Das Gebäude, vor dem ich nun stand, war der Turm und war so eindrucksvoll wie immer. Die silberne Fassade reflektierte jeden Lichtstrahl und zeigte einem ein leicht verzerrtes Spiegelbild der Umgebung. WIe jedes Mal, wenn ich ihn sah, war ich beeindruckt, denn dieser Turm war einfach atemberaubend. Sein Aussehen wurde von dem berühmtesten Architekten unserer Zeit gestaltet und jeder aus der Stadt hatte seine eigene Vorstellung von dem Inneren, da niemand der gemeinen Gesellschaft genau wusste, wie es im Inneren aussah. Meine Vorstellung war, dass ich mich jetzt gleich in einem riesigen Bürogeböude wiederfinden würde. Zumindest in den unteren Etagen, da drüber würde es wohl nochmal anders ausehen, da dort Menschen lebten. Wer würde schließlich in einem Büro schlafen und leben wollen? Vor allem die Kinder unseres Präsidenten würden mir, wenn es so wäre, sehr leid tun. Denn diese verließen nur zu besonderen Anlässen ihr Zuhause. Dies bedeutete auch, dass selbst wir, der reichere Teil der Bevölkerung, noch nie ein Wort mit ihnen gesprochen hatten. Niemand, der außerhalb des Turms lebte, hatte dies getan. Es war ganz so, als lebten sie in ihrem eigenen ganz persönlichen Paradies.Schließlich war es so, dass unsere Stadt eine Abgrenzung zum Rest der Welt darstellte und der Turm war eine weitere Abgrenzung von uns. Somit wurde die Präsidenten Familie von uns abgehoben. Ganz so als würden sie sich nicht mit uns identifizierten und sich nicht als Teil der Stadt oder als die Elite ansahen.
Wie falsch sich dies anfühlte, zeigte mir das Gefühl von Wut, welches in mir hochstieg. Niemand war so viel besser als andere.
Mit viel Schwung fiel die Glastür hinter mir wieder ins Schloss und entschlossen schritt ich weiter zum Empfang. Dort erwartete mich eine perfekt gekleidete Dame. Kein einziges Haar stand aus ihrem strengen Dutt nach oben ab und auch keine Falte war auf ihrer Kleidung zu entdeckten. Ihr Lächeln wirkte gekünstelte und falsch. Sofort setzte ich ein ebenso falsches Lächeln auf und strich mir einmal kurz über mein Kleid.
"Wie kann ich Ihnen behilflich sein?"
"Guten Tag, mein Schwager hat vor ein paar Tagen seinen Job hier angefangen und ich wollte ihn einmal besuchen. Dazu habe ich ihm etwas vorbei zu bringen. Übrigens mein Name ist Cyana Forb und der Name meines Schwagers ist Alexander Crowe."
"Haben Sie einen Termin?"
Verwirrt schüttelte ich meinen Kopf. Seit wann brauchte man einen Termin, um einen Verwannten zu besuchen? Dies fragte ich die Dame dann auch, doch diese zuckte nur mit ihren Schultern und fragte nach meinem Ausweis. Den übergab ich ihr wiederwillig und danach rief sie irgendwen über ihr Telefon. Währenddessen schaute ich mich schon ein bisschen in der Halle um. Es gab eine große Treppe nach oben, welche nach dem Schild neben der Treppe aber nur zur ersten Etage führte. Neben der Treppe gab es noch drei Fahrstühle, welche die Menschen wohl an das gewünschte Ziel befördete, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass es nur eine Etage hier gab. Doch aus Erfahrung wusste ich, dass bei uns Fahrstühle viel beliebter waren. Die meisten Geschäftsgebäude besaßen gar keine Treppen mehr, sondern nur zwei oder drei Fahrstühle. Ansonsten gab es hier unten nur mehrere Sitzmöglichkeiten und ein paar Pflanzen. Wie von mir erwartet war es insgesamt ziemlich clean gehalten und alles war in weiß oder silber gehalten.
