Kapitel 57

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[SAMU]

In dem Zimmer auf der Normalstation sah Elena mich gleich auffordernd an. Ich zog einen Stuhl ran, der mit einem nervtötenden Quietschen über das Laminat rutschte. "Huch" Ich nahm Platz und fuhr mir dann - wie so oft - mit der Hand durch die Haare. "Es ist nur... mir ist eben bewusst geworden, wie riskant deine Wunde noch ist. Du hast dich nur aufgesetzt und schon blutet sie. Ich mache mir halt Sorgen", erklärte ich ihr. Elena sah mich nachdenklich an, ehe sie den Blick abwandte. "Das wird schon", versuchte sie mich erneut zu beruhigen, doch ich hörte den leicht unsicheren Unterton heraus. Wenn selbst sie die Hoffnung verlor sah ich schwarz. Ich seufzte und wollte ihre Hand ergreifen, doch sie zog sie weg. Verblüfft darüber sah ich sie an, doch sie starrte immernoch nach draußen. "Kann ich bitte kurz alleine sein?", fragte sie und sah mich immernoch nicht an. Ich sah sie kurz an, ehe ich wortlos aufstand und den Raum verließ. Ich verstand nicht ganz, wieso sie mich plötzlich wegschickte, doch ich hoffte einfach, dass sie nur kurz duschen wollte oder so. Obwohl, bei so etwas würde sie mich nicht wegschicken. Da gab es ja nichts, was ich nicht kannte.

[ELENA]

Der Vorfall eben hatte mich nachdenklich gestimmt. Samu hatte Recht, schon bei einer falschen Bewegung hat die Wunde angefangen zu bluten. Und plötzlich kamen düstere Gedanken in mir auf. Was, wenn die Wunde mich noch später beeinträchtigen würde? Doch diesen Gedanken schob ich gleich beiseite, denn sie würde verheilen. Hoffentlich. Und da kam mir etwas in den Sinn, was mir regelrecht Angst machte. Was, wenn Samu mich mit einer Narbe auf dem Bauch so unattraktiv findet, dass er sich eine Neue sucht? Seine eine Ex ist Model, vermutlich makellos, was man von mir spätestens jetzt eindeutig nicht mehr behaupten konnte. Ich spürte, wie mein Selbstwertgefühl langsam in den Keller sank. Mühselig versuchte ich mir diese düsteren Gedanken aus dem Kopf zu schlagen, doch einen bitteren Nachgeschmack hinterließen sie trotzdem. Samu war jeden Tag hier und hat stundenlang an deinem Bett gesessen, in der Hoffnung, dass du aufwachst! Sechs Wochen lang! Er wusste nicht wann und ob du wieder aufwachen wirst und war trotzdem da, wieso sollte er dich wegen einer Narbe verlassen?!, wies mich mein Engelchen sogleich zurecht. Und das milderte meine Stimmung wieder etwas. Ich hörte ein zaghaftes Klopfen und gewährte der Person eintritt, die niemand geringeres als Samu war. "Alles in Ordnung?", fragte er und sah etwas besorgt aus. Allerdings war er eindeutig nicht nur über meinen Gesundheitszustand besorgt, sondern auch über die Tatsache, dass ich ihn raus geschickt hatte, ohne einen Grund zu nennen. "Alles bestens", sagte ich und er setzte sich wieder auf den Stuhl. "Du hast die Wunde gesehen, oder?", fragte ich nach einer Weile leise. Doch zu meiner Überraschung schüttelte er den Kopf. "Ich habe weggeguckt", gestand er rutschte etwas auf dem Stuhl herum. Mein soeben aufgebauter Mut verließ mich schlagartig. Da hatte ich den Beweis, er hat weggeschaut, da er sich so etwas hässliches nicht ansehen konnte. Ich starrte krampfhaft auf die Decke, um mögliche aufkommende Tränen zu vermeiden, da ich nicht immer heulen wollte. Eigentlich weinte ich wirklich selten, doch manchmal überkam es einen einfach, da konnte man kurzzeitig einfach nicht länger stark sein. Samu legte seine Hand auf meine Schulter und war sichtlich beunruhigt. "Was ist denn plötzlich los? Elena, bitte rede mit mir!", flehte er mich förmlich an. Und da sah ich auf und ihn direkt an. "Die Wunde ist hässlich. Und es wird eine verdammt hässliche Narbe zurückbleiben. Hässlich!", unterstrich ich das Wort noch einmal, welches in meinem Kopf herumspukte. Mittlerweile hatte ich doch Tränen in den Augen, während Samu mich sichtlich überrumpelt ansah. "Du wirst mich nie wieder ansehen können, weil das so beschissen aussieht! Und gerade jemand wie du könnte jede haben! Wieso solltest du dann bei mir bleiben, einer Frau mit einer riesigen Narbe auf dem Bauch?! Vivianne Raudsepp zum Beispiel ist ein bildhübsches Model, wer bin ich schon?!", ließ ich all meinen Frust raus. Samu sah mich einfach sprachlos an, bis er zaghaft eine Träne wegwischte, die meiner Wange hinuntergeflossen ist. Er öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder. Er wirkte völlig perplex, damit hatte er wohl nicht gerechnet. "Denkst du das wirklich?", fragte er nach einer Weile.

You can never be ready (Samu Haber FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt