Kapitel 22

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[SAMU]

Ich stand auf und ging zur Tür. Als ich diese öffnete war ich kurzzeitig überrascht in Chloes braune Augen zu gucken, ehe ich einen Schritt zur Seite machte und sie so ins Haus lies. Zu meiner Verwunderung legte sie wie selbstverständlich die Jacke ab und lief ins Wohnzimmer. Ich zog die Augenbrauen zusammen, ehe mir einfiel, dass sie hier gewesen sein musste, als ich in Helsinki war. Ich folgte ihr also etwas ratlos ins Wohnzimmer und sah dann die Beiden in ein Gespräch vertieft auf dem Sofa sitzen. Elenas Augen leuchteten, bei dem was Chloe ihr da erzählte. Erst da bemerkte Elena mich und sah mich gespielt vorwurfsvoll an. "Nicht lauschen", sagte sie, stand auf und humpelte mit Chloe in ihr Zimmer, allerdings nicht ohne mir noch einmal zuzulächeln. Ich verschwand in meinem Zimmer und kritzelte in dem Block herum, änderte einige Textstellen in Liedern und lag irgendwann einfach nur noch auf dem Bett. Die Wände in meinem Haus waren recht dünn, was dazu führte, dass ich plötzlich das Gespräch von Chloe und Elena hören konnte, allerdings nur, wenn ich mich konzentrierte, denn sie sprachen Deutsch und das nicht gerade langsam. Allerdings reichte mein Vokabular, um mir zumindest zu kombinieren, was sie sagten. "Das ist ja super Chloe! Du musst ihn mir unbedingt mal vorstellen!", erklang Elenas euphorische Stimme. "Aber wehe er tut dir was an, egal ob im physischen oder im psychischen Sinne", fügte sie dann noch hinzu. Offenbar hatte Chloe einen Freund und Elena würde es sich wohl nicht entgehen lassen ihn vorzuwarnen, so wie beste Freundinnen nunmal waren. Ich musste darüber schmunzeln und schloss die Augen, um mich voll und ganz auf das Gespräch zu konzentrieren, auch wenn Lauschen nicht die feine Art war. "Und? Wie lange willst du noch Single bleiben?", fragte Chloe plötzlich. Ich machte unwillkürlich die Augen auf und mein Herz schlug etwas schneller, denn das würde mich nun brennend interessieren. "Chloe, du weißt genau, wie ich zu dem Thema stehe!", kam es etwas ärgerlich von Elena. Also reagierte sie nicht nur bei mir so abweisend, wenn es um ihren Beziehungsstatus ging, was mich beruhigte. "Elena, das Ganze ist jetzt fast drei Jahre her, nicht alle sind so. Bei mir sind auch schon Beziehungen kaputt gegangen", versuchte Chloe es noch einmal. "Du weißt doch genau was damals passiert ist. Und ich rede nicht bloß von ein bisschen Herzschmerz, ich rede von Körperverletzung und Haftstrafe!", Elena ist nun laut geworden und ich starrte fast ein bisschen schockiert an die Wand. Kein Wunder, dass sie nicht darüber reden wollte, wenn ihre letzte Beziehung so endete! "Rede am besten noch lauter, damit Samu auch gleich alles mitbekommt", kam es ziemlich unbeeindruckt von Chloe, woraufhin plötzlich Stille herrschte. "Denkst du, er hat uns gehört?", zischte Elena besorgt. "Ich bin mir da sogar ziemlich sicher", erwiderte Chloe. Ich seufzte und schloss wieder die Augen. Sie war also seit drei Jahren Single? Sie hatte sicher einige Verehrer, doch offenbar alle in den Sand gesetzt. "Was ist denn mit Luis?", schlug Chloe dann vor. Neugierig lauschte ich weiter. "Du meinst den Café-Luis?", fragte Elena und kicherte. "Sicher doch, den kenne ich ja auch soo gut von den paar Freitagsgesprächen" Luis war wohl der Typ aus dem Café, der uns bedient hatte. Deswegen kannten sie sich, sie war also jeden Freitag dort. Gedanklich rechnete ich zurück zu dem Tag, an dem ich mit Etel im Café war und Elena den Reporter abgewimmelt hatte. Ein Freitag! "Och Elena, willst du etwa als Single sterben?", stöhnte nun Chloe. "Eine Beziehung ist auch nicht alles", erwiderte Elena. "Was ist denn mit Samu?", war der nächste Vorschlag von Chloes Seite. Ich riss die Augen auf und saß kerzengerade im Bett. Elena hatte offenbar gerade etwas getrunken, denn plötzlich hustete sie sich die Seele aus dem Leib. "Elena, ich habe nur seinen Namen erwähnt und du krepierst", stellte Chloe skeptisch fest. "Was heißt hier nur seinen Namen erwähnt!?", rechtfertigte Elena sich sogleich. "Also?", Chloe konnte aber auch nicht locker lassen. "Nichts also", kam es unwirsch von Elena und somit wechselten sie das Thema. Ich schlüpfte leise ins Wohnzimmer und kuschelte dort mit Sunny. Diese Hündin hatte mein Herz mindestens genauso schnell erobert wie ihre Besitzerin und irgendwann schlief ich ein.