Nach zehn Minuten warten kam ein grimmig schauender Mann in Anzug auf mich zu. Er meinte, dass er mich zu Mr. Crowe begleiten würde. Geschockt, da ich dies bestimmt nicht erwartet hatte, folgte ich dem Muskelpaket in den Fahrstuhl. Im Aufzug fanden sich zwanzig Knöpfe. Der letzte Knopf war in Gold gefasst und hatte weder eine Zahl noch eine Beschriftung.
"Für welche Etage ist der zwanzigste Knopf?"
"Sie meinen den goldenen, der ist für die Präsidenten Suite." beantwortete der Anzugmann überraschend freundlich.
Dort lebten also der Präsident mit seiner Familie. Es verwunderte mich zwar, dass der Knopf so einfach zu identifizieren war, aber dann fiel mir der Scanner in der rechten oberen Ecke der Anzeige auf. Dies kannte ich aus dem Fahrstuhl in dem Büro meines Vaters. Auch dort hatten sie dies. Daraus konnte ich schließen, dass man wohl eine Schlüsselkarte oder etwas anderes brauchte, um in die Suite und vielleicht auch in andere Etagen zu kommen.
All diese Informationen speicherte ich ab und wendete mich dann anderen Dingen zu. Mein Blick schweifte zu dem Inventar des Fahrstuhls. Die Wände und der Boden waren aus Glas außer eine Wand, welche verspiegelt war. Dadurch konnte ich die einzelnen Etagen, an denen wir vorbeifuhren analysieren. Besonders fiel mir auf, dass in der ersten Etage genauso wenig aufzufinden war, wie im Erdgeschoss. Auch hier war alles schlicht und es gab ansonsten nur einen großen Saal. Ein großes Schild wies darauf hin, dass es der Pressesaal war. Als Journalist kam man scheinbar auch nicht weiter als in diese Ebene. Insgesamt fiel mir direkt auf, dass es so wirkte, als wollte niemand, dass man als gemeiner Bewohner fiel vom Gebäude mitbekam. Ab der fünften Etage sah man nur noch einen größeren Raum mit vielen Türen, durch die man aber nicht durchschauen konnte. In den unteren Etagen hingegen waren alle Räume mit Glastüren und Glaswänden ausgestattet.
Auf Nachfrage berichtete mein Begleiter mir, dass sich dort die Büros lagen, die jeder nutzen konnte.
So höher wir fuhren desto weniger konnte man sehen, bis wir von Wänden umschlossen wurden, welche durch Projektionen die Natur zeigten.
In der fünfzehnten Etage hielt der Fahrstuhl und die Tür öffnete sich. Auch auf dieser Etage gab es einen Thresen wie im Erdgeschoss. Dies hatte ich bisher noch nicht gesehen. Zu diesem Thresen führte mich mein Begleiter und stellte mich vor. Auch meinen Wunsch meinen Schwager zu besuchen überbrachte er. Die Dame hinter dem Thresen lächelte mich an und schickte den Mann wieder weg. Dann erst kam sie zu mir und zeigte mir an ihr zu folgen. Sie öffnete eine Tür und hinter dieser sah ich meinen Schwager an einem Schreibtisch sitzen.
Dieser war mehr als überrascht mich zu sehen. Scheinbar wurde die Frau am Thresen, aber nicht er, über mein Besuch aufgeklärt.
Verwirrt zeigte er auf den Stuhl vor sich und bestellte bei der Frau einen Kaffee und paar Kekse für mich und ihn. Ich setzte mich hin. Nun musste ich mir nur etwas ausdenken, damit ich kurz verschwinden kann, bevor ich dieses Gebäude wieder verlassen musste. Denn ein Besuch bei meinem Schwager war nur ein Mittel zum Zweck. Eigentlich wollte ich mich nur ein bisschen umsehen. Doch dies würde wohl schwerer werden als von mir im Vorhinein gedacht.
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Paradise
Science FictionWie sieht das Paradies aus? Ich kann es euch sagen. Im Paradies gibt es genau fünf Regeln. Brichts du eine davon, dann verschwindest du aus unseren Reihen. Diese Regeln machen das Paradies aus. Sie machen es perfekt. Kein Ort der Welt ist so wie uns...