Kapitel Einundfünfzig ~ Mitten ins Schwarze

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Pünktlich um acht Uhr stehe ich vor Noahs Apartment. Mittlerweile habe ich mich fast schon daran gewöhnt, das hier nur Menschen mit Geld wohnen und das alles so teuer aussieht.

Ich habe nicht vor ihm von meiner Begegnung zu erzählen. Letztendlich ist sie nicht von Bedeutung und erstaunlicherweise, war es nach einer Weile ganz angenehm. Jane wirkte so glücklich und gelassen, dass ich nicht anders konnte, als mich von ihrer Laune mitreißen zu lassen. Bailey war trotzdem die ganze Zeit über distanziert, hat kaum gesprochen und wenn doch, dann mit Kyle.

Noah öffnet mir lächelnd die Tür und küsst mich auf die Wange.

„Du brauchst deinen eigenen Schlüssel", sagt er, bevor ich ihn überhaupt begrüßen kann. Ich ziehe meine Jacke und meine Schuhe aus und folge ihm in die Küche. „Ist das nicht ... Früh?", mir fallen die richtigen Worte nicht ein, doch hoffentlich nimmt Noah das, was ich sage nicht zu ernst. Ihn scheint es zu amüsieren, dass ich so überrascht wirke. „Du bist so oft hier", schulterzuckend gibt er mir ein Glas Wasser. Ich sehe in Richtung des Esstisches, auf dem schon das Essen steht. Skeptisch beäuge ich, die bereits gefüllten Teller.

„Du hast doch bestellt?" Lachend setze ich mich an den Tisch. „Vielleicht", antwortet er grinsend. Dabei ist es viel zu offensichtlich, denn das, was auf unserem Teller liegt ist Pizza und etwas Salat. „Okay..", ich atme tief ein, was ihn etwas verunsichert. „Nummer eins: Ich esse Pizza viel lieber aus der Schachtel und Nummer zwei: Wer Pizza isst, braucht dazu keinen Salat." Lachend trinke ich mein Wasser aus. Es ist süß, wie er sich immer wieder Mühe gibt, das Essen gut aussehen zu lassen. Manchmal habe ich das Gefühl, er vergisst, dass ich nichts, von dem brauche, dass andere von ihm erwarten würden.

„Verstanden", er stimmt in mein Lachen mit ein. Mein Blick fällt auf die Weingläser und ich muss unweigerlich daran denken, dass ich ihm nie gesagt habe, dass mir Rotwein lieber ist. Er hat es einfach gewusst und Niklas nicht. Obwohl es nicht richtig ist Noah mit ihm zu vergleichen, kann ich mir nicht helfen.

„Ist alles in Ordnung?", Noah mustert mich mit gerunzelter Stirn. „Alles gut", bestätige ich und beiße von der Pizza ab.

Am nächsten Morgen muss Noah weg und das, obwohl es Samstag ist. Er sagt, er hat ein Gespräch mit einem Kunden, das er nicht verschieben kann. Grummelnd atme ich in mein Kissen, er soll hier bleiben und mit mir das Wochenende im Bett verbringen. „Ich bin in ein paar Stunden wieder da", versichert er mir und küsst mich auf die Stirn. Dabei tropft das Wasser seiner nassen Haare in mein Gesicht.

Obwohl er sagt, dass es ein Kunde ist, zieht er sich erstaunlich bequem an. Statt der Anzughose trägt er eine Jeans, die ihm perfekt um die Hüften liegt, ein Hemd und ein lockeres Jackett. Ich beobachte ihn ungeniert dabei, wie er sich fertig anzieht und die Haare macht.

„Du kannst das auch wieder ausziehen und kommst zurück ins Bett", meckere ich und setze mich auf. Ich muss aussehen wie eine Vogelscheuche, doch Noah interessiert das nicht im geringsten.

„Später", murmelt er belustigt und drückt mir noch einen Kuss auf den Mundwinkel.

Kurze Zeit später verschwindet er auch schon nach draußen. Als ich höre, wie die Tür wieder ins Schloss fällt, lasse ich mich zurück in mein Kissen sinken. Es ist zu früh um wach zu sein und zu früh um einem Samstag aufzustehen. Ich greife nach meinem Handy und schaue meine Nachrichten durch. Mein Blick fällt auf Mias Nummer und mir wird bewusst, das ich mich seit Ewigkeiten nicht mehr bei ihr gemeldet habe. Schlechtes Gewissen kriecht in mir auf, also beschließe ich, sie später noch anzurufen und ihr alles zu erzählen was passiert ist.

Anstatt im Bett liegenzubleiben, schlage ich die warme Decke weg und laufe ins Badezimmer. Jeder, der hier reinkommt, würde denken, dass ich hier wohne. Zwei Zahnbürsten stecken in dem Becher. Überall liegen meine Haargummis und Klammern. Mein Parfüm steht neben Noahs, ja selbst meine Kulturtasche ist unnötig, denn es steht bereits alles auf der Fensterbank.

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