Prüfungsdruck

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Eine Blase. Ständiger starker Druck auf ein und die selbe Stelle verursacht Hitze. Diese Hitze löst die Oberhaut ab. Die Epidermis. Und starken ständigen Druck haben wir täglich an der Akademie. “Prüfung im zeitgenössischen Tanz für das erste Ausbildungsjahr. Es ist soweit.“,hörte ich Miss Raine rufen. Es war soweit. Leistungsschwimmer trainieren ihr Leben lang für ihren großen Tag bei den olympischen Spielen. Und genau an diesem Tag können sie auf dem Startblock ausrutschen oder eine Wende verpatzen. Egal wie hart sie trainiert haben, es kann alles in einem Moment vorbei sein. Beim Tanzen ist es genau so. Wenn man auf der Bühne steht, gibt es keine zweite Chance. Es gibt nur deinen Körper und deinen Willen. Ob du es schaffst oder versagst, hängt ganz allein von dir ab.

“Das ist die pure Gemeinheit.“, sagte Sammy während er ein paar Pirouetten machte und dabei in ein Buch sah. Ich setzte mich mit meinen Eiskaffee an den Tisch neben Kat und Tara und beobachtete ihn dabei. “Wie kann man die Theorieprüfung in die selbe Woche wie Tanzprüfung legen?“ Ich lehnte mich zurück.
“Nerven und Arbeitsüberlastung.“, sagte ich und Kat nickte.
“Richtig.“ Sie stand auf und ging zu Sammy rüber. “Ich brauche Hilfe in Anatomie.“, beichtete sie ihm.
“Was? Hilfe? Nein. Ich habe keine Zeit dafür, Kat. Ich brauche in allen Fächern Bestnoten. Ich habe Phisiologieleistungskurs. Weißt du wie schwer das ist?“, jammerte er. “Und überhaupt, seit wann interessierst du dich für Anatomie?“, fragte Tara überrascht.
“Tja, Natascha hat angerufen und mir einen Mutter-Tochter-Urlaub meiner Wahl versprochen.  Dafür muss ich nur ein paar halbwegs passable Prüfungsnoten hinlegen.“ Sie setzte sich wieder, genau wie Sammy, der nervös sein Bein auf und ab wippte. “Ist ja fantastisch.“, sagte ich lächelnd. “Ich dachte an Zentralaustralien. Sie wird es hassen.“, lachte Kat. Während sie böse Pläne schmiedete, griff Ethan in ihr Essen, um sich was zu nehmen. Woher er auf einmal kam, wusste ich nicht. Er trug ein weißes Tanktop und eine kurze Sporthose. In seiner linken Hand hielt er einen Baskettball. “Hallo?“, protestierte Kat, doch Ethan aß genüsslich die Pommes in seiner Hand.
“Ich werde nie verstehen, was die Mädchen alle an dir finden.“, sagte ich während ich zusah wie er das Essen verschlang, als hätte er seit Tagen nichts mehr gegessen.
“Sehen wir uns nachher zur Probe?“, fragte Ethan mich und ignorierte meine Aussage.
“Ich glaube, heute kann ich nicht. Aber vielleicht morgen.“, schlug ich vor.
“Ist mir recht. Ich freue mich.“, lächelte er. Dann nahm Christian, der ebenfalls aus dem Nichts auftauchte, Ethan den Ball aus der Hand und ging. Ethan schaute uns kurz an und verschwand dann auch. Als ich zu den anderen sah, merkte ich, dass sie mich anstarrten. Sogar Sammy hatte von seinem Buch aufgeschaut.
“Was war das denn?“, brach Kat die Stille.
“Wir proben für seine Choreografieprüfung.“, antwortete ich lässig und trank einen Schluck.
“Nein nein nein. Mein Bruder war eher im Flirtmodus.“ Verdutzt sah ich sie an und verschluckte mich beinahe.
“So ist Ethan. Er ist immer im Flirtmodus.“, meinte ich, nahm meine Sachen und stand auf.
“Nicht bei dir.“, behauptete Sammy. “Wenn du wüsstest.“, murmelte ich. Als ich Taras Blick sah, legte ich den Kopf schräg. “Schau nicht so, Tara. Ich will nichts von Ethan. Lieber hacke ich mir ein Bein ab.“, lachte ich.
“Darf ich es schriftlich haben?“, fragte Kat und ich verdrehte die Augen. Ich schulterte meine Tasche und ging, doch Kat lief mir nach.
“Das hatte ich ja eben gemeint. Los, verrate mir, was ich wissen muss.“

Egal wie oft ich Kat, Sammy und Tara gesagt hatte, dass ich mich nicht für Ethan interessierte, sie glaubten mir nicht. Nicht mal, als ich sagte, dass er auf Dana stand, sie ihn gekorbt hat und er am Boden zerstört war. Alles was Ethan wollte war eine gute Note für seine Choreografie. Er dachte nämlich immer nur an sich selbst. So war das, wenn man arrogant war. “Bist du warm? Denn wenn du noch Zeit brauchst, dann warte ich gern noch.“ Ich blickte zu Ethan und schüttelte den Kopf.
“Alles bestens.“, sagte ich und stellte mich in Position.
“Okay, wie wärs mit einem ganzen Durchgang. Ich glaube, ich habe dich das letzte Mal etwas rausgebracht, entschuldige.“, lachte er.
“Du meinst, als du mich vor Dana fertig gemacht hast? Entschuldigung angenommen.“, sagte ich und lachte. Kurz darauf fing ich auch schon an zu tanzen. Als er versuchte mir etwas zu helfen, kam er mir ziemlich nah, woraufhin ich aufschreckte und er mich verwirrt ansah. “Alles okay?“, lachte Ethan und ich nickte. Er schaltete die Musik aus und sah mich fragend an. Er glaubte mir nicht. Ich pustete mir eine Strähne aus meinem Gesicht und sah ihn an. “Was genau willst du von mir?“, fragte ich direkt und bereute es sofort.
“Ehm eine gut ausgeführte Choreografie.“, antwortete Ethan, doch es hörte sich mehr nach einer Frage an. “Und?“, hakte ich nach. Ethan fing an zu lachen.
“Was genau willst du von mir hören?“, fragte er. Ich verschränkte die Arme.
“Kat hat da etwas angedeutet...“, begann ich zögernd. Ethan verdrehte die Augen und grinste.
“Ich steh nicht auf dich.“, sagte er dann. Mir fiel ein Stein vom Herzen und ich atmete erleichtert aus.
“Gott sei Dank.“, murmelte ich. Wieder lachte er.
“Ist die Vorstellung so schlimm gewesen?“, fragte er und zog eine Augenbraue nach oben.
“Ja.“, antwortete ich einfach. “Autsch.“, kam es aus ihm und ich sah ihn entschuldigend an.
“Nichts für Ungut, aber du bist ein Idiot. Und du hast Tara wehgetan.“, sprach ich meinen Gedanken laut aus. Bei Taras Namen hatte er diesen Blick, der mich stutzig machte.
“Ist Tara noch sauer auf mich?“, fragte er vorsichtig.
“Wieso? Interessierst du dich plötzlich für sie?“, fragte ich lachend, doch er lachte nicht. “Ist nicht wahr.“, sagte ich geschockt. “Ethan, ich bin entrüstet.“ Er verdrehte die Augen. “Sehr witzig, Bella.“
“Nein sie ist nicht mehr sauer. Sie weiß jetzt, dass du ein Idiot bist, der mit Mädchen spielt.“
Ethan sah mich überrascht an. “Das denkst du von mir?“ Ich sah ihn an.
“Das denkt Tara jetzt. Ich halte dich einfach für einen arroganten Idioten.“
“Ist nicht besser.“
“Leb damit.“, erwiderte ich und stellte mich wieder in Position. Doch Ethan schaute mich einfach weiter an. “Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit, Ethan.“ Um dies zu signalisieren, zeigte ich auf meine imaginäre Armbanduhr.
“Meinst du, sie würde trotzdem noch mit mir Ausgehen.“ Seufzend schaute ich nach oben und betete, dass Gott ihm kräftig in den Hintern treten würde. Natürlich würde sie das. Dummerweise dachte sie nur, dass er auf mich stand. “Rede mit Kat darüber.“, sagte ich bloß und er nickte.
“Okay.“, sagte er und stieß sich von der Wand ab, um die Musik wieder zu starten. Bevor ich anfing zu tanzen, sah ich ihn noch einmal an.
“Wenn du ihr wieder weh tust, kannst du dir eine andere Tänzerin suchen.“

“Oh man ich ahne schon, dass ich das morgen heftig zu spüren kriege.“, lachte Kat, als sie mit Christian in den Aufenthaltsraum kam. Sie waren offensichtlich skaten gewesen, was mich nicht einmal überraschte.
“Kat, Bella, ich muss mit euch reden.“, sagte Tara. “Unter sechs Augen.“ Sie sah Christian erwartungsvoll an.
“Es fällt mir schwer, weil ich ja so daran interessiert bin.“, sagte Christian sarkastisch und ging.
“Da ist etwas fast gelaufen. Zwischen Ethan und mir.“, erklärte sie zögerlich. Er hatte es also tatsächlich bei ihr versucht.
“Ich bring ihn um.“, sagte Kat, doch Tara unterbrach sie.
“Nein. Ich wollte ja, dass er mich küsst.“ Er hatte versucht sie zu küssen?
“Es ist ja klar was ich davon halte, aber ich steh euch zwei nicht im Weg.“, erzählte Kat seufzend.
“Gut, sehr schön, weil ich ehm... ich denke, dass ich eure Hilfe brauche.“ Verwirrt sahen wir Tara an. In ihrem Zimmer machten wir es uns auf ihrem Bett gemütlich. Dass Tara noch nie einen Jungen geküsst hatte war ja nicht schlimm. Im Gegenteil. Der einzige Junge, den ich geküsst hatte war in der fünften Klasse und das zählte nicht. “Es ist normal, wenn Zwölfjährige sich schlecht küssen, aber mit fast 16-“,begann Tara, doch ich unterbrach sie.
“Nein, du weißt doch gar nicht, ob du im Ernstfall so schlecht bist. Du bist nur eben nicht so erfahren.“, erklärte ich.
“Ich bin 'ne Niete. Auch wenn ich die Technik theoretisch beherrsche, beiße ich ihn vielleicht, wenn es so weit ist.“
“Wow.“, kam es aus Kat. “Okay, Zähne aus dem Weg. Das ist Grundvoraussetzung. Wir sehen das ganze als technischen Unterricht an. Und legen einfach los.“ Kat stand auf und schnappte sich den Bären, der auf der Fensterbank saß. “Darf ich vorstellen, dein neuer pas de deux Partner.“ Ich verkniff mir das Lachen und sah Tara erwartungsvoll an.
“Sein Name ist Sir Joshua und es ist mir nicht so angenehm ihn damit zu belästigen.“ Ich machte die Jalousien zu und deutete Tara an still zu sein. “Er findet es sicher klasse. Du kannst uns trauen.“

Nach unzähligen Kussversuchen mit dem Bären, kamen wir zur Erkenntnis, dass ein echter Mensch vielleicht doch besser wäre. Diese Erkenntnis kam uns, als Sammy ins Zimmer kam und nach Abigail fragte. Kat und ich sahen uns wissend an und grinsten. “Auf keinen Fall.“, protestierte Sammy,als wir ihm von unserer Idee erzählten.
“Es überrascht mich doch sehr, dass du so ein Egoist bist, Samuel.“, sagte ich geschockt.
“Es wäre als würde ich meine Schwester küssen.“, erklärte Sammy wenig begeistert.
“Du bist ein Experte. Wir haben dich in Aktion gesehen.“, sagte Kat und bekam ein zustimmendes Nicken von mir.
“Man sagt ich wäre sehr talentiert, ich weiß.“
“Ja, und eine deiner besten Freundinnen ist mitten in einer Krise.“, unterstützte ich Kat.
“Sie hat wirklich recht. Ich bin verzweifelt.“, fügte Tara hinzu. Sammy seufzte und ließ das Kissen sinken.
“Okay. Ja, ich tue es. Aber es ist falsch.“ Tara setzte sich neben Sammy und quietschte vor Freude.
“Okay, ihr müsst näher rutschen und rüber lehnen.“, wies Kat sie an. Beide beugten sich nach vorne, doch bevor sich ihre Lippen auch nur berühren konnten, fingen beide an zu lachen. “Ich kann das nicht.“, lachte Tara und Kat legte den Kopf in den Nacken.
“Es muss Regeln geben wie keine Zunge oder so.“, sagte Sammy, doch Kat schüttelte den Kopf.
“Nein, dann wären es keine normalen Bedingungen. Kommt schon. Ihr schafft das. Einfach auf drei.“ Kat begann zu zählen, doch bevor die beiden sich küssten, öffnete Tara die Augen und schaute auf die Tür. Sie sah aus als hätte sie ein Gespenst gesehen und wich sofort zurück. Sammy atmete aus und ich lehnte mich zurück. Das würde eine lange Nacht werden.

Am nächsten Morgen war ich ziemlich nervös. Ich betrat den Flur und gesellte mich zu Christian, der durch die kleine Scheibe sah. “Und bereit für die letzte Prüfung?“, fragte Tara ihn, als sie dazu kam. Christian grinste sie an.
“Also, du und Lieberman, huh?“ Ich konnte nicht anders als loslachen, doch Tara verdrehte nur die Augen. “Es ist nichts passiert. Du weißt ja, dass ich das älteste ungeküsste Mädchen der Welt bin. Und so ist es noch.“, erzählte sie.
“Sport-BH, wieso machst du die Dinge immer so kompliziert?“, fragte er. Und er hatte recht.
“Sehr lustig. Das ist ein gefährliches Terrain.“, erklärte Tara während sie ihre Frisur richtete.
“Wenn du dem Richtigen begegnest, ist küssen ganz einfach.“, sagte Christian, woraufhin Tara anfing und anzugrinsen. “Was ist?“, fragte er belustigt.
“Ich seh dich später.“ Mit diesen Worten verschwand Tara auch ganz schnell wieder.
“Wow, ich wusste ja nicht, dass du so ein toller Ratgeber bist. Darf ich dich auch mal benutzen, wenn ich einen guten Rat brauche?“, fragte ich frech, doch Christian grinste nur.

Was mich angeht, hatte ich die Prüfungen hinter mir. Und ich hatte bestanden. Wer es allerdings nicht geschafft hat war Abigail. Mittendrin wurde sie einfach bewusstlos. Der Prüfungsdruck, so sagt man, ist an der Akademie besonders hoch. Wie ich schon sagte werden die einen diesem Druck standhalten können, und die anderen, naja, sie werden daran kaputt gehen.

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