Kapitel 5

2.2K 66 5
                                    

[ELENA]

Die Woche verging ereignislos, ich begann ein neues Buchprojekt und traf mich mit Chloe. Samu hatte ich nicht wieder gesehen, aber genau genommen war es mir sogar recht egal. Er schrieb mir die Konzertuhrzeiten und so verging die Zeit rasend, bis zum Tag des Konzertes.

Ich lies meine brauen Haare offen und trug eine dunkle Jeans, eine Bluse und meine Chucks. Chloe hatte mir zwar in den Ohren gelegen mit dem Vorschlag, ein Kleid anzuziehen, doch denen konnte ich irgendwie nichts abgewinnen. Da klingelte es auch schon an der Tür und ich öffnete. Samu stand davor und lächelte. "Bereit für dein erstes Konzert?", fragte er. Ich grinste und nickte. "Klar, wurde ja auch langsam mal Zeit" Wir stiegen in seinen BMW und ich staunte nicht schlecht über den teuren Schlitten. Der Motor sprang an und er lenkte seinen Wagen geschickt durch Berlin, bis er an einer Ampel anhielt. Da ertönten die Klänge von eines meiner Lieblingslieder und Samu streckte seine Hand aus, um es wegzuschalten. Ich stieß seine Hand etwas zurück und sah ihn vorwurfsvoll an. "Anlassen, ich mag das Lied!", sagte ich und grinste über sein verdattertes Gesicht. Ich kannte weder den Titel, noch den Sänger oder die Band, doch darum ging es mir beim Musik hören auch gar nicht. Leise summte ich mit.

》I know you wanna see me falling out, falling out the window
I know you wanna see me crashing down, crashing with my plane
Baby I'm way too young to die
But I'll help you get over me《

Sang der Sänger. Samu sah mich amüsiert an. "Von wem ist das denn?", fragte er dann interessiert und ich zuckte die Schultern. "Keine Ahnung. Ist mir eigentlich auch egal", antwortete ich bloß. Samu grinste weiter vor sich hin und ich hatte keinen blassen Schimmer wieso. Als das Lied zuende war, ertönte die Stimme des Radiotypen. "Und das war I help you hate me von Sunrise Avenue!", verkündete er und da machte es klick. Die Röte schoss mir ins Gesicht. "Ups", nuschelte ich und Samu lachte leise. Doch schon bald kamen wir an unserem Ziel an und Samu hielt mir ganz wie der Gentleman die Tür auf. "Danke", sagte ich und sah mich neugierig um. Zu meiner Überraschung sah ich einige Fans im Schlafsack mit Thermoskannen in der Hand vor dem Eingang sitzen. "Haben die hier-", wollte ich gerade fragen, doch Samu zog mich schnell weiter und verschwand in einer Hintertür. "Die sollten uns besser nicht sehen", erklärte er mir knapp. "Und ja, sie haben hier übernachtet, um möglichst weit vorne zu stehen", fügte er dann hinzu. Verblüfft darüber nickte ich, immerhin war es bereits Herbst und eindeutig nicht das Wetter, um draußen zu schlafen. "Ich zeige dir erstmal alles", sagte er und lächelte kurz.
Der Backstage Bereich kam mir vor wie ein Labyrinth und ich konnte mir gerade so den Weg zu den Toiletten einprägen. "Dann nutzen wir doch die Chance und du lernst gleich mal die Jungs und einige andere Leute kennen" Ich nickte und schon öffnete Samu eine Tür. Tatsächlich kam uns ein Mann entgegen, der Samu mit einem lauten erfreuten "Moi Samu!", begrüßte. Er musste wohl Finnisch gesprochen haben, doch ich konnte mir denken, dass er Samu begrüßt hatte. Dann fiel der Blick des braunhaarigen Mannes auf mich. "Moi, I'm Riku!", stellte er sich mit einem Finnisch-Englisch Mix vor. Ich schüttelte seine Hand und nannte kurz meinen Namen, ehe Riku Samu kurz auf die Schulter klopfte, etwas auf Finnisch sagte und verschwand. Nur wenig später lernte ich dann Sami, den Schlagzeuger, Raul, den Bassisten und Osmo, den Keyborder bei Bedarf, kennen. Samu führte mich weiter durch die wirren Gänge, bis er mir verheißungsvoll zugrinste und schwungvoll eine schwer aussehende Tür öffnete. Eine große Bühne kam zum Vorschein und neugierig ging ich mich interessiert umsehend hinüber. "Hier tretet ihr also auf. Krass! Und der Zuschauerbereich ist echt groß... Das soll ein Clubkonzert sein!? Dann will ich mir ja die Arenen gar nicht vorstellen", sagte ich fassungslos und Samu lachte. "Tja, wir haben wenigstens genug Fans um solche Arenen zu füllen", erwiderte er. Ich verdrehte daraufhin lachend die Augen und boxte ihm leicht in den Arm. "Angeber" Dann wurden die Jungs zusammengetrommelt, denn der Sound Check begann. Die Gitarren wurden gestimmt, alle Instrumente getestet, die Lichter und Scheinwerfer in verschiedensten Variationen angemacht und natürlich wurden auch die Mikros und Lautsprecher getestet. Die Band spielte ein Lied als Probedurchgang und jemand rief irgendwelche Befehle, dann waren sie fertig.

