Infiziert

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"Sie tun es schon wieder. Aber wenn es Ben gefällt, dann bin ich erleichtert. Und ich darf jetzt kein Blut mehr spenden, drei Wochen lang, also...", plapperte Tara drauf los, nachdem wir an Ben und Grace vorbeiliefen und bei Kat ankamen. Neben ihr stand Jamie, ihr neuer Freund. Zugegeben, es war komisch vor ihm zu stehen, weil Kat ihn uns offiziell noch nicht vorgestellt hatte. Noch komischer war allerdings die Tatsache, dass Ben und Grace permanent am knutschen waren. Wann war das bitte passiert? "Tara, Bella, das ist Jamie.", stellte Kat uns einander vor.
"Sie würde mich am liebsten in einem dunklen Loch verstecken, ohne Tageslicht.", warf Jamie ein. Lachend begrüßten wir ihn.
"Kat hat erzählt, dass du witzig bist. Sorry, ich versuche gerade mein Karma wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Blut spenden, alten Damen über die Straße helfen, ist 'ne lange Geschichte.", erzählte Tara ungebremst und umarmte Jamie, der etwas unbeholfen da stand und die Umarmung erwiderte.
"Und wie heißt das Stück, das ihr tanzt?", fragte er dann an Kat gewandt.
"Äh Coppelia.", antwortete Kat.
"Ja, ich liebe Coppelia. Wofür willst du vortanzen?", meldete ich mich zu Wort.
"Für die Hauptrolle nehm ich an?", fragte Jamie.
"Achtung, Kat.", hörte ich Lulu hinter uns sagen. "Du stehst hier unten. Also rate ich dir die vierte Puppe. Oder die fünfte. Du hast die Wahl."
Dieses Biest erinnerte mich wirklich an Abigail im ersten Jahr. Damals hatte ich eigentlich gedacht, schlimmere Menschen gibt es nicht. Doch ich hatte mich anscheinend geirrt.

Mr Liebermann beschloss der Akademie etwas Geld zu spenden. Außerdem wollte er etwas tun, um Sammy zu gedenken, weshalb er mit Pizza ins Wohnheim kam. Es war traurig, dass es erst zum Tod seines Sohnes kommen musste, um das Tanzen, das Sammy so sehr geliebt hatte, endlich zu akzeptieren. "Gibt es sonst noch Vorschläge?", fragte Mr Lieberman, nachdem wir einige Ideen ausgetauscht hatten.
"Wie wärs mit einem Reisestipendium?", schlug Abigail vor.
"Ja.", meinte Sammys Vater und blickte zu Christian, der gerade von draußen kam. "Christian, bitte setz dich doch. Wir sammeln Ideen für die Stiftung."
"Pizza.", entgegnete Christian verachtend und blickte sich enttäuscht um. "Sehr nett. Ziemlich schade, das haben Sie nie getan, als Sammy noch gelebt hat."
"Christian!", warf Tara streng ein.
"Nein.", unterbrach sie Mr Lieberman. "Tara, ist schon gut."
"Ja, als er Sie brauchte, haben Sie ihn fallen lassen.", fuhr Christian ungebremst fort. Ich fürchtete, dass das ganze ausarten würde, dennoch schwieg ich. War es nicht das, was wir alle insgeheim gedacht hatten? All der Schmerz, den wir gefühlt hatten kam mit einem Mal bei Christian wieder hoch. "Und jetzt kommen Sie her und reden davon sein Andenken zu ehren! So machen Sie das nicht wieder gut, er ist tot."
"Christian, hör auf!" Tara erhob sich sauer und ballte ihre Hände zu Fäusten. Mr Lieberman hatte den Kopf gesenkt und ich konnte schwören, dass er Tränen in den Augen hatte. Sein Kind zu verlieren muss eines der schlimmsten Dinge sein, die einem passieren können. Es ist schlimm, wenn du selbst verletzt wirst. Aber schlimmer wenn diese Dinge jemandem passieren, der einem wichtig ist, den man liebt. Ich denke, das ist der schlimmste Schmerz von allem.

Kat hatte beschlossen für die Hauptrolle vorzutanzen. Jamie, Tara und ich unterstützten sie natürlich dabei, indem wir durch die Glasscheibe zusahen und ihr die Daumen drückten. "Ich denke, Miss Rain hasst Kats Swanilda.", meinte Jamie nervös, ohne Kat aus den Augen zu lassen.
"So guckt sie immer.", entgegnete ich achselzuckend und entlockte Jamie ein kleines Lachen. Meiner Meinung nach, machte Kat das gar nicht so schlecht. Doch die einzige Meinung, die hier zählte, war die von Miss Rain.

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