschen. Er soll hören wie sehr mich die verletzenden Worte meiner Mutter getroffen haben. Dass ich kein Stein bin, dem man solche Worte an den Kopf werfen kann, und diese dann abprallen, als wären sie nichts.

Er soll sehen, dass seine Tochter verletzt ist.

>> Deine Mutter und ich, wir haben seit dem letzten Jahr sehr gravierende Finanzielle Probleme. << Ein schluchzten entkommt meiner Kehle, ich mit meinem Handrücken wische ich mir die Tränen fort, bevor ich meine Hand zurück in seine lege.

Mit einem leichten Knicken gebe ich ihm zu verstehen, weiter zu reden.

>> Pfarrer Nielsons Frau hat deiner Mutter ein Angebot gemacht. Simon muss heiraten, bevor er Vierundzwanzig wird, damit er auf das Erbe seiner Großeltern zugreifen kann. Die Nielsons haben von unseren Problemen im Verlag gehört und uns angeboten, uns aus diesem Tief zu holen, wenn du Simon im diesen Jahr heiratest. << Bei dem letzten Wort zucke ich zurück, ziehe meine Hände aus seinen, die er verzweifelt nach mir ausstreckt. Entsetzt sehe ich den Mann vor mir an, kann nicht glauben, was er mir da gerade gebeichtet hat.

>> Aubrey. << Wieder versucht er nach mir zu greifen, jedoch weiche ich zurück, will nicht von ihm berührt werden.

>> Ihr wollt mich verkaufen? << Entsetzten liegt in meiner Stimme, Unglauben steht mir im Gesicht geschrieben. Meine eigenen Eltern. Die mich Großgezogen haben. Mir beigebracht haben, das jedes Leben auf dieser Welt kostbar ist.

Ich dachte ich dachte ich hätte mich verändert. Wäre schlecht geworden. Doch nein, nicht ich bin es, die ihre Werte beiseitegelegt hat    

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