"In zehn Minuten ist Einlass, willst du im Zuschauerraum bleiben oder im Backstagebereich?", fragte Samu mich dann. Ich überlegt kurz. "Ich schaue genauso zu wie die anderen Zuschauer. Soll ja wie ein richtiges Konzert sein", entschied ich mich dann, was er nickend quittierte. Nervös ging ich dann in den noch wie leergefegten Zuschauerbereich und stellte mich an das Geländer in der ersten Reihe. Samu lächelte mir noch einmal zu, ehe er verschwand. Mit einem Mal war ich praktisch allein in dieser Halle, von den Sicherheitsleuten und so natürlich abgesehen. Ich sah nach vorne zur Bühne, dann hörte ich Stimmen und schon strömten die ersten Zuschauer herein. Die Ersten ergatterten sich natürlich die Plätze neben mir in der ersten Reihe und unterhielten sich sofort aufgeregt über das Konzert. Ich sah einfach dem Treiben zu und regte mich nicht weiter. Irgendeine Frau versuchte mich energisch zur Seite zu stoßen. "He, was soll das?", fragte ich leicht verärgert, da ich ihren Ellbogen in die Seite bekommen hatte. Sie sah mich abfällig aus braunen Augen an und rümpfte die Nase. "Ich bin schon lange Sunriser und habe Ewigkeiten in der Schlange gestanden, da will ich jetzt auch weit vorne stehen", sagte sie kühl. "Ich verstehe Sie ja, aber ich war nunmal zuerst hier und dann müssen Sie eben aus der zweiten Reie zusehen", beschwichtigte ich die Frau. Diese brummte unwillig und versuchte dann anderen Gästen den Platz zu klauen, weswegen ich die Augen verdrehte. Mit der Zeit wurde es immer voller und ich lehnte mich an das Geländer. Irgendwann wurde es dunkel im Raum und nur noch die Bühne wurde beleuchtet, dann betrat die Band die Bühne und schlagartig jubelte, kreischte und schrie das Publikum. Ich hätte mir beinahe die Ohren zugehalten, doch ich lies es lieber und sah zu den Jungs, die die Bühne betraten und zu den Instrumenten, beziehungsweise dem Mikrofon gingen. Samu grinste in die Menge und begann dann locker mit dem Publikum zu sprechen. Ich bewunderte ihn für seine Gelassenheit, ich wäre vermutlich vor Aufregung gestorben, doch meine innere Stimme erinnerte mich dann an seine Erfahrung und Professionalität, für ihn war so ein Auftritt ja praktisch Alltag. Glaubte ich zumindest. Neugierig sah ich in die Menge, in allen Altersklassen waren Menschen da und bejubelten nun die Band. Dann begannen sie auch schon mit dem ersten Lied und ich lauschte diesem gebannt. Für mich war das ja praktisch Premiere. Das Publikum sang laut mit und Handydisplays leuchteten, denn die Menge wollte möglichst viele Erinnerungen bewahren. Nach dem Lied gab es großen Applaus und noch mehr Jubel. Samu entdeckte mich dann und lächelte mir kurz zu, ehe er das nächste Lied anmoderierte und dann verschwand er plötzlich aus dem Scheinwerferlicht. Die Band begann bereits zu spielen, da tauchte er wieder auf und begann zu singen.

Das Konzert war der Wahnsinn, die Stimmung super und die Lieder erst recht. Samu hat ordenlich viele Plektren in die Menge geworfen und allgemein erstaunlich viel mit dem Publikum interagiert und so war es ein einmaliges Erlebnis. Ich hatte meinen Platz in der ersten Reihe genutzt und einige Bilder gemacht, die teils echt gut geworden sind. Und so stand ich am Eingang und wartete auf Samu, es war bereits eine halbe Stunde vergangen und das Foyer leerte sich allmählich. Ich saß auf einem Stuhl und ignorierte meine rauschenden Ohren, denn das Konzert war ziemlich laut. Irgendwann, es war bereits eine weitere halbe Stunde vergangen, tauchte der blonde Finne auf und war sichtlich überrascht, mich noch hier zu sehen. "Ich dachte du bist schon weg!", sagte er leicht entsetzt. Ich musste in meinem Kopf erstmal meine Gedanken ordnen, um einen vernünftigen englischen Satz herauszubekommen, denn nach wie vor unterhielten wir uns ausschließlich auf Englisch. "Nein, du meintest, dass du mich mitnimmst", erwiderte ich leicht verwirrt. Samus Gesichtszüge entglitten ihm für kurze Zeit und er schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. "Oh mein Gott, es tut mir leid! Das habe ich völlig vergessen!", gestand er und ich lachte. "Ach ist doch nicht schlimm! Das Konzert war übrigens der Hammer!", beruhigte ich ihn. Er lächelte und zog mich dann an der Hand mit. "Ich fahr dich jetzt nach Hause", sagte er kurz. Die Fahrt verlief schweigend, wir schwelgten wohl beide in den frischen Erinnerungen des Konzertes. Am Haus angekommen lächelte ich ihn an. "Danke! Es war der Wahnsinn, ich kann das gar nicht beschreiben!", sagte ich mit leuchtenden Augen. Samu grinste. "Schlaf gut", erwiderte er noch, dann stieg ich aus dem Auto und verschwand in der Dunkelheit.

You can never be ready (Samu Haber FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt