Kapitel Vierzig ~ Drei Worte und ihre Auswirkungen

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„Wo warst du?", Noah sieht mich besorgt an, als er mir die Tür öffnet. Schulterzuckend lege ich meine Jacke und meine Tasche ab. Das Treffen steckt mir noch immer tief in den Knochen und auch das befreiende Gefühl, als ich das Geld dem Krankenhaus übergeben habe, hat nichts besser gemacht. „Eine Rechnung bezahlt", antworte ich.

„Und wo kommt das her?", er zeigt skeptisch auf die bläulichen Abdrücke an meinem Unterarm. Ich hadere einen Moment mit mir selbst, bevor ich eine Antwort geben kann.

„Gestoßen oder so", antworte ich ausweichend.

Ich bereue es, dass ich überhaupt erst meine Jacke ausgezogen habe. Natürlich sind mir die Flecken aufgefallen. Allerdings dachte ich nicht, dass man überhaupt etwas sehen würde denn normalerweise bin ich nicht anfällig für blaue Flecken.

„Sag die Wahrheit", Noah sieht mich mit ernster Miene an. „Das sind nur ein paar blaue Flecken. Reg dich ab."

Ohne ihn und seine Bemerkungen weiter zu beachten gehe ich in die Küche. Ich brauche Alkohol, irgendetwas das mich jetzt ablenkt. Ich sehe die halb offene Flasche Scotch und muss an die Frau aus der Bar denken. Du siehst nicht aus wie ein Scotch-Mädchen.

Ich nehme das Glas, von dem ich ausgehe, dass es Noahs ist, und fülle es zur Hälfte. So schnell wie es voll ist, so schnell ist es auch wieder leer. Der Scotch brennt in meinem Hals, angewidert verziehe ich das Gesicht. Nur noch ein Glas, dann gehe ich ins Bett.

„Seit wann trinkst du harten Alkohol?", Noah kommt um die Kücheninsel gelaufen und nimmt mir die Flasche aus der Hand, bevor ich das Glas wieder füllen kann. Seine Augen durchlöchern mich während ich seufzend eine Haarsträhne nach hinten schiebe.

Meine Gedanken wandern zu dem Abend an der Bar. Die hübsche Frau taucht wieder vor mir auf. Sie hieß Lydia. Und dann ist da Jerry. Und Bailey.

Eine Gänsehaut überzieht meinen gesamten Körper.

„Ab und an", antworte ich halb ehrlich und greife nach der Flasche, doch er zieht sie erneut weg.

„Rede mit mir, Ivory", er stellt sich vor mich und sieht mich eindringlich an. Ich gehe seinem Blick aus dem Weg, kann ihn aber noch immer auf mir spüren. „Es ist alles okay", wiederhole ich, die Lippen zu einem Lächeln verzogen. Im Grunde ist auch alles in Ordnung, doch ich muss mir überlegen wie ich das Geld wieder zusammenbekomme. Eine Option wäre ein zweiter Job, doch ob das ausreichen wird, wage ich zu bezweifeln.

Seufzend lässt er die Schultern hängen und wendet sich von mir ab um ein Glas aus dem Schrank zu holen. Ich greife nach der Cola, die auf der Kücheninsel steht und kippe das Glas voll.

„Wie läuft es mit Scarlett?", frage ich um die Unterhaltung von mir abzulenken. „Konntet ihr euch einigen, was Sophie betrifft?" Das Noah Vater sein soll ist noch immer nicht bei mir angekommen. Das liegt nicht nur daran, dass ich momentan so sehr mit mir selbst beschäftigt bin, sondern auch daran das es nicht zu Noah passt. Er ist zu jung für ein Kind, zu erfolgreich in seinem Job.

Noah schüttelt den Kopf und nippt an seinem Glas. „Sie will es noch immer Aidan sagen. Und sie will, das Sophie bei ihnen aufwächst." Ich kann sehen wie seine Augen glasig werden, doch er fängt sich relativ schnell wieder. „Sie wird mir meine eigene Tochter wegnehmen." Er spricht diese Worte aus, als hätte er sich schon lange damit abgefunden. Kopfschüttelnd laufe ich um die Kücheninsel herum und setze mich darauf.

„Das wird nicht passieren. Du hast gute Anwälte und wie sie lebt ... Bei dir geht es Sophie besser." Es stimmt, Noah kann seiner Tochter mehr bieten als Scarlett es je könnte.

Ich nehme Noahs Hände in meine und sehe ihm in die Augen. Aus irgendeinem Grund werde ich das Gefühl nicht los, das da mehr ist, dass er mir sagen will, doch ich frage nicht nach. Wenn er das will, dann wird er es tun, oder?

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