Ich öffnete meine Augen und fand mich auf einer Wiese wieder. Um mich herum gab es nichts. Wirklich rein gar nichts, aber ich hatte dennoch keine Angst. Das grüne Gras unter meinen Füßen war weich und angenehm. Die warme Sonne schien angenehm auf meine Haut und am liebsten wollte ich mich einfach nur auf die Wiese legen.
Die ganzen Sorgen und Gedanken, die mich seit Wochen plagten, schienen hier keine Rolle mehr zu spielen. In der Ferne war ein kleiner dunklerer Schatten zu erkennen. Meine Neugierde zog mich zu diesen Ort und so machte ich mich auf den Weg. Es dauerte nicht lange und schon kam eine kleine Hütte in Sicht. Irgendwoher kam dieses Haus mir bekannt vor. Ich war mir aber gleichzeitig sicher, dass ich es noch nie gesehen hatte. Denn egal wie lange ich durch meine Erinnerungen kramte, konnte ich mich nicht einmal ansatzweise an diese Umgebung erinnnern.
Dennoch fühlte ich mich pudelwohl.
Zaghaft klopfte ich gegen die Holztür und ein junger Mann öffnete mir die Tür. Er hatte gewisse Ähnlichkeiten mit Miles, doch anders als Miles lächelte er mich sofort an.
Seine Hand umschloss meine und zog mich ins Innere.
"Ich habe mich schon gefragt, wann du wieder kommst." begrüßte er mich und noch mehr Fragezeichen bildeten sich in meinem Gehirn.
Woher kannte er mich? Natürlich erschien auch mir dieser Mann nicht fremd. Aber auch das Gefühl der Geborgenheit in meiner Brust verhinderte nicht, dass ich mich komisch fühlte. Ich kannte ihn nicht und dennoch war mir so, als würde ich schon mein ganzes Leben an seiner Seite verbracht haben.
Verwirrt schüttelte ich den Kopf. Was war hier los? Überhaupt wo war ich? Diese Frage stellte ich meinem Gegenüber dann auch.
Er lachte und nahm mich in den Arm. Miles Geruch umhüllte mich und Bilder schossen durch meine Gedanken. Ich sah Miles, wie er mich anlächelte und meine Hand nahm.
Ein Schmerz zog sich durch meinen gesamten Körper.
Dann verschwand er wieder und mit dem Schmerz auch Miles Gesicht und sein Geruch. Verwundert dachte ich nach, an was hatte ich gerade gedacht? Ich wusste es nicht mehr. Die Arme von dem Arm hielten mich fest.
Da wusste ich plötzlich, wie sein Name war, wer ich war und vor allem was ich hier machte. Mein Name war Elisa, sein Name war Jacob und wir lebten schon seit einem Jahr hier auf dem Land. Nach unserer Hochzeit waren wir hier her gezogen, da die Stadt von Unruhen beherrscht war.
Hier draußen gab es nur uns, die Natur und vollkommene Ruhe. Die Straßenkämpfe in der Stadt interessierten uns nicht mehr. Wir waren endlich in Sicherheit.
Genießend atmete ich noch einmal Jacobs Geruch ein und zog ihn näher an mich. Ich liebte ihn.
Friedvoll lächelnd schaute ich ihn an. "Ist das Essen schon fertig?"
Wieder entlockte ich meinem Mann ein Lachen. Seine Hand zog mich zu dem alten Holztisch. Zwei Teller standen dort. Freudig stürzte ich mich auf die Suppe. Das leckere Brot tauchte ich immer wieder ein und biss genüsslich ab. Auf einmal spürte ich seinen Blick auf mir.
"Was machst du da?"
"Ich esse."
Er nahm meine Hand und schaute mir tief in die Augen. "Aber wir dürfen doch noch nicht essen. Du willst schließlich nicht gierig sein. Gott hat uns davor bewahrt zu sterben. Wir sollten Gott ehren und seine Gaben nicht zu schlingen."
Seine Worte halfen nicht unbedingt dabei meine Verwirrung zu entlösen. Jedes Wort, das er ausprach, verwirrte mich nur noch umso mehr. Wer war Gott?
Ich seufzte und hob den Esslöffel an. Eine Stille kehrte ein und ich fragte mich auf was wir warteten. Das Silber in meiner Hand wanderte zwischen meinen Fingern hin und her. Da erhaschte ich ein Blick auf mein Spiegelbild.
