Frühlingsgefühle

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Als ich von Zuhause weg ging, hat mein Vater mir eine Ansprache gehalten. Nicht so eine. Er sagte, ich würde es vielleicht mal bedauern das normale Teenagerleben verpasst zu haben. Ich habe ihm geantwortet, das wäre mir nicht wichtig. Denn wer will schon normal sein, wenn man die Chance hat, Profitänzer zu werden. “Stier. Was du dir erträumst kann wahr werden. Schon heute.“, las Kat von ihrem Handy vor.
“Also geht sie nicht.“, sagte Tara fröhlich, doch Sammy und ich lachten auf. “Das ist nur ein Online Horoskop. Mit der Wirklichkeit hat das ja wohl gar nichts zu tun.“, spottete Sammy und stand von der Treppe auf, auf der wir saßen.
“Heißt das, du willst, dass sie geht?“,fragte Tara.
“Nein, sie soll bleiben. Nur halte ich es für unwahrscheinlich, dass der kleine Mann in Kats Handy weiß, wie Mr Kennedy entscheiden wird.“ Und ich gab Sammy recht. Petra kam bedrückt die Treppe hinunter. Ich stand auf,um ihr Platz zu machen. “Und?“, fragte ich. “Mr Kennedy war sehr klar und deutlich. Er will, dass ich bleibe.“, quietschte sie vor Freude und wir nahmen sie in den Arm. “Typisch Lieberman.“, sagte Abigail und trat Sammys Tasche aus dem Weg. “Du bist ein Sicherheitsrisiko.“ Verdattert schaute ich ihr hinterher. “Ich muss. Ich bin spät dran. Schön, dass du bleibst Petra.“, stammelte Sammy, nahm seine Tasche und verschwand. “Das war ja schräg.“, murmelte ich. “Ja.“

Nach dem Unterricht schaute ich auf die Liste am schwarzen Brett. Dieses Wochenende stand das Vortanzen von Kindersommerprogramm auf dem Plan und Miss Raine hatte einige von uns in die Liste eingetragen, um zu helfen. “Man sind wir sozial. Wir haben uns für morgen Nachmittag freiwillig gemeldet.“, lachte Tara.
“Ich stehe gar nicht drauf. Das ist enttäuschend von mir.“, lachte ich. “Hey dann haben wir heute Nachmittag alle frei. Unternehmen wir doch was.“, schlug Tara vor.
“Ja. Hast du Lust,Sammy?“, fragte Petra ihn.
“Das wird leider nichts. Ich muss noch Geschichte nachholen.“ Ich verdrehte die Augen. “Ach komm. Die Geschichte läuft dir nicht weg. Mach es doch morgen.“ Ich schnappte mir Tara und Petra und ging dann. Sammy seufzte. “Okay.“

Ich war überrascht, als ich mit Christian durch den Gang schlenderte und Kat mit einem kleinen Mädchen entdeckte. Sie versuchte ihr wohl ein paar Schritte beizubringen. Der Grund, warum ich nicht bei den anderen war, war der, dass Tara sagte ich solle nicht kommen. Petra stand auf Sammy und sie wollte beide miteinander verkuppeln. “Na wollt ihr uns helfen?“, fragte Kat fröhlich, als sie uns entdeckte.
“Was soll das hier?“, fragte Christian und betrat den Raum. Kat kam auf uns zu. “Sie ist gut und verdient noch eine Chance.“, sagte sie dann.
“Und die willst du ihr verschaffen,ja?“ Ich wusste nicht, wieso Christian auf einmal so sauer war. “Ja, warum nicht?“ Auch ich sah ihn fragend an. Christian atmete durch ehe er weiter sprach. “Ich war mal da,wo das Mädchen ist. Und ich weiß, wie es ist, wenn die Leute kommen und helfen wollen. Was wird aus ihr,wenn du irgendwann keine Lust mehr hast?“ Kat und ich schwiegen.
“Hey Christian. Danke nochmal für die Schuhe. Ich sehe jetzt wie ne echte Ballerina aus.“, lachte das rothaarige Mädchen fröhlich. Ich zog eine Augenbraue nach oben und sah ihn an. “Wolltest du was sagen?“ Ich legte meine Tasche ab und ging mit Kat zu dem Mädchen. Christian seufzte und entschied sich ebenfalls zu bleiben. Überraschenderweise war er ein ziemlich guter Lehrer.

Am nächsten Tag begleiteten wir Scout, so hieß das Mädchen, zum Vortanzen. Kat hatte ihr ihr altes Ballettkostüm gegeben und ihre Haare gemacht. Wir schmuggelten sie zwischen die anderen Mädchen und beobachteten das Geschehen durch die Glasscheibe in der Wand. “Geschafft.“, lachte Christian und wir stimmten mit ein. “Wir sind ein gutes Team.“, sagte ich. Kat und Christian sahen sich kurz an. Doch ich wusste nicht, was los war. Ich beschloss auch nicht nachzuhaken.

“Der Sommerkurs gibt dir Gelegenheit herauszufinden, wie schrecklich es hier ist.“, erklärte Kat. Wir hatten es uns im Aufenthaltsraum gemütlich gemacht und aßen ein bisschen was. “Das mit den Schmerzen. Christian sagt auch es wird weh tun.“, erzählte Scout uns. Tara sah sie verwirrt an. “Christian hat das gesagt.“ Ich nickte. “Er ist der Guru.“, meinte ich und biss in das Stück Pizza in meiner Hand. “Wir helfen dir. Ich meine Kat, Bella, Petra und ich. Wir sind ja auch da.“, sagte Tara, doch Petra sah uns bedrückt an.
“Ich nicht mehr.“ Überrascht sah ich sie an. “Ich muss zurück nach Berlin. Ich habe das Engagement angenommen.“ Kat setzte sich entsetzt auf. “Was wird aus unserem Sommer?“, fragte sie.
“Ich will näher bei meiner Familie sein. Und es ist ein Angebot, das man selten kriegt. Ich muss da einfach zugreifen.“
Genau in diesem Augenblick machen sich meine Freunde zu Hause für den Abschlussball der zehnten Klasse fertig. Sie reden seit Monaten darüber. “Du wirst mir fehlen.“, sagte ich, als ich Petra am nächsten Tag zum Abschied umarmte.
“Hier, Schnee aus Sydney.“, lächelte Tara und reichte ihr eine Schneekugel.
“Gute Reise.“, lächelte Kat, als Petra ins Taxi stieg. Doch dann stieg sie noch einmal aus und drückte mir ihre Kamera in die Hand. “Mach eins für meine Sammlung.“, sagte sie, legte die Arme um Sammy und küsste ihn einfach. Überrascht machte ich ein Foto davon und gab ihr dann die Kamera wieder. Manchmal träume ich, ich wär wieder dort. In meinem alten Leben. Wenn ich aufwache, frage ich mich für einen kleinen Moment, ob ich mich für das falsche entschieden hatte. Aber ich glaube nicht.

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