Kapitel 42 - Tagebucheintrag 5, 6 und 7

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Mein Vorhaben hatte wirklich funktioniert. Seit einem Monat wohne ich jetzt im Nordviertel und ich muss zugeben, wenn man sich so wie ich vorberietet, lebt es sich nicht wirklich schlecht hier. Nach der Verhandlung wurde mir eine Wohnung zugewiesen. Diese war größer, als die, welche ich mir im Vorhinein gekauft hatte und schnell hatte sich eine nette Abnehmerin für die Wohnung gefunden. Es ist wirklich erstaunlich, was für eine Gemeinschaft die Nordviertler bilden. Ich glaube zwar, dass man als Neuling sich normalerweise den Platz verdienen musste, doch meine Wohnungsschenkung hatte mir diesen Weg wohl stark vereinfacht. Mein kleines Geschäft mit den Antiquitäten läuft zwar wie gedacht nicht besonders gut, aber zum ersten Mal macht mir meine Arbeit wirklich viel Spaß.
Nun wollte ich aber über meine Erfahrungen berichten. Direkt nach meiner Ankunft hatte ich begonnen mich nach den speziellen Fällen zu erkundigen. Scheinbar waren diese hauptsächlich immer noch sehr stark der Überwachung der Regierung ausgesetzt. Es war nicht schwer heraus zu finden, dass sie nur im Nordviertel lebten, da sie dort leichter überwacht werden konnten. Meist wurden sie wohl in verwanzten Wohnungen abgesetzt und dazu begleiteten diese Personen stets einen getarnten Wächter. So erzählt es man sich zumindest in den Kreisen der Unwürdigen.
Ich beginnen mich zu fragen, ob ich wirklich die sicherste Wahl getroffen hatte. In diesem Viertel wimmelt es nur von Wächtern und es ist auch wohl nur eine Frage der Zeit, bis man mein Versteck entdeckt. Gleichzeitig hoffe ich, dass ich schlussendlich nicht mehr interessant genug für die Führer sein werde. Alles was man sich unter den Würdigen über die Unwürdigen erzählte ist hauptsächlich erstunken und erlogen. Die Meisten sind wohl dreitausend mal netter und hilfsbereiter als die wirklich würdigten. Teilweise leben die Menschen aus den Familien schon seit den Beginnen des Paradies in diesem Viertel.
Die Präsidenten Familie sprachen immer von dem gleichen Recht der Bewohner, doch die Kinder der Unwürdigen werden mit der Geburt grundsächlich auch zu Unwürdigen. Keiner, der hier geboren wurde, hatte wirklich die Chance auf ein besseres Leben und diese Tatsache hatte mich zu Beginn noch stark geschockt, doch wenn wir ehrlich waren, konnte man sich dies schon vorher denken. Oder etwa nicht? Ich versuche mich weiter umzuhören. Meine Suche nach Antworten scheint langsam endlich voran zu gehen. Aber wie gesagt sie schreitet nur langsam vorwärtst.
Denn auch wenn ich mich nun sicher fühlen, darf ich wohl niemals vergessen, dass mir immer noch der Satan im Nacken sitzt. Sobald ich dies vergesse, werde ich unvorsichtig.
Letzte Woche war ich bei meinem alten Freund. Er arbeitet in dem Büro, welches mit der Durchführung der neuen Besitztgesetzte betraut ist. Ab nächste Woche wird es verboten sein, Bellistrische Literatur zu besitzen und zu schreiben.
Ich bat ihn mir ein der gesammelten Literatur zu übergeben. Zu meiner Überraschung übergab er mir eine komplette Kiste. In dieser fand sich nicht nur neuere sondern auch schon sehr alte Literatur. Zu mir sagte er, dass dies zum Teil die Bücher seien, welche schon seit Anbeginn der Stadt verboten seien und bald vernichtet werden sollten.
Niemals hätte ich dies von ihm erwartet, doch ich kann auch nichts gegen ihn sagen. So nahm ich sein Geschenk an und bedankte mich nur bei ihm. Vielleicht werden mir diese Bücher irgendwie noch nützlich sein.

Fabian McCartney


Heute ist jemand unerwartetes in meinen Laden gestolpert. Das Erste, was ich an ihr bemerkte, war dieses ganz bestimmte Funkeln in den Augen. Nicht selten hatte ich dieses Viertel im letzten Jahr gesehen. Doch noch nie war es mir an solchen Mädchen aufgefallen. Sie trug ein schlichtes violettes Kleid, was zwar vom Schnitt nach älterer Mode schrie vom Stoff aber zu edel war, um aus dem Nordviertel zu stammen. Auch wenn das Kleid nicht wirklich nach der Würdigenmode aussah, strahlte alles andere an ihr nur so nach Ostviertel. Niemand, der nicht dort lebte, trug dieses Ausstrahlung nach außen.
Aber all diese Tatsache stimmten zu null Prozent mit diesem Funkeln ihrer Augen überein. In ihren Augen sah ich den Mut und die Neugierde, die sie zum Strahlen brachten. Leicht wehten ihre schwarzen Haare über ihre Schultern.
Fasziniert schaute sie sich meine geliebte alte Uhr an, dann setzte sie sich in Bewegung und begutachtete ehrwürdig jedes einzelne Stück meiner Sammlung. Als sie damit fertig war, heftete sich ihr Blick aber wieder auf mein Lieblingsstück.
Endlich traute ich mich etwas zu ihr zu sagen. Zuerst schien sie etwas schüchtern zu sein. Aber sie taute mit jedem weiteren Schritt weiter auf. Ihr Blick blieb schlussendlich an meinem Bücherregal mit den Büchern meines Freundes hängen. Nun begannen ihre Augen nicht nur leicht zu funkeln, sie strahlten regelrecht. Noch nie hatte ich jemanden gesehen, welcher mit so einer Faszination Bücher begutachtete. Schnell fasste ich einen Entschluss. Ich schenkte ihr das Buch und mit ihm übergab ich ihr heimlich den Wunsch, dass sie bitte wiederkommen würde. Denn möglicherweise hatte ich die Person gefunden, nach der ich seit einer Ewigkeit nun schon Ausschau hielt.

Fabian McCartney


Dies wird mein letzter Eintrag und ich widme ihn dir Cyana. Du bist meine kleine Retterin. Die letzten Wochen mit dir waren wirklich wunderschön. Doch ich weiß wohl, dass ich dir diese Sätze niemals wohl persönlich sagen werden kann. Es tut mir leid, dass ich dir diese schreckliche Aufgabe übergeben muss, aber die Anderen müssen die Wahrheit erfahren. Du bist sie dafür finden. Zu viele Geheimnisse werden um diese Stadt gewoben. Keiner wird von uns jemals frei sein, wenn wir länger zulassen, dass man uns in ein Netz von Lügen einwebt. Fast ein ganzes Jahr habe ich es geschafft mich vor den Augen Satans zu verstecken. Doch diese Zeit ist nun verüber.
Bald wird er kommen und mich holen. Doch ich bin nun zu lange siegreich gewesen, als dass ich mich von ihm meine Arbeit kaputt machen lasse. Du bist meine Erbin. Ohne es am Anfang zu wissen, habe ich dieses Buch für dich geschrieben.
Ich weiß, dass du es schaffen wirst. Cyana, ich kenne niemanden, der besser geeignet wäre als du. Du bist das mutigste Mädchen, das ich kenne und niemand anderes ist besser als du. Mir ist klar, dass du für diese Aufgabe dich selbst finden musst, doch ich sehe, dass du bereit dafür bist.
Von nun an kann ich dir nicht mehr weiter helfen. So gut wie möglich habe ich versucht, dass du die Wahrheit selbst erkennen kannst. Aber vor allem weiß ich, dass du sie schon längst erkannt hast.
Selbst wenn du es vielleicht noch nicht siehst, du bist soweit. Außerdem bin ich mir sicher, dass du mindestens einen perfekten Helfer und Freund an deiner Seite hast.
Miles ist ein guter Junge, egal was er getan haben mag in seiner Vergangenheit. Niemand anderes als er wird dir im gleichen Maßen behilflich sein können wie er.
Finde heraus wer du wirklich bist und nimm dein Erbe an. Deine Mutter wird bestimmt stolz auf dich sein und dein Vater erst recht. Selbst wenn er möglicherweise schon viel zu viele Geheimnisse vor dir hatte, sodass es dir kurzweilig unmöglich erscheint ihn als das zu sehen, was er für dich ist.
Ich bin kein Rebell und du genauso wenig. Auch bist du nicht unwürdig.
Und auch wenn ich dir nicht mehr helfen kann, so habe ich doch noch ein Auge auf dich und Miles.
Somit bitte ich dich, dass zu tun, wozu ich nie in der Lage war.
Mit viel Liebe

dein Freund Fabian.

PS: Ich habe meinem Cousin eine Nachricht zukommen lassen. Er wird euch helfen, wenn ihr Hilfe benötigt. Also helft so auch ihr den Menschen von unserem schönen Paradies.


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