Lange blonde Haare waren das Erste, was ich von mir sah. Als nächstes erkannte ich helle blaue Augen und eine dünne spitze Nase. Meine Hautfarbe war fast weiß. Etwas stimmte hier ganz und gar nicht. Ich war nicht die Frau vor mir.
Mit einem laute Klirren fiel der Löffel auf den Boden und ich rannte zu dem Spiegel des Hauses. Auch dort sah ich diese fremde Frau. Sie war hübsch, das stand außer Frage, aber sie war nicht icht. Wie war das möglich? Wo waren meine schulterlangen schwarzen Haare? Warum waren meine Augen blau und nicht grau? Wieso war ich so blass?
Alles Fragen, die mir Angst machten. Wo zur verdammten Hölle war ich?
Ein lautes Krachen durchschreckte meine Panik. Es hörte sich schrecklich an. Mein Ohr piepte leicht von dem lauten Geräusch. Doch mir blieb gar keine Zeit nachzuschauen, was passiert war, und schon krachte es wieder. Dieses Mal ertönte das Geräusch noch lauter. Vor dem Fenster sah ich Dreck durch die Luft fliegen und einen rötlichen Punkt. Funken stoben druch die Luft. Der Schutt, welcher von der Decke nieder rieselte, machte mir die Lage deutlicher. Wir wurden gerade bombadiert.
Eine weitere Bombe landete neben dem Haus und diese Bombe traf die Wand. Die Druckwelle ließ mich drei Meter weiter fliegen, bis ich durch den Türrahmen gestoppt wurde. Die Decke bröckelte immer mehr und obwohl mir mein gesamter Körper weh tat, nahm ich meine Kraft zusammen und kletterte aus dem Raum raus. Gerade noch rechtzeitig stolperte ich durch die Tür, da flog auch schon die Decke nach unten. Meine Augen durchsuchten den Raum nach Jacob. Ich konnte ihn nicht finden. "Jacob!" schrie ich.
Aber er antwortete mir nicht. Wieder rief ich nach ihm, da meinte ich eine Stimme vernommen zu haben.
Schnell humpelte ich auf die Stelle zu. Tatsächlich lag er dort. Seine Beine waren unter einem Teil der Decke eingeklemmt. Zitternd legte ich mich vor ihn und nahm seine Hände in meine. Tränen liefen mir über das Gesicht.
"Elisa, ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr." flüsterte er und noch mehr Tränen ergossen sich über meine Wangen.
Um uns herum war die Stille verschwunden. Die Bomben explodierten immer weiter und ich hoffte, dass es einfach nur irgendwann aufhörte. Das tat es nicht.
Aber irgendwann verstummte sein Flüstern und der Griff um meine Finger löste sich. Starre Augen blickten mich an und mit der letzten Explosion starb Jocob und das Haus brach komplett ein.
Ein Teil der Decke traf auch mich. Mein so schon verletztes Bein spürte ich gar nicht mehr. Nur die Wunde in meinen Bauch tat noch weh. Meine Hand färbte sich blutrot, als ich mit ihr über die schmerzende Stelle fuhr. Mein Sichtfeld verschwamm und ich fühlte mich langsam immer schwächer.
Erschöpft schloss ich meine Augenlider und dachte an ihn. Ich versuchte Jacobs Gesicht vor mir aufleben zu lassen. Doch es klappte nicht. Seine Gestalt war verschwommen, doch ich konnte dennoch eine Sache wahrnehmen.
"Cyana, glaube nicht was du siehst. Es ist nicht real." schallte Miles Stimme durch mein Gehirn.
Auf einmal wurden meine Gedanken wieder klar und ich riss meine Augen kurz auf. Natürlich mein Name war Cyana, nicht Elisa. Ich kannte keinen Jacob. Bis vor ein paar Stunden war ich noch in Paradies und hatte das Geheimnis aufgedeckt. Seitdem ich geboren wurde, lebte ich in der Großstadt. Doch was machte ich dann hier? Diese Frage war die letzte bevor meine Augen zufielen und der Schmerz in meinem Bauch verschwand.
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Paradise
Science FictionWie sieht das Paradies aus? Ich kann es euch sagen. Im Paradies gibt es genau fünf Regeln. Brichts du eine davon, dann verschwindest du aus unseren Reihen. Diese Regeln machen das Paradies aus. Sie machen es perfekt. Kein Ort der Welt ist so wie uns...