After Life

30

,, Jungkook? Was redest du da? Und was war das gerade?", fragt Jimin besorgt, aber dennoch verwirrt.

,, I-ich habe ihn umgebracht Jimin...", sage ich etwas lauter, aber mit sehr wackeliger Stimme.

,, Also wenn du mich fragst, sah es ziemlich deutlich nach Selbstmord aus.", antwortet er und legt den Kopf leicht schief.

,, Du verstehst es nicht! Er hat noch versucht sich helfen zu lassen! Aber ich war nicht für ihn da als er mich brauchte... ich bin Schuld das er tot ist!", jammere ich und lasse mich nach hinten in den Sand fallen.

Wieso? Wieso werde ich so vom Tod verfolgt?

,, Ich kann dir leider nicht wirklich folgen... und leider komme ich auch nicht an dich heran.", meint er und versucht etwas dichter zu kommen.

Aber ich kann nicht wirklich reagieren. Ich kann mich verstehen wieso ich es verdrängt habe, diese Schmerzen in der Brust und auf der Seele sind unerträglich.

Dieses beengende Gefühl was deine Atmung erschwert, dann dieser Stechende Schmerz der nie aufhört deinen Körper zu durchbohren und man weiß nicht wie man sich davon befreien soll.

Es ist einfach alles zu viel für mich, viel zu viel als das ich es zur Zeit vertrage.

Tief in meinem Kummer und Gedanken versunken, bekomme ich von der Außenwelt nicht viel mit, bis sich zwei starke Arme um mich schlingen, und ein Kopf auf meine Schulter Platz findet.

,, Ich bin bei dir Kookie~", sagt Jimin ruhig, und ich kann nicht anders als ebenfalls meine Arme um ihn zu schlingen, was ihn leicht lächeln lässt, und sagt: ,, Wenn du darüber reden willst, ich habe immer ein offenes Ohr für dich~"

,, Danke.", nuschle ich leise und versuche immer noch meine Realitäten zu sortieren. Man bekommt ja nun nicht jeden Tag mit das man sich etwas eingebildet hat, und sich dein Wunschdenken mit deiner eigentlichen Wirklichkeit vermischt.

Aber irgendwie fällt es mir gerade viel leichter den Moment zu fühlen.

Ich weiß nicht genau wie ich es beschreiben soll, sonst kommt es einem immer so vor, als würde das Leben wie ein Schnellzug an einem vorbeirauschen, ohne Halt und ohne zu wissen was er für Güter mit sich trägt. Aber gerade fühlt es sich alles still an, als hätte man die Zeit angehalten und du hast einer der wenigen Chancen endlich mal genau alles zu betrachten was um dich herum geschieht.

,, Minho ist mein Cousin gewesen.", sage ich nach einer gefühlten Ewigkeit des Schweigens, weshalb Jimin seinen Kopf anhebt und mich überrascht ansieht.

,, Wir wussten schon lange das er früh Probleme mit sich und der Welt hatte, aber keiner hätte gedacht das er so verzweifelt war.", erzähle ich weiter, mit einer gewissen kühle in meiner Stimme, am liebsten würde ich es sofort wieder von mir stoßen und eine unzerstörbare Mauer um mich bauen.

,, Und wieso hast du es dann nicht mehr gewusst?", fragt er verwirrt.

,, Ich habe es ganz einfach verdrängt. Immerhin hatte ich nun noch einen Tod zu verarbeiten, und diesen hätte ich sogar vielleicht verhindern können..."

,, Inwiefern? Hat das was mit dieser... wie heißt das... SMS zu tun?", fragt er worauf hin ich nur nicke.

,, Kurz vor seinem Tod hat er mir eine Nachricht geschickt, die eindeutig ein Hilfeschrei war.", sage ich und starre in den Sternenhimmel hinauf.

Irgendwie kann ich jetzt die Angst meiner Tante etwas nachvollziehen, immerhin hat sie schon ein depressives Kind verloren, wer also versichert ihre das es nicht noch ein Zweites wird.

,, Und wieso hast du nicht geantwortet?", fragt Jimin und streicht mir einige Haarsträhnen zurück.

,, Weil mir meine Mutter zwei Tage davor mein Handy abgenommen hat, nur weil ich mich geweigert habe zu meiner Psychologin zu gehen.", seufze ich und sehe nun wieder zu ihm.

,, Wieso hast du dich denn geweigert? Ich dachte solche Menschen helfen Menschen wie dir.",  verwirrt mustert er mich.

,, Weil ich die einfach nicht leiden kann. Ich weiß genau das sie mich schon längst abgeschrieben hat und mich nur noch da behält wegen dem persönlichen Wunsch meiner Mutter...", entgegne ich, und bei dem Gedanken an dieses Miststück mit ihrer ach so tollen Praxis mit ihren ach so tollen Referenzen, könnte ich direkt kotzen.

,, Ich glaube wenn du nicht immer vor deinen Problemen davon laufen würdest, dann würdest du diese Frau nicht brauchen.", sagt er ernst und löst sich langsam von mir und setzt sich auf.

,, Was meinst du damit?"

,, Ganz einfach, du bist ein typischer Läufer, ein schlimmes Erlebnis ist der Startschuss, und desto mehr Probleme dazu kommen, desto schneller läufst du. Für den ersten Moment scheint es dir vielleicht auch zu helfen, aber glaub mir, eines Tages läufst du ins Ziel, und fällst dann einfach um, und am Ende hat es dir nichts weiter gebracht als nur noch mehr Schmerz."

,, Stimmt doch gar nicht. Ich laufe schon lange nicht mehr weg!", versuche ich mich zu verteidigen und setze mich ebenfalls wieder hin.

,, Achja? Du hast den Suizid deines eigenen Cousins verdrängt.", erwidert er und sieht mich skeptisch an, weshalb ich verstumme.

Irgendwo scheint er ja vielleicht recht zu haben, aber das heißt noch lange nicht das man mich deshalb über einen Kamm scheren kann.

,, Das ist doch noch lange kein Beweis.", nuschle ich empört und er seufzt nur.

,, Na gut, dann nehmen wir den Tod deines besten Freundes.", fängt er an, und ich unterbreche ihn direkt: ,, Fang jetzt bloß nicht davon an!"

,, Siehst du, du läufst schon wieder weg! Du verdrängst es, und in Momenten wie diesen wird alles über dich herein brechen, und das wird bis zu deinem Tod so weiter gehn.", stellt Jimin fest und legt mit einen Arm um meine Schultern.

,, Ich weiß das es weh tut Jungkook, aber der Schmerz ist ein Beweis dafür das du etwas Schönes verloren hast, das er wirklich da war. Willst du wirklich alles schöne vergessen, nur weil du die Schmerzen der Trauer nicht verträgst? Trauer geht vorrüber, und das was am Ende bleibt, sind immer noch die schönen Momente.", erklärt er ruhig weshalb ich seufzen muss.

Er hat Recht... wie konnte ich nur so blöd sein? Mittlerweile habe ich Ihn mir selbst als eine Feindfigur hingestellt, nur um nicht trauern zu müssen, aber ich denke... es wird Zeit ihn los zu lassen, so schwer es auch fällt.