Es gibt zwei Arten, wie wir Menschen instinktiv auf Angst oder Gefahr reagieren. Kämpfen oder flüchten. Wenn uns etwas bedroht, wollen wir erstmal davon rennen. So schnell wie möglich weg von der Gefahr. Die zweite richtige Reaktion ist viel schwieriger. Man unterdrückt den Wunsch zu flüchten. Statt davon zu laufen, stellt man sich der Gefahr und kämpft. “Kinn nach oben,Kat. Ihr seid Edelleute am Hof des Königs.“, wies Patrick Kat an.
“Dann schlag ich vor, wir tanzen mit so steifen weißen Perrücken. Wie die im 18. Jahrhundert. Wär das nicht affenschick?“, sagte Kat sarkastisch. “Ja, ich weiß. Ihr seid nicht unbedingt froh über die Lehrplanänderung.“ Der Stiftungsrat hatte trotz unseren Bemühungen entschieden nur noch klassische Tänze zu unterrichten. “Aber der Stiftungsrat verlangt als Schwerpunkt das klassische Ballett.“, erklärte Patrick.
“Jetzt tanzen wir also statt Hip-Hop sowas da.“, stellte Kat fest. Unsere Gruppe stand am Rand und beobachtete die anderen beim Tanzen. “Und Reed,warst du entschuldigt?“ Christian kam ins Studio und blickte Patrick an, der in fragend ansah.
“Was?“, fragte dieser.
“So lauten nunmal die neuen Regeln. Wenn jemand fehlt, muss er entschuldigt sein oder es wird dem Direktor gemeldet.“,erklärte Patrick. Die neuen Regeln waren bescheuert. Das schien auch Christian so zu sehen, denn er verließ den Raum ohne was zu sagen.Sammy und ich machten uns Sorgen, um Christian, weshalb er vorschlug ihn mal anzurufen. Wir versuchten es schon eine ganze Weile, doch er ging einfach nicht ran. Gerade als wir aufgeben wollten, ging doch jemand ran. Es war aber nicht Christian. “Wer ist da?“, fragte Sammy. Fragend sah ich ihn an. “Sammy. Ist Christian da?“ Ich wippte von einem Fuß auf den anderen. “Also ich weiß nicht, wer du bist, aber ich muss mit ihm sprechen. Er hat ein Problem. Entweder du hast sein Handy geklaut oder du bist eine Freundin. Und wenn das so ist, dann sag mir, wo ich ihn finde.“
Und das tat die Person auch. Im Skatepark hielten wir Ausschau nach Christian. Statt ihn entdeckten wir das Mädchen, mit dem Sammy telefoniert hatte. Sie schaute uns an und rief nach Sammy. Zusammen gingen wir auf sie zu. Zunächst schien sie überrascht, dass ich da war, doch als ich erklärte, ich wäre eine Freundin, nickte sie. “Du hast gesagt, er hat ein Problem?“, wendete sie sich an Sammy. “Ja, er schwänzt seine Kurse. Die Schule macht deswegen Ärger.“, erzählte er. Das Mädchen, das Michaela hieß verdrehte die Augen. “Und das ist alles?“, fragte sie.
“Die schmeißen ihn raus. Tara ist toll, aber ob es das wert ist...“ Kayla sah uns an. “Tara? Es geht also um ein Mädchen denkt ihr?“ Ich zuckte mit den Schultern. “Die Trennung war ziemlich krass.“,meinte Sammy. Kayla lachte. Verwirrt sah ich sie an. “Was ist?““Der beste Burger in Sydney.“, sagte Christian mit vollem Mund. Michaela und ich standen nebeneinander und sahen zu wie die Jungs ein paar Burger verschlangen. “Mehr als zwei schaffe ich nicht.“, sagte Sammy.
“Ab nächste Woche gibt es nur noch Knastfraß.“, sagte Christian und zuckte mit den Schultern. Ich verdrehte die Augen.
“Hör auf damit.“, sagte ich genervt. Christian hatte nächste Woche eine Gerichtsverhandlung aufgrund des Tankstellenüberfalls. Aber Aaron war verschwunden. “Sie hat recht. Meine Tante ist Anwältin. Ich könnte sie für dich um Rat fragen.“ Dies war ein vernünftiger Vorschlag.
“Sammy, ich habe die Ratschläge satt. Mir bleibt noch eine Woche in Freiheit und die will ich einfach genießen.“, erklärte Christian.
“Du bist ein reisen Idiot.“, sagte Kayla. “Vielen Dank.“
“Du hast einen blöden Fehler gemacht und obwohl dir danach voll die guten Sachen passiert sind, willst du jetzt alles wegschmeißen, nur weil Aaron dich mal wieder hängen lässt. So ist das.“,keifte sie ihn an,doch Christian blieb unbeeindruckt.
“Da bin ich machtlos, Kayla.“ Und dann ging sie einfach. “Sie ist immer so.“, erklärte Christian. “Komm nimm noch einen. Wir müssen Gas geben mit der Liste mit den tollen Sachen.“ Ich schüttelte entsetzt den Kopf.
“Jetzt kommt mal etwas, was ich sonst nur zu Ethan sage. Du bist ein Idiot. Kayla hat recht. Du gibst einfach auf, nur weil Aaron blöd genug ist abzuhauen. Versau dir ruhig dein Leben.“, sagte ich und ging dann auch. Vielleicht musste er einfach mit einem Kerl reden. Wer wäre da besser geeignet als Sammy.Am nächsten Morgen war ich auf dem Weg zur Akademie. Meine Gedanken kreisten sich darum, ob Sammy es geschafft hatte Christian zu überreden nicht aufzugeben. Doch dann entdeckte ich Ethan. Mitten auf dem Gehweg mit einem Zettel und einem Stift in der Hand. “Na du.“, sagte ich,als ich auf ihn zuging. Er schaute kurz hoch und kritzelte dann weiter auf dem Zettel herum.
“Taras Flug hat mich auf eine Idee gebracht. Weißt du, ein ganzes Stück mit Darstellern an Seilen. Zehn Tänzer gleichzeitig in der Luft.“, erzählte er.
“Taras Flug?“, fragte ich verwirrt, doch er winkte ab.
“Nicht so wichtig.“ Ich nahm ihm den Zettel aus der Hand und warf einen Blick darauf. “Du machst die Skizzen auf deinem Vertrag?“, lachte ich. “Achso ja. Ich wollte die Idee gleich notieren und hatte nur dieses Papier in der Tasche.“ Er nahm es aus meiner Hand und machte einfach weiter mit seinen Kritzeleien. “Verstehe.“, lachte ich und ging weiter. Er lief neben mir her. “Unterschrieben habe ich ihn noch nicht. Und ich wollte immer dorthin.“, sagte er nachdenklich. Ich zuckte mit den Schultern.
“Dinge ändern sich.“ Ethan nickte und sah mich dann begeistert an.
“Ich will eigene Ideen umsetzen. Und das kann ich nicht, wenn ich fest engagiert bin in den nächsten fünf Jahren.“ Ich lachte leicht.
“Komm zeig mal her.“ Ich nahm den Zettel und schaute mir an, was er die ganze Zeit geschrieben hatte.
“Im ersten Bild steht ein Flügel auf der leeren Bühne.“, erklärte er eifrig. Mit der Angst ist es so. Man kann vor ihr davon laufen. Man kann sie überspielen und so tun, als wäre gar nichts. Aber irgendwann, irgendwo holt sie dich immer wieder ein. Das ist vielleicht der Grund, warum Menschen bei Haien schwimmen oder aus Flugzeugen springen. Oder warum sie sich verlieben. Man überwindet die Angst nur, wenn man sich ihr stellt und sich mitten ins Leben stürzt.
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Dance Academy
FanfictionIsabella Johnson lebt in Australien und wird an der renomierten National Academy of Dance angenommen, an der sich ihr Leben ändert. Sie lernt mit ihren Mitschülern nicht nur Ballett, sondern auch Hip-Hop-Dance und Modern Dance. Doch die Freunde müss...