Kapitel Siebenundfünfzig ~ Alles kommt ans Licht

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Zwei Tage später kann ich endlich das Krankenhaus verlassen. Noah hat mir ein paar Klamotten gebracht, nachdem Mama wieder gegangen ist. Er sieht selbst nicht besonders gut aus, doch er versichert mir immer wieder, dass ihm nichts fehlt. Ich kann nichts anderes tun, als es hinzunehmen, denn zum Arzt schlagen kann ich ihn auch nicht.

„Ich hole dann mal dem Rest meiner Sachen", lasse ich Noah wissen und öffne die Autotür. Noch im Krankenhaus hat er darauf bestanden, dass ich jetzt zu ihm ziehe. Natürlich nur, damit er sich um mich kümmern kann, sagt er. Aber ich weiß, dass es um mehr geht. Er will es nur nicht zugeben.

„Ich komme gleich nach", versichert er mir und zeigt auf sein Telefon. Ich nicke verstehend und laufe, so schnell ich kann zur Haustür denn es regnet in Strömen. Damit Noah überhaupt die Möglichkeit hat ins Haus zu kommen, mache ich den Schnapper nach unten und lasse die Tür ins Schloss fallen.

Mama ist bei Papa, was bedeutet das wahrscheinlich niemand zu Hause sein wird.

Es ist fast schon lustig, das in meinem Zimmer sowieso kaum noch Sachen von mir sind. Ein paar Klamotten und Bilder, der Rest ist schon bei Noah. Viel hatte ich von Anfang an nicht, da das meiste irgendwo in der Pampa gelandet ist, nachdem Mama und Papa das Haus verkaufen mussten.

„Wen haben wir denn hier?", vor Schreck lasse ich das Bild von Mia und mir auf den Boden fallen und drehe mich schlagartig um. Jerry lehnt lässig an meinem Türrahmen und grinst mich an. „Wo ist Josy?", die Frage schießt mir sofort durch den Kopf. Wenn sie da ist, wird er mir unmöglich zu nahe kommen.

„Zum Supermarkt", antwortet er schulterzuckend.

Mein Herz hämmert gegen meinen Brustkorb, kurz davor zu kollabieren. Eilig krame ich den Rest meiner Sachen in meine Tasche und versuche ihn zu ignorieren.

Noah kommt gleich hoch. Dann wird er verschwinden. Noah kommt gleich. Wie ein Mantra rede ich mir die Worte ein, als ich Jerrys Hand an meinem Hintern spüre.

„Wir könnten so viel Spaß haben", sülzt er an meinem Ohr. Angewidert schlage ich seine Hand weg, doch das bereitet mir mehr Schmerzen als ich sowieso schon habe.

„Lass mich in Ruhe", zische ich den Tränen nahe und will an ihm vorbeigehen. Ich brauche die Sachen nicht, nicht jetzt.

„Shh. Nicht so vorlaut", Jerry drückt mich gegen die Wand und als wäre das nicht schon schlimm genug, spüre ich, wie ich keine Luft mehr bekomme. „Wenn du nicht so zickst ist alles ganz schnell vorbei", er sieht mich an und drückt plötzlich seine Lippen auf meine. Ich will mich von ihm wegziehen, weiß aber nicht wohin. Angewidert schüttle ich den Kopf, doch er reagiert schnell und hält mein Kinn fest. Ich spüre, wie seine andere Hand unter mein Shirt geht.

„Hör auf", wimmere ich und sehe zur Seite. Tränen bilden sich in meinen Augen. Wo bleibt Noah?

„So schön", murmelt er wie besessen und versucht mich am Hals zu küssen, doch bevor ich etwas machen kann wird er von mir weggezogen. Durch meinen verschleierten Blick sehe ich Noah, der Jerry gegen mein Bücherregal drückt.

„Fass sie nicht an, Arschloch", knurrt er und holt aus. Das einzige, was ich noch höre, ist Jerrys schmerzvolles stöhnen.

„Du hast mir die Nase gebrochen!", jammert er weinerlich und sagt zu Boden. Mein Puls rast noch immer. Angeekelt wische ich mir über die Lippen und am Hals entlang.

„Hey, hey, hey", Noah kommt zu mir und nimmt mich in den Arm. Tränen strömen über mein Gesicht. Noch nie war ich so froh Noah zu sehen, ihn bei mir zu haben. „Ich ... Er..″ - „Alles ist gut", flüstert er in mein Haar und drückt mich gegen seine Brust.

„Komm", er nimmt mich bei der Hand und zieht mich aus meinem Zimmer. Ich sehe zu Jerry, der Blut auf dem Boden verliert und sich die Nase hält.

„Ich nehme das schon", murmelt Noah und nimmt mir die Tasche ab noch, bevor ich sie vom Rücksitz nehmen kann. Die Schmerzen halten sich dank der starken Schmerzmittel gut in Grenzen, doch der Verband um meinen Bauch ist ungemütlich.

Die Begegnung mit Jerry steckt mir noch immer so tief in den Knochen, dass ich mich kaum bewegen kann. Ich weiß das Noah sauer ist, weil ich ihm noch nicht eher davon erzählt habe. Die ganze Zeit über hat er kaum mit mir geredet oder mich angesehen und ich kann es ihm nicht verübeln. Ich hätte ihm davon erzählen müssen.

Ich schlage die Autotür zu und lehne mich dagegen.

Mein Kopf wummert wie verrückt, es fühlt sich an, als würde er jeden Moment platzen. Als Noah bemerkt, dass ich mich nicht bewege, kommt er zu mir.

„Es ist alles gut. Komm', ich mache dir einen Tee und du legst dich hin." an seiner Stimme erkenne ich, dass er versucht verständnisvoll zu sein, doch die Wut ist deutlich zu rauszuhören.

Nickend folge ich ihm in das Gebäude zu den Fahrstühlen. Das Stehen strengt mich an, mir ist es nicht möglich richtig zu atmen. Erschöpft lehne ich mich gegen die verspiegelte Wand des Auszugs und schließe die Augen. Das kühle Glas ist beruhigend auf meiner erhitzten Haut.

„Ich liebe dich", murmle ich wie von alleine und greife nach Noahs Hand. Überrascht sieht er mich an und fängt dann an zu lächeln. Seine Augen strahlen und fast habe ich Angst, das er in Tränen ausbricht.

„Ich liebe dich auch", antwortet er und küsst mich auf die Stirn. Lange bleibt uns dieser Moment nicht, denn das vertraute Ping des Aufzugs ertönt und wir müssen aussteigen.

Mein Blick fällt sofort auf den Mann vor Noahs Apartment und auch er versteift sich merklich neben mir. Als wir näher kommen, erkenne ich, dass es sich um Noahs Vater handelt. Mit ernster Miene sieht er zu seinem Sohn und dann zu mir. Verwundert sehe ich ebenfalls zu Noah, der seinen Vater mit blicken taxiert.

„Ivory", begrüßt er mich höflich mit einem nicken, doch ich kann die Verwunderung in seiner Stimme heraushören. „Hallo Mr. McKenzie", Grüße ich höflich zurück.

„Noah, du warst nicht erreichbar", stellt er fest. Noah ignoriert ihn und schließt die Tür auf. Er stellt die Tasche noch im Flur ab und zieht seinen Vater Richtung Küche.

Verwirrt bleibe ich zwischen den Räumen stehen und lehne mich an die Wand. Es ist falsch ihn zu belauschen, aber sein Vater weiß mehr und das bedeutet, dass ich etwas erfahren könnte.

„Was suchst du hier?", beginnt Noah bissig. Ich kann hören, wie wütend er ist. „Du hast dich nicht gemeldet. Was hätte ich anderes tun sollen?", kontert sein Vater ruhig.

Mein Herz schlägt so laut, dass ich Angst habe sie könnten es hören.

„Eine Mail, ein Anruf, alles außer hier auszutauschen", keift er und haut mit der Hand auf den Tresen. Ich kann hören wie Gläser klirren.

„Ihretwegen? Ist sie die geheimnisvolle? Deine ehemals beste Freundin?" ich bin mir nicht sicher doch ich meine so etwas wie Unglauben in seinem Ton zu hören.

„Das hat nichts mit Ivory zu tun."

„Gut. Aber das bedeutet trotzdem nicht, dass du dich nicht melden kannst. Du hast Verpflichtungen Noah, deine Männer haben einen Mann ermordet."

Ich halte schockiert den Atem an. Was zum Teufel wird hier gespielt?

„Wenn dass auf dich zurückfällt, dann" ‚Das wird es nicht', unterbricht Noah ihn. „Meine Anwälte sind gut."

„Aber nicht so gut", sein Vater wird lauter. Ich höre Schritte und weil ich glaube, das jemand aus der Küche kommt, lehne ich mich zu meiner Tasche und tue so, als wäre ich beschäftigt.

„Du wirst weggesperrt, wenn das rauskommt." Mr. McKenzie klingt verzweifelt, so als würde er sich ernsthafte Sorgen um seinen Sohn machen.

In meinem Kopf dreht sich alles, ich kann nicht länger zuhören. Also gehe ich in die Küche und stelle mich vor Noah. Seine Augen weiten sich erschrocken.

Letztes Kapitel für heute, I swear. Ich bin am überlegen das Intro für mein Buch nach BJ schon zu posten. Mal schauen vielleicht mache ich das noch heute Abend. Was meint ihr dazu? Und was sagt ihr zu Noahs Unterhaltung mit seinem Vater? xx

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