Kapitel Sechsundzwanzig ~ Zigaretten, Bierdosen und Energydrinks

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Am nächsten Morgen wache ich auf, mit dem tiefen Wunsch nie wieder einen Tropfen Alkohol zu trinken. Die Sonne scheint durch die schmalen Ritzen der Jalousien, als wollte sie mich sanft wecken. Es ist friedlich an diesem Samstagmorgen und beinahe glaube ich, dieses Gefühl lange nicht mehr verspürt zu haben. Es fühlt sich an, als wäre ich das erste Mal seit Wochen wieder entspannt und ausgeglichen.

Meine Augen wandern zu dem Wecker auf dem Nachttisch. Es ist gerade mal halb neun. Ich hätte noch mehr Schlaf vertragen können, auch wenn ich mich ausgeruht fühle.

Langsam drehe ich meinen Kopf in die andere Richtung des Bettes, wo Noah schläft. Die Lippen leicht geöffnet atmet er gleichmäßig ein und aus. Sein Arm liegt auf meinem Bauch, als hätte er mich die ganze Nacht festgehalten. Weil mein Mund Staub trocken ist, bleibt mir nichts anderes übrig als aufzustehen, obwohl es mir lieber wäre liegen zu bleiben und Noah weiterhin zu beobachten. Er sieht friedlich aus, fast schon als könnte ihm nichts und niemand etwas anhaben.

Während ich leise auf seinem Schlafzimmer schleiche, um mir in der Küche ein Glas Wasser zu holen, fange ich auch schon wieder an zu grübeln. Wir sind kein Paar, oder? Wenn dem so wäre, hätte Noah etwas gesagt. Er müsste etwas sagen, oder nicht? Ich weiß trotzdem langen Gespräch letzte Nacht, nicht was er wirklich fühlt und was in ihm vorgeht. So schnell wie Noah sich öffnet, so schnell verschließt er sich auch wieder.

Das erste Glas trinke ich sofort komplett aus, ohne nur einmal abzusetzen. Wenn ich jetzt wüsste, wo Noah seine Aspirin lagert, würde ich mir gleich zwei davon intravenös verabreichen, denn in meinem Kopf hämmert es erbarmungslos. Die Stille, die im Apartment liegt, mag für meine Schmerzen angenehm sein, für meine rotierenden Gedanken ist sie allerdings sehr unpassend.

Wenn Noah in uns nur Freunde sehen würde, dann hätte er mich doch wieder auf dem Sofa schlafen lassen. Oder? Und selbst wenn er nur nett sein wollte, dann hätte er sich doch niemals zu mir in sein Bett gelegt? Grübelnd setze ich mich an die gleiche Stelle, an der ich letzte Nacht saß. Den Sonnenaufgang habe ich verpasst, dafür bietet sich mir eine Stadt, die wirkt, als hätte sie überhaupt nicht geschlafen.

Will ich überhaupt so etwas wie ein Paar sein? Ich mag Noah, aber ich bin mir nicht sicher wie tief diese Gefühle wirklich gehen. Und am Ende möchte ich nicht diejenige sein, die verletzt. Ebenso wenig möchte ich die sein, die verletzt wird.

Mein zweites Glas Wasser geht wesentlich schwerer runter, als das erste. Dabei weiß ich, dass mein Körper dehydriert ist und es mehr als nötig hat mit ausreichend Wasser versorgt zu werden.

Ich schiebe meine Haare nach hinten, weil sie in meinem Gesicht stören und sehe weiter aus dem Fenster. Immer wieder drängen sich Menschen über die Ampel, weil sie es rechtzeitig schaffen wollen, bevor das rote Männchen, das grüne ersetzt. Es ist beruhigend, dass alles von oben zu beobachten und nicht Teil vom großen Ganzen zu sein.

„Guten Morgen", flüstere ich leise ohne meinen Blick von der hektischen Stadt zu nehmen. Ich kann Noahs leise Schritte schon von weitem hören. Einen Moment lang kommt nichts von ihm zurück, weshalb ich dann doch meinen Kopf in seine Richtung drehe. Er steht mit Boxershorts und Shirt in der Küche um sich etwas zu trinken zu holen. Meine Augen bleiben unweigerlich an ihm hängen, es ist mir nicht möglich wegzusehen.

„Dein Lieblingsplatz, huh?" Noah zieht eine Augenbraue nach oben und grinst mich schelmisch an. Meine Beine sind schon taub, weil ich zu lange im Schneidersitz gesessen habe, sie kribbeln unangenehm als ich aufstehe.

„Es macht Spaß, das alles von oben zu betrachten", gebe ich zu und laufe Noah nach, der wieder in der Küche verschwindet.

Er stellt sein Glas in die schwarze Spüle, dreht sich zu mir um und lehnt sich an der Ablage an. Seine blonden Haare liegen unordentlich auf seinem Kopf und obwohl ich gerne sagen würde,

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