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Völlig überfordert mit der Frage verkrampfe ich mich etwas. Ich weiß einfach nicht was ich darauf sagen soll.

Im Allgemeinen steht die Antwort schon längst fest, aber wie soll ich es formulieren? Und vor allem so das sie es auch einsieht?

,, Was würde denn in deinen Augen eine schlechte Mutter ausmachen?", frage ich im Gegenzug und sehe sie sanft an.

,, Ich wüsste einfach nur gerne wieso er das getan hat.", jammert sie leise und ich sehe wie sehr sie gerade gegen ihre Tränen ankämpft.

,, Hat er nichts hinterlassen?", frage ich leise woraufhin sie nur den Kopf schüttelt: ,, Wir haben zumindestens nichts gefunden..."

,, Wieso weinst du nicht?", auf meine Frage hin sieht sie mich verwirrt an: ,, Wie meinst du das?"

,, Ich sehe das du dagegen ankämpfst, aber wieso?", daraufhin sagt sie nichts mehr und schaut einfach zur Seite.

Sie ist eine Jeon durch und durch, zu stolz oder stark um Schwäche zu zeigen.

,, Tante Kassie, du bist einer der stärksten Frauen die ich kenne. In meinem ganzen Leben habe ich dich erst ein einziges Mal weinen sehen, und das sogar nur gehört, und das war letztes Jahr am Telefon als du uns mitgeteilt hast was passiert ist. Aber weinen ist keine Schwäche, das habe ich in der Klinik gelernt... ich wollte auch nie weinen, vor allem nicht wenn andere in der Nähe waren. Aber manchmal sind Tränen das beste Wundpflaster.", sage ich und streiche ihr sanft über den Rücken.

Und meine Worte bleiben nicht ohne Wirkung. Schluchzend dreht sie sich wieder zu mir und vergräbt ihr Gesicht in meiner Schulter, während ich meine Arme um sie schlinge.

So eng habe ich mich lange nicht mehr mit ihr verbunden gefühlt, und das ich sie jemals weinen sehe... also das ist nun wirklich ein Wunder.

Eine ganze Weile bleiben wir in dieser Position, erst als sie sich wieder etwas beruhigt hat löst sie sich leicht von mir und ich wische mit dem Daumen einige Tränen von ihrer Wange.

,, Seit wann kannst du denn so gut mit Worten?", fragt sie schniefend und streicht sich ihre Haare zurück.

,,Habe ich alles in der Klinik gelernt, vor allem Namjoon war mein Lehrmeister.", schmunzle ich.

,, Es ist unheimlich zu sehen wie erwachsen du geworden bist Kookie... für mich steckst du immer noch in den Windeln, und aufeinmal bist du dieser stattliche junge Mann...", sagt sie leise und lächelt leicht: ,, Du bist wie ein Sohn für mich~"

Bei ihren Worten muss ich ebenfalls lächeln, es stimmt ja. Meine Mutter hat mich früher oft hier abgegeben, seit ich sitzen konnte wurde ich immer her gebracht wenn es bei ihr wieder turbulent wurde, also ist meine Tante einer der wichtigsten Bezugspersonen in meinem Leben.

,, Und du wie meine zweite Mutter~"

,, Danke~", sagt sie glücklich und nimmt mich fest in den Arm: ,, Wollen wir gleich wieder zurück?"

,, Ich wollte eigentliche noch ein bisschen zum Strand...", sage ich vorsichtig.

,, Nicht schlimm~ ich weiß das du dort gerne bist.", antwortet sie verständnisvoll und gemeinsam stehen wir langsam auf.

,, Kassi?", frage ich vorsichtig worauf sie nur mit einem Mh antwortet.

,, Ich weiß es passt überhaupt nicht zum Thema, aber kann ich dich etwas fragen?"

,, Sicher, worum geht es denn?"

,, Was ist vor fünf Jahren am Strand passiert?"

,, Fünf Jahren? Ähm... das warst du..."

,, 14", sage ich schnell um ihren Denkprozess etwas zu beschleunigen.

Verwirrt runzelt sie ihre Stirn. ,, Wieso willst du das wissen?"

,, Wieso nicht? Jemand hat bei mir nachgefragt, und weil es mich neugierig gemacht hat, habe ich gedacht du wüsstest etwas darüber.", antworte ich schulterzuckend.

,, Ich denke darüber sprechen wir ein andern Mal... ok?", in diesem Satz wird sie immer leiser.

,, Ok, aber versprich mir es nicht unnötig auf zu schieben.", sage ich und halte ihr den kleinen Finger hin.

Früher wenn meine Tante und ich und etwas versprochen haben, haben wir das immer mit dem kleinen Finger Schwur gemacht, das ist irgendwie zu unserem Ding geworden.

Schmunzelnd harkt sie mit ihrem Finger ein: ,, Versprochen~"

Danach begleite ich sie noch bis vor das Tor und von dort aus trennen sich unsere Wege.

Sie geht wieder nach Hause, während ich mich langsam auf den Weg zum Strand mache.

Immerhin bin ich Jimin eine Berichterstattung schuldig, und ich würde auch gerne wissen wieso er mich alleine am Strand zurück gelassen hat.

Ich machte es mir wieder am dene der Felformation bequem und steckte mir meine Kopfhörer in die Ohren, wenn er da ist und mit mir reden will wirs er sich schon bemerkbar machen.

Doch egal wie lange ich im Endeffekt da gesessen und gewartet habe, er kam nicht.

Ich war nur ein mal kurz zuhause gewesen um etwas zu essen und mein Handy auf zu laden.

Aber als ich wieder dort saß und wartete, passierte wieder nichts.

Es dämmert schon leicht als ich enttäuscht aufseufze und mir meine Kopfhörer aus den Ohren ziehe.

Ich hätte nie gedacht das ich mal so enttäuscht sein würde ihn nicht zu sehen, und das obwohl ich ihn für eine Halluzination gehalten habe.

Wenn er nicht sogar einer ist. Immer hin ist es schon seltsam das er nicht auftaucht.

Ich hoffe einfach für ihn das er eine gute Erklärung hat wenn ich ihn das nächste mal sehe, denn immerhin hätte ich ihn heute wirklich gebraucht.

Man sieht ja nicht jeden Tag seine Tante weinend vor sich in seinen Armen liegen oder das Grab seines Cousins, wo dir erst vor einem Tag wieder eingefallen ist das er sich umgebracht hat.

Lustlos knalle ich die Haustür hinter mir zu und ignoriere die Blicke meiner Familie während ich langsam nach oben schlurfe.

Ich lächle nicht mal als mir mein kleiner Choi entgegen kommt: ,, Jungkookie~ kannst du wieder mit mir spielen?", fragt er aufgeregt, doch ich winke ab mit den Worten: ,, Jetzt nicht Choi.", die ich monoton ausspreche bevor ich meine Zimmertür hinter mir schließe.

Ich will an niemandem meine schlechte Laune auslassen, und vor allem nicht an Choi.

Also ist es wohl besser einfach im Zimmer zu bleiben und sich hier die Zeit irgendwie zu vertreiben. Irgendwas wird sich schon finden lassen, und wenn ich eben mein Zimmer aufräume.

Ich will einfach nicht an Jimin denken, vor allem da ich mir mehr Sorgen als alles andere mache.

After LifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt