Häufig geschehen Veränderungen schrittweise. Es gibt winzige Wendepunkte, die man nicht mal bemerkt. Und dann gibt es noch andere Ereignisse. Überraschende, ungeheuerliche, einschneidende, die dich für immer verändern. Und in dem Bruchteil einer Sekunde nachdem die Würfel gefallen sind und ein bestimmter Weg eingeschlagen ist, du dir mit aller Macht einen anderen wünschst, wenn deine Zukunft in der Schwebe ist, soll man dann betteln? Soll man feilschen? Wünschen? Beten? Drohen? Kämpft man oder lässt man los? Lernt man sich nur in diesem Schwebezustand richtig kennen und weiß wozu man fähig ist? Trotzdessen dass Tara erstmal im Krankenhaus war, war es an der Zeit über unsere Zukunft nachzudenken und darauf zu hoffen einen Vertrag mit der Company zu bekommen. Doch sobald Grace weinend das Studio verließ, fragte ich mich, ob ich überhaupt eine Chance hatte. "Sie ist die Prix-Siegerin. Vermutlich wird damit keiner von uns einen Vertrag kriegen. Mit großer Wahrscheinlichkeit.", warf Ollie ein und knetete nervös seine Hände. Auch Ben bekam keinen Vertrag, was mich nur noch nervöser machte. "Und du hattest recht. Es ist ein Blutbad.", kommentierte Abigail.
"Vier Jahre. Und alles...", begann Ollie.
"Vollkommen umsonst.", beendete Abigail den Satz.
Als die Tür sich erneut öffnete und Christian hinaus kam, schaute ich ihn gespannt an. Er war ein verdammt guter Tänzer, es musste doch geklappt haben. "Reedo, hast du uns was mitzuteilen?", fragte Ollie. Christian schüttelte den Kopf, ehe er ging.
"Du schaffst das. Mach dir keinen Kopf.", redete Ethan auf mich ein. Doch ich war mir da langsam nicht mehr so sicher. Die Tür öffnete sich und Rebecca trat heraus, um mich reinzuholen. Na das würde was werden.Glücklich lief ich aus dem Studio und ging auf Ethan zu. "Ich hab es geschafft! Ich bin in der Company!" Ethan hob mich grinsend hoch und wirbelte mich durch die Luft.
"Ich hab es dir doch gleich gesagt. Aber du musst ja immer so ein Drama machen.", lachte Ethan. "Ich hab es schon immer gewusst. Schon als ich dich hab das erste Mal tanzen sehen."
"Es war ein langer Weg. Ich hab so hart gearbeitet und nun halte ich einen Vertrag in den Händen, ist das zu fassen?"
Ich kam gar nicht mehr aus dem Schwärmen wieder heraus. Dann fiel mir aber wieder ein, dass Tara im Krankenhaus war. "Bringst du mich zu Tara?" Ethan nickte, ehe er nach meiner Hand griff und mit mir das Gebäude verließ.Taras Augen öffneten sich langsam. Sie musste sich zunächst orientieren, um herauszufinden, wo sie war. Vermutlich blendete sie auch das Licht ein wenig. Kat setzte sich sofort auf, als sie bemerkte, dass Tara wach war. "Hey", sagte sie und blickte Tara erleichtert an. Nicht nur ihr fiel in dem Moment ein Stein vom Herzen.
"Coppélia?", fragte Tara schwach nach, irritiert davon, dass Kat nicht bei der Aufführung, sondern hier bei ihr im Krankenhaus war.
"Tara, mach dir keine Gedanken. Ich wollte lieber hier sein."
"Aber du tanzt die Hauptrolle."
"Darauf kam es gar nicht mehr an. Ich erklär es dir noch. Ich hol jetzt aber schnell deine Eltern." Freudig sprang Kat auf und legte den Teddybären, den sie Tara aus ihrem Zimmer mitgebracht hatte auf den Stuhl.
"Warte. Meine Zehen... Sind sie..."
Vorsichtig hob ich die Decke hoch und betrachtete Taras Füße. Als sich ihre Zehen langsam bewegten, lächelte ich. Ihr Rücken war wieder in Ordnung.Obwohl ich Tara versprochen hatte kein Mitleid mit ihr zu haben, die Reha war kein Spaziergang. Übrigens einen Spaziergang werde ich auch niemals wieder als etwas selbstverständliches ansehen. Und das Tanzen erst recht nicht. Tara wird mit aller Kraft dafür kämpfen wieder dahin zu kommen, wo sie mal war. Aber wenn das nicht klappt und sie nie wieder professionell tanzen kann, weiß ich trotzdem, dass sie klar kommen wird.
Ich bin zur Akademie gekommen, um zur besten Ballerina zu werden. Aber was ich aus der Zeit mitnehme, ist der Mut anhalten zu können und in eine ungewisse Zukunft zu schauen, einen neuen Weg zu gehen. Große Träume zu haben, aber auch ganz weitgehende Träume. Man muss sich den Raum lassen für neue Träume. Völlig unerwartete. Es ging nie darum den Traum zu verwirklichen. Viel mehr darum ihn zu haben und alles dafür zu tun.- Acht Monate nach dem dritten Jahr -
"Es ist komisch, ich habe keine Ahnung, was als nächstes kommt, aber ich bin gespannt, wie ich es selbst schaffe, dass es wirklich zu einer Sache wird, die zählt. So wie Sammy es geschafft hat. Er hätte diesen Raum gemocht. Wo nun jeder träumen und tanzen kann. Ich erkläre ihn jetzt offiziell für eröffnet. ", beende ich meine Ansprache und lächle, als Applaus ertönt, ehe ich das Podest verlasse und zu Miss Raine gehe. "Es ist noch kein Buch und ich weiß auch nicht, ob es jemals veröffentlicht wird, aber es handelt von uns und der Akademie. Und ich wollte, dass Sie es haben.", erkläre ich und reiche meiner ehemaligen Ballettlehrerin das Manuskript, das ich angefertigt habe.
"Ihr wisst ja, in diesem Raum soll es ums Tanzen gehen. Also, wie wärs wenn wir es jetzt tun?", spricht Christian lächelnd. Die Kinder, die er unterrichtet stellen sich in Position. Und als die Musik ertönt beginnen sie zu tanzen. Kurz drauf gesellt sich Christian dazu. Und dann Ben und Abigail. Und sogar Grace. Ethan gibt mir einen Stups, um mir zu signalisieren, dass ich mitmachen sollte. Das braucht er mir allerdings nicht nochmal sagen. Sofort laufe ich nach vorne und mache mit. Ein letzter gemeinsamer Tanz. Ein Danke an die Akademie. Ein Danke an meine Freunde, die immer für mich da gewesen sind. Ein Danke an die letzten drei Jahre, die mir gezeigt haben, was wirklich von Bedeutung ist. Genauso wie Tara es sich gewünscht hat. Als ich sehe, dass Christian Tara mit nach vorne zieht, strahle ich und zeige ihr die Schritte. Und wie von selbst und als hätte sie nie etwas anderes gemacht, beginnt sie zu tanzen.
Als ich klein war hatte ich das mit der Schwerkraft noch nicht richtig begriffen. Und meine Fantasie hat mich oft ganz schön in Schwierigkeiten gebracht. Aber es gab einen Augenblick, da ist die Zeit stehen geblieben. Jetzt war ich zu allem bereit. Von diesem Tag an wusste ich, dass ich in einem früheren Leben fliegen konnte. Darum habe ich mich in diesem Leben fürs Tanzen entschieden.

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Dance Academy
FanficIsabella Johnson lebt in Australien und wird an der renomierten National Academy of Dance angenommen, an der sich ihr Leben ändert. Sie lernt mit ihren Mitschülern nicht nur Ballett, sondern auch Hip-Hop-Dance und Modern Dance. Doch die Freunde müss...