Kapitel 40 - Tagebucheintrag 2, 3 und 4

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Jeder, der diese Worte ließt fragt sich wohl langsam, warum ich mich im Moment dazu gezwungen sehe, das Ereignis, den Abend nieder zu schreiben auf ein Papier. Ich fühle mich verfolgt. Seit Wochen habe ich stets das Gefühl, dass mich wer beobachtet. Doch jedes Mal, wenn ich mich auf der Straße umschaue, kann ich niemanden mehr erkennen. Meine Familie und Freunde nennen mich paranoid, doch ihnen habe ich auch nichts von dem Vorfall erzählt. Ich trage nun schon seit zwei Jahren dieses Geheimnis mit mir herum.
Langsam gehe ich an ihm kaputt. Wie soll man auch leben, wenn man zu große Angst davor hat vor die Tür zu treten? Dabei dachte ich eigentlich, dass mich nach fast zwei Jahren niemand mehr für mich interessiert. Der Anführer der Wächter schien mich wirklich vergessen zu haben, dachte ich zumindest. Aber nun sitze ich hier und zittere zu sehr um meine Schrift ordentlich zu halten. Vor einer Woche hat mich aufgrund dieses Verhaltens meine langjährige Lebensbegleiterin verlassen. Zwar sprach sie davon, dass sie sich mehr von ihrem Leben erhoffte, als diese Wohnung, dabei wusste ich direkt, dass sie eigentlich mich meinte. Sie erhoffte sich mehr von ihrem Leben, als ich es war, als ich ihr bieten konnte. Dabei kann ich sie nicht einmal dafür verurteilen, denn jetzt mal ehrlich ich bin ein Frack.
Nun aber zu dem Grund meiner Angst, meiner Todesangst jetzt in diesem Moment.
Ich habe ihn gesehen...
Ich habe meinem schlimmsten Albtraum heute in die Augen geblickt. Als ich heute von der Arbeit nach Hause gegangen bin, sah ich den Satan gegenüber von mir auf der anderen Straßenseite. Er beobachtete mich nicht wirklich. Es schien eher so zu sein, dass er mich aus Versehen entdeckt hatte und sich fragte, warum ich ihm so bekannt vorkam.
Scheinbar hatte er mich wirklich vergessen, doch leider reichten zwei Minuten anstarren ihm, um einen Ausdruck des Erkennens über sein Gesicht huschen zu lassen. Er erkannte mich, wusste wahrscheinlich, was ich wusste und realsisierte wohl, welche Gefahr ich für ihn und seine Organsisation darstellte. Als er sich in Bewegung setzte, war ich schon in der Masse verschwunden. Ich bin verlorenen. Auch ich würde verschwinden, wie der Beamte vor zwei Jahren. Doch bei mir würde niemand sich um mich sorgen, ich habe niemanden.

Fabian McCartney


Eine Woche schon seit dem letzten Eintrag. Ich habe Angst. Mein engster Freund muss für mich einkaufen, denn allein der Gedanke vor die Tür zu treten, lässt mich vor Angst zu Eis erstarren. Ich muss etwas unternehmen. Wirklich ich kann nicht mehr. Mein Wissen bringt mich um und meine Angst verhindert meinen Mut. Am liebsten würde ich einfach aufhören, doch gleichzeitig ist es unmöglich. Meine Ruhe ist zerstört. Die Schlaflosigkeit nagt an mir und an meinen Knochen.
Wenn mich meine Freunde besuchen, erschrecken sie sich stets halb zu Tode so schrecklich sehe ich aus. Der Tod. Wie schön sich das anhört.
Wirklich ich gebe auf. Wenn ich nicht bald einen Ausweg finde, gebe ich auf. Ein paar Stunden Leid und dann wartet die ewige Ruhe auf mich. Auf der einen Seite habe ich Angst, doch auf der anderen Seite überwiegt die Todesangst gegenüber der Angst vor dem Tod.
Jeder stirbt, warum nicht auch ich. Mir ist nicht mehr zu helfen. Für mich gibt es keine Besserung mehr.
Ich lebe nicht mehr, ich atme nur noch. Mein Körper schreit nach Schlaf und Essen, doch mein Geist schreit nach Frieden und Ruhe. Wer gewinnt im Kampf gegen sich selbst? Schwere Frage und doch ist die Antwort so leicht.
Niemand kann gewinnen, denn so oder so verliert man ein Teil seines Selbst. So scheint es bei mir zu sein. Ich bin viel, doch lebendig nicht mehr. Mein Leben besteht aus Angst und Überleben, doch nirgend findet man Liebe und Glück.
Hilfe kommt zu spät, doch hoffe ich, dass irgendwann jemand diese Zeilen findet, der nicht zu ängstlich ist, um das Wissen zu verstehen und zu gebrauchen. Es für das Richtige zu nutzen.
Immerhin stirbt Hoffnung nicht mit dem Ende eines Lebens, denn Hoffnung stirbt wie bekannt zuletzt.

Fabian McCartney


Hoffnung war die Rettung der Menschheit und nun auch meine. Ich konnte wahrhaft gerettet werden, genauer gesagt rettete ich mich selbst. Während meiner Zeit der selbstaufgezwungenen Gefangenschaft begann ich die Geschichte der Unwärdigen zu studieren. So lernte ich die Aufgaben der Wächter und auch den Ablauf der Verurteilung kennen. Viele scheinen ungerecht verurteilt zu werden. Verhandlungen gibt es nie, es ist immer nur der Prozess. Eine Tarnung, um nicht ungerecht zu gelten. Wer vor den Richtern sitzt, kennt sein Schicksal schon.
Doch es gibt dennoch einen Unterschied in den Verhandlungen. Diesen Unterschied werde ich mir zunutze machen. Mein Plan steht und meine Befreiung steht kurz bevor.

Randnotiz:
-Kleine 'Vergehen' werden in kurzen Verhandlungen gehandhabt, ohne den Beistand von höheren Persönlickeiten. Legendlich der Richter, der Angeklagte und der verhaftende Wächter sind anwesend.
-Große 'Vergehen' werden unter den Augen des Präsidenten und den höher gestellten Wächtern verhandelt. Diese Verhandlungen werden teils gefilmt und veröffentlicht, um das Volk abzuschrecken.
-Falsche Anklagen werden weder wie große noch kleine Vergehen gehandhabt. Jegliche Aufzeichnungen sind nicht zu finden und Personen scheinen mit der Anklage von der Welt zu verscheinden.

Diese Entdeckung rettete mich, ich rettete mich selbst. Heute werde ich es durchziehen. Gleich werde ich dieses Buch im Nordviertel verstecken und mit ihm meine wichtigsten Sachen, dann werde ich mit dem alten Stock meines Urgroßvaters und zwei verbotenen Büchern meinen Spaziergang starten. Die Wege und Abläufe der Wächte während der Rundgängen durch die Stadt habe ich zumindest teilweise durch meine Fenster mitbekommen.
Es ist mein großer Tag.
Nur noch ein paar Stunden stehen zwischen mir und meine Freiheit.
Danach werde ich beginnen nach der richtigen Person zu suchen. Die Vergangenheit der Menschen darf niemals in Vergessenheit geraten und mit ihr nicht die Fehler, denn sobald dies geschiet, werden wir die Möglichkeit aus diesen Fehlern zu lernen und die Zukunft besser zu gestalten vertan haben. Mein Leben werde ich dieser Aufgabe widmen und ich hoffe du, mein lieber Leser, wirst das Gelernte der Welt offenbaren.

Fabian McCartney


ParadiseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt