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Das Wasser rauscht und die Gischt schäumt um das Bug der Fähre auf der ich mich befinde. Über mir ziehen einige Möwen ihre Kreise, und hin und wieder kann man in der Ferne einige Umrisse von anderen Schiffen  oder irgendwelches Land erkennen.

Gelangweilt stehe ich an der Reling und starre aufs Wasser, während ich jegliches Geräusch meiner Umwelt mit meiner Musik übertöne, welche mir über meine Kopfhörer in die Ohren dröhnt.

Mir ist eigentlich herzlich egal was um mich herum geschieht. Wenn es nach mir gehen würde, wäre ich jetzt nicht mal hier! Ich habe kein Bock meine gesamten Ferien in der Einöde so einer beschissenen Insel zu verbringe, nur weil meine Mutter meinte ich würde dort mal etwas zur Ruhe kommen.

Ich will keine Ruhe, Ruhe ist gerade das letzte was ich brauche! Aber na gut, dann besuche ich eben mal wieder meine Tante und ihre schräge Familie. Hab ja anscheinend sonst nichts besseres zu tun.

Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich wieder festen Boden unter den Füßen habe, werde ich herzlich von meinen Verwandten begrüßt, und sitze kurz darauf in deren Auto auf dem Weg zu ihrem Strandhaus.

Erst als ich den Hof betrete nehme ich die Kopfhörer aus meinen Gehörgängen um freudestrahlend den Hund zu begrüßen der bellend auf mich zu gerannt kommt.

Achja, wie sehr ich dieses riesige Fellkneul vermisst habe. Grinsend kraul ich den Schäferhundmix und mache mich mit ihm langsam auf den Weg zum Haus.

Es ist ein altes Landhaus, welches sich schon seit Ewigkeiten schon in Familienbesitz befindet. Meine Mutter und Tante sind damals hier aufgewachsen, und als meine Großeltern starben brach ein fetter Krieg zwischen den Beiden wegen dem Erbe aus. Aber am Ende ist meine Mutter ihrer großen Liebe, meinem Leiblichen Vater, aufs Festland gefolgt. Wo sie mich gezeugt haben und er sich zwei Jahre später wieder verpisst hat, wuhu~

Früher habe ich beinahe jede Ferien hier verbracht, obwohl es hier nie wirklich andere Kinder zum Spielen gab, ich wahr wohl schon immer mehr der Einzelgänger.

,, Jungkook? Bringst du bitte kurz deine Sachen nach oben und hilfst dann deinem Onkel im Garten?", langsam drehe ich mich zu meiner Tante um, die mir meine Tasche reicht und mich fröhlich anlächelt.

,, Ja.", antworte ich knapp, greife nach der Tasche und ignoriere den besorgten Blick ihrerseits der auf mir liegt, als ich das Haus betrete. Schnell wandere ich die Treppe hinauf in mein Zimmer, es sieht noch genauso aus wie ich es in Erinnerung habe. Die gleichen Regale, die gleichen Bilder an der Wand, der gleiche Schreibtisch, der gleiche Kleiderschrank und der gleiche tolle Ausblick auf den Strand. Alles ist gleich, außer dass das Bett frisch bezogen ist. Oh man, dabei ist mein letzter Inselbesuch schon fünf Jahre her.

Lieblos schmeiße ich meine Tasche auf das alte Bett und gehe wieder nach draußen zu meinem Onkel, ins Rosenbeet hinterm Haus. 

,, Ah, gut das du kommst. Kannst du mir die Heckenschere aus dem Schuppen holen?", fragt er lieb und deutet mit einem Blick zu dem windschiefen Bretterhaufen in der hintersten Ecke des Gartens.

Mit einem genervten seufzen mache ich mich auf den Weg dort hin. Der Typ hat drei Söhne, wieso schickt er keinen von denen da hin? Apropro... wo sind die kleinen Mistkäfer eigentlich?

Nachdem ich den halben, liebevoll genannten Schuppen, durchsucht habe, werde ich endlich fündig und bringe die Heckenschere zum gewünschten Ziel.

,, Danke.", sagt mein Onkel knapp als er sie entgegen nimmt, und sich gleich daran macht die Rosenbüsche zu stutzen.

,, Wo hast du eigentlich deine Kinder gelassen?", frage ich während ich mir die Hände in die Hosentaschen stecke und ihm bei seiner Arbeit zu sehe.

,, Die sind noch bis heute Abend bei ihren Freunden, schade das du als Kind hier nicht die Möglichkeiten hattest.", sagt er lieb und lächelt mich sogar an, was selbst mir ein kleines Lächeln auf die Lippen zaubert.

,, Kann schon sein, aber die Ruhe war auch schön.", gebe ich zu und hocke mich neben ihn ins Beet. ,, Hilfst du mir?", fragt er dann und reicht mir eine kleinere Rosenschere, mit dem Auftrag einige hübsche für das Esszimmer raus zu suchen.

Nach einer Weile kommt dann auch meine Tante in den Garten und stellt ein Tablett mit Limonade und Kuchen auf einen kleinen Holztisch um den einige Klappstühle gestellt sind. ,, Jungkook, es ist gleich fünfzehn Uhr, du musst deine Tabletten nehmen~", ruft sie mir lieb zu.

Doch ich verdrehe nur genervt die Augen: ,, Ich nehme die Scheiße schon seit mindestens zwei Monaten nicht mehr Tante Kassi...", meckere ich vor mich hin. Die Rede ist von meinen Beruhigungsmitteln, Antidepressiva oder Umgangssprachlich Scheißegal-Tabletten.

,, Oh tut mir leid... das wusste ich nicht...", nuschelt sie leise aber immer noch verständlich. Aber ich reagiere einfach nicht weiter drauf und lege die Rosenschere beiseite. ,, Kommt ihr dann Kuchen essen?", fragt sie um anscheinend schnell das Thema zu wechseln.

Sofort lässt mein Onkel alles stehen und liegen um sich zu ihr an den Tisch zu gesellen, doch ich schnappe mir erst den Bündel Rosen den ich gerade noch sorgfältig heraus gesucht habe. ,, Ich bringe die erst rein. Fangt schon mal ohne mich an.", sage ich trocken und gehe dann rein um die Blumen in eine Vase zu stellen. 

Eine Weile lang betrachte ich sie und zupfe einige Blütenblätter zurecht, bis ich Stimmen durch die offene Terrassentür des Wohnzimmers höre.

,, Ich weiß einfach nicht wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll... ich meine er könnte jeder Zeit rückfällig werden...", höre ich meine Tante besorgt und schleiche mich langsam dahin um mich dann etwas hinter dem Vorhang zu verstecken und das Gespräch zu belauschen.

,, Du weißt doch wie schwer er es hat Anschluss zu finden Liebling, lass ihn einfach machen. Er weiß selbst was am Besten für ihn ist.", versucht sie mein Onkel zu beruhigen, wenigstens einer der mich versteht.

,, Und wo runter willst du dann seine Depression abstempeln? Ich mache mir einfach Sorgen um ihn... er wirkt schon den ganzen Tag so nieder geschlagen und abweisend."

,, Versuche doch einfach normal mit ihm zu reden, genau so wie früher. Vorhin hat er sogar schon gelächelt. Er ist trotz allem unser kleiner Kookie, und es hilft ihm nicht wenn wir ihn wegen seiner Probleme in Watte verpacken.", redet mein Onkel weiter auf sie ein. ,, Außerdem hat ihn Sahra doch extra hier her geschickt um mal Abstand von allem zu bekommen, also konfrontiere ihn nicht die ganze Zeit damit."

,, Aber die Psychologen meinen doch immer noch dass er labil sei...",  seufzt sie, doch ich werde sauer.

Ich kann es langsam nicht mehr hören! Jeder, aber auch außnahmslos jeder denkt von mir ich würde gleich von der nächsten Brücke springen, wenn er mich auch nur falsch ansieht! Wieso? Ich bin doch auch nur ein Mensch!

Wütend verlasse ich mein Versteck und stürme durch das Erdgeschoss, um frustriert die Haustür hinter mir zu zu knallen und aufs Meer zu zu gehen.

Die können mich alle mal! Und ich dachte es könnte vielleicht doch mal ganz entspannt sein wieder hier zu sein. Weg von allen die es immer besser wissen, von denen die mir ständig sagen wie ich mit meinen Gefühlen um zu gehen habe die in mir brodeln und vor allem von den Blicken die sich vor allem hinter meinem Rücken in mich hineinbohren!

Ich hasse es! 

After LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt