Kapitel 14

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[SAMU]

Als ich die Haustür öffnete, vernahm ich leises Fluchen aus dem Gästezimmer. Ich klopfte und hörte sogleich ein leicht panisches "Nicht reinkommen!" Ah, die Dame zog sich wohl gerade um. "Wenn du Hilfe brauchst sag bescheid", sagte ich und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. "Davon träumst du wohl, du Spinner", grummelte sie und ich lachte leise, ehe ich in der Küche verschwand. Da ich nur das Untergeschoss bewohnte, würde Elena mit dem Rollstuhl eigentlich keine Probleme haben. Vor mich hin summend setzte ich Kaffee auf und deckte den Tisch. Dann schob ich den Rollstuhl zu Elenas Tür und klopfte erneut. "Kann ich jetzt rein kommen?", fragte ich. "Nur auf eigene Gefahr", kam es von drinnen und ich runzelte die Stirn. Also öffnete ich die Tür und sah einer zwar bekleideten Elena entgegen, doch ihre Haare sahen aus, als hätte sie in eine Steckdose gegriffen und sie hatte dunkle Augenringe. "Guten Morgen", sagte ich und lächelte sie an. "Ich habe Frühstück mitgebracht", fügte ich dann hinzu. Ihr Blick erhellte sich, doch sie blieb auf dem Bett sitzen, was mich kurz irritierte, bis mir ihre Füße einfielen. "Ach ja, ich war noch kurz im Krankenhaus", sagte ich beiläufig, woraufhin sie die Stirn runzelte. "Wieso das denn?", fragte sie. Ich grinste ihr zu und schob dann den Rollstuhl ins Zimmer. Entgeistert starrte sie diesen an. "Meine Füße sind kaputt, ich bin doch nicht behindert!", sagte sie empört und ich verdrehte die Augen. "Kannst du laufen?", fragte ich. Sie sah auf die Bettdecke und schwieg. "Na also. Ich warte in der Küche", und so verschwand ich aus dem Raum. Ich setzte mich an den Küchentisch und wartete. Tatsächlich hörte ich irgendwann, wie die Tür geöffnet wurde und nur wenig später rollte der Rollstuhl samt Elena in die Küche. Ich lächelte und deutete auf den Platz gegenüber von mir. Sie hievte sich auf und setzte sich auf den Stuhl. "Ich habe Brötchen, sag mir, was du drauf haben willst", sagte ich und öffnete den Kühlschrank. "Käse wär nicht schlecht", sagte sie und so packte ich alles Nötige auf den Tisch. "Kaffee?" Ihr Blick hellte sich sofort auf und sie nickte. Ich stellte ihr den warmen Kaffee vor die Nase, den sie gleich gierig trank. Grinsend schüttelte ich den Kopf. "In Finnland trinken wir auch viel Kaffee", sagte ich beiläufig und Elena nickte. "Ich mag Finnland. Ich war schon einmal dort und es ist super schön", sagte sie und sah verträumt auf die braune Flüssigkeit in ihrem Becher. Überrascht über ihre Begeisterung für meine Heimat sah ich sie interessiert an. "Ich finde allgemein Skandinavien toll. Als Kind wollte ich da immer hinziehen" - "Und jetzt?", fragte ich. "Immer noch", antwortete sie und lächelte. Nach dem Frühstück stand ich auf und räumte alles in die Küche. "Ich geh mal jemanden abholen", sagte ich und zwinkerte ihr kurz zu. Verwirrt sah sie auf, nickte aber nur und ich half ihr zurück in den Rollstuhl. "Kann ich dich kurz alleine lassen?", fragte ich und sie nickte. "Danke", sagte sie noch, ehe ich verschwand.

[ELENA]

Keine Ahnung, wo er hin wollte. Ich hatte schon nach kurzer Zeit den Dreh mit dem Rollstuhl raus und war doch recht dankbar dafür, dass Samu ihn geholt hatte. Meine Gedanken wanderten immerzu zu letzter Nacht. Ich fand es unglaublich lieb von ihm, dass er bei mir geblieben ist. Es war mir zwar noch immer irgendwie unangenehm, aber seltsamerweise habe ich verdammt sicher in seinen Armen gefühlt. Ich seufzte und setzte mich auf die Couch. Oder besser gesagt lies ich mich vom Rollstuhl aus nach vorne fallen und landete wie ein nasser Sack auf dem Sofa. "Gut, dass er das nicht gesehen hat", murmelte ich und schaltete den Fernseher ein. Und erfreut stellte ich fest, dass Mission Impossible lief. Es war glaub ich der vierte Teil und so starrte ich gebannt auf den Flachbildfernseher. Irgendwann hörte ich, wie ein Schlüssel im Schloss umgedreht wurde und jemand betrat das Haus. Es war Samu, welch Wunder, doch er schien mit jemanden zu sprechen. Allerdings nicht normal, so würde man nicht mit einem Menschen sprechen. Hoffte ich. "Hey, lass das. Jetzt komm doch mal, lass das liegen!", zischte er immer wieder, doch die zweite Person antwortete nie.
Erst, als meine golden Retriever Hündin in das Wohnzimmer gestürmt kam, fiel bei mir der Groschen. "Sunny!", rief ich erfreut und sie sprang auf das Sofa. Ihr großer Körper presste sich an mich und sie schleckte mir freudig übers Gesicht. "Ich habe dich auch vermisst!", seufzte ich zufrieden, als sie sich an mich kuschelte. Samu stand im Türrahmen und lächelte uns an, ehe er sich neben uns auf die Couch fallen lies. Drei lange Wochen habe ich sie nicht gesehen! Hunde durften nicht ins Krankenhaus und so hatte sie die Zeit bei meiner Mutter im Altersheim verbracht. Sie hatte dort praktisch als Therapiehund gearbeitet, denn die alten Menschen haben jeden Tag mit ihr geschmust und gesprochen, denn Tiere erreichen in der Regel immer das Herz alter Leute.

Samu beobachtete eine Weile meine Hündin, ehe er mich wieder aus den unfassbar blauen Augen ansah. "Und? Ist mir die Überraschung gelungen?", fragte er und lächelte mich an. Ich nickte und lächelte ihn dankbar an. "Vielen Dank, das ist wirklich super!", sagte ich. "Ich habe auch ihr Körbchen und alles, was gerettet werden konnte mitgebracht und Hundefutter gekauft, jetzt muss sie nicht mehr im Altersheim leben", sagte er und strich ihr einmal durch ihr goldenes Fell. Mit großen Augen sah ich ihn an. "Sie darf hier bleiben? Das musst du nicht tun, wirklich!", sagte ich überrascht, doch Samu winkte lachend ab. "Samu echt!", sagte ich noch einmal mit mehr Nachdruck. Ich fuchtelte mit meinen Händen herum, bis er diese überraschend ergriff und festhielt. Er sah mir wieder in die Augen und lies meine Hände nicht los. "Betrachte es als ein Weihnachtsgeschenk", sagte er mit seiner dunklen Stimme und ich seufzte ergeben. "Danke", ich hatte mich sicherlich schon tausend mal bei ihm bedankt, doch ich meinte es jedes Mal ernst. Und dann umarmte ich ihn einmal kurz.

You can never be ready (Samu Haber FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt