Die negativen Gefühle, welche durch die Verhaftung von Miles ausgelöst wurden, begleiteten mich mit nach Hause. Er war weg. Wie ein Verbrecher wurden zwei junge Helden weggesperrt. Ich hatte noch nie mir wahrhaftig solche Sorgen um das Wohlbefinden einer Person gemacht, wie ich es gerade wegen meinem Retter machte.
Meine Eltern bemerkten direkt, dass etwas nicht stimmen konnte, sobald ich nur durch die Tür trat. Auch unsere Köchin schaute mich immer wieder besorgt an, während ich einen Apfel an der Kücheninsel aß. Mein Vater traute sich schlussendlich zu fragen, was mich denn so bedrückte. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihnen wirklich auch nur einen kleinen Teil der wahren Geschehnisse erzählen durfte. Schlussendlich entschied ich mich dagegen. Es war irgendwie nichts, über das ich wirklich mit jemandem reden konnte. Dabei war ich mir wirklich sicher, ob es an der Tatsache lag, dass ich einfach nicht darüber reden konnte, oder an der Seite, auf der meine Eltern im Thema Unwürdige standen, lag.
Also versuchte ich sie mit einem Kopfschütteln abzuwimmeln. "Es ist nichts, wirklich es war nur ein anstrengender Tag."
Ich konnte ihnen zwar ansehen, dass ich sie nicht unbedingt überzeugt hatte, aber wenn ich ehrlich war, war dies mir herzlich egal. Die Hauptsache war, dass sie mich in Ruhe ließen. Solange sie aufhörten mich so anzusehen, als würden sie Angst haben, dass ich, wenn sie mich alleine lassen würden, direkt Selbstmord begehen könnte, war ich mit dem Ergebnis zufrieden.
Obwohl ihnen auch klar seien müsste, dass ich niemals sowas wie Selbstmord auch nur denken würde.
Nach dem Essen verabschiedete ich mich schnell und verschwand nach oben in mein Zimmer. Ich wollte am liebsten mich einfach in mein Bett legen und nie wieder aufstehen. Doch sobald ich dort lag und die Stille sich um mich herum legte, begannen meine Sorgen durch meine Gedanken zu fliegen. Die schlimmsten Szenarien dachte ich mir aus. Langsam musste ich mir eingestehen, dass ich Miles mochte, wenn nicht sogar mehr als nur mochte. Aber zurzeit hatte ich nun einmal keine Zeit über soetwas nachzudenken und so schob ich diesen Gedanken erst einmal ganz nach hinten in mein Gehirn. Irgendwann könnte ich mich mit meinen Gefühlen befassen, doch ganz sicherlich nicht an diesem schicksalhaften Tag. Dies gefiel mir nämich wirklich so gar nicht.
Es dauerte nicht lange bis ich mich gegen das nutzlose rumliegen entschied. Ich griff nach allen Dingen, welche ich in den letzten Wochen gesammelt hatte und mir bei meinem Plan das Geheimnis der Stadt zu lüften helfen konnten. Alle diese Sache steckte ich in meine Tasche. Danach legte ich mich wieder zurück auf meine Matratze, aber dieses Mal mit der Absicht möglichst schnell einzuschlafen, da ich dieses Tag am liebsten hinter mich bringen wollte.
Am nächsten Morgen schnappte ich mir meine Tasche und verließ direkt nach dem Frühstück das Haus. Ich hoffte, dass es meine Kolleginnen nicht stören würde, wenn ich ausnahmsweise mal früher mit meiner Arbeit begann. Denn ich würde Zuhause noch verrückt werden.
Auch wenn ich nicht wirklich mit Protesten gerechnet hatte, hätte ich nicht gedacht, dass man mich breit lächelnd empfangen würde. Dann sah ich die ganzen Kartons hinter dem Thresen und mir wurde bewusst, warum man sich wirklich freute mich zu sehen. Meine lieben Kolleginnen waren nun einmal nicht mehr die Jüngsten und so verabscheuten ihre Knochen die Aufgabe neue Bücher zu kartalogisieren und schlussendlich in die Regale zu verstauen.
Was mich wirklich verwunderte, war die Tatsache, dass es zwei große Kartons Bücher einzusortieren gab.
Eher lustlos machte ich mich an meine Aufgabe. Ich wusste genau, was ich tat und verfiel immer wieder in einen Trott. Buch nehmen, auf den Rücken drehen, Zahlenkombination abscannen, Regal abspeichern und das Buch in den Kasten neben mir legen. Es war wirklich nicht die anspruchsvollste Aufgabe, doch ich sah sie positiv. Irgendwie half mir die Aufgabe meine Gedanken abzustellen. Ich dachte kein einziges Mal mehr über die Verhaftung nach, zumindest nicht häufiger als vier Mal und das in drei Stunden. Als ich noch im Ostviertel war, hatte ich viermal in einer halben Stunde an sie gedacht.
Meine Sicht war durch den eintönigen Ausblick eher verschwommen und ich hatte Angst, dass ich irgendwann einfach einschlafen würde. Deswegen entschied ich mich dafür eine Pause von fünf Minuten einzulegen.
Diese Zeit nutzte ich um schon einmal ein paar der Bücher an ihren neuen Platz zu sortieren. In meiner Hand hielt ich das kleine Tablet, welches mir anzeigte, wo welches Buch hinsollte.
Plötzlich meinte ich die Kombinationen in dieser Form schon einmal vor kurzer Zeit gesehen zu haben. Doch wirklich sicher war ich mir nicht. Immerhin war es nicht das erste Mal, dass ich neue Bücher an ihren Platz stellte und ich könnte mich auch irren, trotzdem entschied ich mich dazu, dass ich mich zumindest einmal vergewissern konnte.
Meine Finger tauchten in meine Tasche und ich holte das Papier aus dem Büro meines Vaters hervor. Kritisch betrachtete ich die Schrift und verglich sie mit der Form der Kombinationen auf dem Bildschirm in meiner anderen Hand.
Ich hatte Recht gehabt. Einer der Zahlencodes auf dem Papier war vom Aufbau her wirklich denen auf dem Tablet sehr ähnlich. Nur die Zahlen waren anders. Aber die Buchstaben waren im Groben die selben und an der vollkommen selben Stelle im Code zu finden. Ich war verwundert.
Gespannt ließ ich die neuen Bücher, welche ich vor ein paar Minuten an ihren zukünftigen Platz stellen wollte, einfach Bücher sein und wendete mich wieder dem PC zu. Ich wählte die Suchfunktion aus und tippte den Code von dem Papier ab. Es dauerte ein bisschen, bis ein Ergebnis angezeigt wurde, doch tatsächlich gehörten die Zahlen und Buchstaben zu einem Buch aus der Stadtbibliothek.
Fast stolperte ich über meine eigenen Füße als ich vom Stuhl aufsprang und zu dem genannten Regal rannte. Mir war dabei sehr wohl bewusst, dass dies nicht wirklich dem korrekte Verhalten in einer Bibliothek entsprach, doch ausnahmsweise interessierte es mich nicht.
Meine Augen huschten über die Regale. Schlussendlich stand ich ganz am Ende des Raumes vor dem wohl am meisten versteckten Bücherregal. Hier sollte sich das Buch befinden. Meine Fingerspitzen strichen über die Buchrücken und immer mal wieder verharrte ich bei einem. Doch eigentlich suchte ich nur nach genau einem ganz Bestimmten.
Dieses fand ich schlussendlich ganz versteckt in auf dem untersten Regalbrett stehen. Aufgeregt zog ich es hervor und noch bevor ich es aufschlagen konnte, fiel mir etwas entgegen. Dieses Etwas stellte sich als eine Karte heraus. Erst verstand ich nicht wirklich, was sie darstellte, dann meinte ich eine der Zeichnungen zu erkennen. Nach längerem Betrachten war ich mir dann sicher. Diese Karte war eine detaillierte Karte zum Aufbau des Turmes.
Ich war mir sicher, dass dies die Sache war, welche wirklich hinter dem geheimen Code steckte, denn das Buch selbst war einfach nur langweilig. Schnell stellte ich es zurück und huschte zurück zu meiner Tasche. Unauffällig ließ ich die schon ältere Karte in meine Tasche verschwinden.
Irgendwie hatte ich das Gefühl nun schon ein ganzes Stück weiter zu sein. Dennoch hatte ich leider gestern das wichtigste Bestandteil meines Planes verloren, doch schon gestern hatte ich einen Entschluss gefasst. Ich würde Miles irgendwie retten, dies war ich ihm schuldig nach den vielen Malen, die er mich schon gerettet hatte.
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Paradise
Science FictionWie sieht das Paradies aus? Ich kann es euch sagen. Im Paradies gibt es genau fünf Regeln. Brichts du eine davon, dann verschwindest du aus unseren Reihen. Diese Regeln machen das Paradies aus. Sie machen es perfekt. Kein Ort der Welt ist so wie uns...