"Samu?", weckte mich eine weibliche Stimme aus dem Schlaf. Elena hatte sich über mich gebeugt und rüttelte leicht an meiner Schulter. Schade, ich hatte einen schönen Traum. "Es ist schon acht Uhr, ich würde vorschlagen wir essen", sagte sie und lächelte. "Ist Chloe schon weg?", murmelte ich schlaftrunken, woraufhin sie nickte und ins Wohnzimmer humpelte. Und sie ging verdammt nochmal ohne Gehhilfen! Ich stand also ächzend auf und folgte ihr und war überrascht, einen fertig angeschlossenen Raclette Grill, sowie alles andere Nötige auf dem Tisch vorzufinden. Elena lächelte mich schüchtern an. "Ich hoffe du magst Raclette", sagte sie. "Klar mag ich Raclette! Danke, wirklich, du bist ein Schatz!", beruhigte ich sie und setzte mich an den Tisch. Elena war ein bisschen rot geworden. Ich fand es unglaublich süß, wenn sie rot wurde. Also machten wir uns über das Essen her und unterhielten uns über dies und jenes. Auch wenn wir mir etliche Fragen zu dem, was sie zu Chloe gesagt hatte auf der Zunge brannte, sprach ich keine von Ihnen aus, um die Atmosphäre nicht zu zerstören.

Lächelnd stießen wir mit jeweils einem Glas Sekt an und auch Sunny bekam etwas feineres zu fressen, worüber sich die Golden Retriever Hündin freute. "Das war lecker! Aber jetzt bin ich voll, ich glaube ich platze", stöhnte Elena und ich lachte. "Geht mir genauso", stimmte ich ihr zu und lehnte mich zurück. "Darf ich dir eine Silvestertradition zeigen? Obwohl nein, zwei?", fragte sie dann und ich nickte.

"Also die Erste wäre Bleigießen", erklärte sie mir. Wir standen nun im Wohnzimmer vor dem Tisch und sie packte kleine Figürchen aus, die mittlerweile aus Wachs bestanden. "Das wird jetzt über einer Kerze erhitzt... und dann in Wasser getan" Wir setzten uns und warteten, bis die Figur schmolz, ehe sie diese in Wasser kippte. "Was siehst du?", fragte sie und sah mich erwartungsvoll an. "Wie, was sehe ich? Ein unförmiges Etwas", antwortete ich ratlos. Elena schüttelte den Kopf. "Interpretier doch mal ein bisschen" - "Also gut... Ich würde sagen, es ist eine Blume", sagte ich dann. Elena zog einen Zettel hervor und studierte ihn, ehe ihr Blick sich aufhellte. "Blume, Blume... Ah, da ist es ja! Es steht für... Glück in der Liebe!" Ich sah auf die Tischplatte. Ja, Glück in der Liebe wäre etwas schönes. "Jetzt du", sagte ich dann und sie wiederholte das Ganze. "Ich finde, es sieht nach einem Haus aus", sagte sie und ich fragte mich, wo sie beim besten Willen ein Haus erkennen konnte. Aber es hieß ja, dass Frauen es so mit der Interpretation hatte. "Und ein Haus steht für eine neue Heimat", sagte sie und lächelte. "Gut, kommen wir zu Tradition zwei. Schreibe einen Vorsatz, der dir am wichtigsten ist auf diesen Zettel" Ich sah sie an und starrte dann auf den weißen Schnipsel. Mir fiel schlagartig etwas ein und ich sah ein letztes Mal zu Elena, ehe ich einige Wörter auf den Zettel kritzelte. "Gut, tu ihn in eine der Schachteln" Ich nahm eine der Pappschachteln und steckte den Zettel hinein, ehe ich die Schachtel verschloss. Ich nahm Beide und verstaute sie in der Kommode im Flur. "Wir sehen sie uns nächstes Jahr an Silvester an und sehen dann, ob es geklappt hat oder nicht", sagte ich und grinste. Elena war einverstanden und so waren es auch nur noch wenige Minuten bis null Uhr.

You can never be ready (Samu Haber FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt