47. Fürsorge statt Mathematik

873 40 2
                                    

In schwarzer Jeans und schwarzem Hoodie schnappte ich mir meine Tasche, in die ich gestern noch meine Federtasche und zwei Blöcke geschmissen habe und stürmte aus meinem Zimmer...

Mein Blick lag auf meiner Sekunden genauer Anzeige meines Handys. 06:58:12! Noch knapp zwei Minuten. Ich glaube Dad hatte bei den Regeln und Erklärungen erwähnt, dass jeder der drei seinen eigenen Raum hatte. Und Caius müsste im anderen Flügel des Schlosses sein. Toll! Also erstmal runter ins Erdgeschoss und dann in den Westflügel. Außer Atem riss ich die Tür zum Matheklassenzimmer auf. Erstmal überrascht sah ich mich um. Dad hatte Recht. Es sah wirklich wie ein ganz normales Klassenzimmer aus. Nur etwas kleiner. Doch vorne war ebenfalls eine große Tafel und ein Schreibtisch mit Stuhl für Lehrer. Caius stand ganz gechillt an seinen Schreibtisch gelehnt und tippte auf seinem Handy. Bis eben. Denn sein Kopf schoss in die Höhe, als ich rein kam. Schwer atmend ließ ich mich in die zweite Reihe von vorne fallen. Er sah mich überrascht an und legte seinen Kopf leicht schief, während sein Handy in seine Hosentasche verschwand. Er ließ seinen Blick über meinen Körper wandern. Dann sah er mich besorgt an. "Alles Okay?" fragte er einfühlsam. Als Antwort knallte mein Kopf auf den Tisch. "Hey Liv!" sagte Caius und kam zu mir, um sich auf den Stuhl links von mir hinzusetzen. "Liv ist alles in Ordnung?" fragte Caius und strich mir beruhigend über den Rücken. "Ich musste mich zu sehr beeilen! Und ich wollte nicht zu spät zu deinem Unterricht kommen!" keuchte ich. Er schmunzelte und sagte: "Komm her!" Kurz darauf hatte Caius mich in seine Arme gezogen und hielt mich fest. Ich seufzte erleichtert, legte meine Hände auf seine Brust und kuschelte mich an ihn. Er hingegen hielt mich fest und streichelte mir über den Rücken. Keiner sagte etwas, da der Augenblick einfach zu schön war...

Wären da nicht meine nassen Haare. "Liv?" fragte Caius, als er diese berührte. "Ja?" entgegnete ich verschlafen. "Warum sind deine Haare nass?" erkundigte er sich leicht irritiert und besorgt. "Ich habe mehr oder weniger vergessen aufzustehen. Als ich es dann bemerkt habe, musste ich mich so sehr beeilen, dass ich kalt geduscht habe und weder Zeit zum Trocken, noch warm zu duschen", erklärte ich kleinlaut. "Liv!", mahnte er mich, "Du darfst nicht so eiskalt duschen! Und du kannst nicht mit nassen Haaren hier herumlaufen. Da wirst du krank!" "Aber ich wollte zu deinem Unterricht nicht zu spät kommen!" murmelte ich und lehnte mich fester an ihn. "Das weiß ich zu schätzen, Liv. Aber das geht so nicht! Komm her!" flüsterte er und hob mich hoch. "Lass mich nicht los! Du bist so kuschelig!" wisperte ich und schmuste mit ihm. Er lachte leicht, weswegen seine Brust vibrierte. "Alles gut! Ich lass dich nicht mehr los!" flüsterte er und küsste meine Stirn. Mein rotes Gesicht vergrub ich während des Laufens in seiner Brust. Er hatte mich heute wieder geküsst. Und das komische war, dass ich es gut fand. Es löste so ein positiv komisches Gefühl in mir aus. Ich fühlte mich geborgen und geliebt, aber da kann ich mich täuschen. Vielleicht interpretiere ich da viel zu viel rein...

Plötzlich hielt er an und setzte mich auf etwas Kaltes. Ängstlich klammerte ich mich an ihn. "Nein!" wimmerte ich und krallte mich an ihm fest. "Hey Liv! Alles gut! Du bist eiskalt!" flüsterte er und trug mich dann in einen anderen Raum. Dort legte er mich auf etwas Weiches und redete beruhigend auf mich ein. Die kalte Dusche und die nassen, kalten Haare setzten mir mit der Müdigkeit mehr zu, als ich es zugeben wollte. "Caius", murmelte ich. "Ja, alles gut Liv! Du liegst in meinem Bett! Ich werde deine Haare jetzt trocknen und dann ruhst du dich während des Aufwärmens auf. Anschließend gehen wir was Frühstücken. Okay?" fragte er und hielt mich immer noch in den Armen. "Kein Mathe?" erkundigte ich mich. "Nein, kein Mathe! Das ist schon fies genug, dass du so früh wach sein musstest!" sagte er und strich mir über die Wange. "Okay!" wisperte ich und schloss erschöpft meine Augen. Caius legte mich vorsichtig hin und verschwand dann kurz im Bad. Ich hörte noch, wie ein Föhn anging und spürte, wie er meine Haare kämmte. Die warme Luft brachte eine angenehme Gänsehaut auf meinen kalten Körper. Caius schien das zu bemerken, denn mir wurden plötzlich die Schuhe ausgezogen und eine Decke über mich gelegt. Ich kuschelte mich hinein und mich umgab sofort wohlige Wärme. Dazu kam noch die warme Luft, die meine Haare angenehm trocknete.

"Alles wird gut!" hörte ich ihn sagen, als der Föhn ausging. Kurz darauf senkte sich neben mir die Matratze und Caius rückte zu mir ran. Langsam, aber dann legte er schließlich seinen Arm um mich. Ich seufzte erleichtert und kuschelte ich mich an ihn. "Danke...", murmelte ich und dann schlief ich ein...

Jemand strich mir zärtlich über die Wange und küsste meine Stirn. Es begann sofort an der Stelle zu kribbeln und ich wollte den Verursacher sehen. Also öffnete ich meine Augen, blinzelte jedoch ein paar Mal. Dann erkannte ich ihn. "Caius!" murmelte ich und rieb mir verschlafen in den Augen. "Ja Liv!" lächelte er. "Muss ich nicht eigentlich zu Dads Unterricht?" gähnte ich. "Ja, aber erst später. In 10 Minuten hast du erstmal eine halbe Stunde Zeit zum Frühstücken. Und dann musst du zu Italienisch!" erklärte Caius. Ich nickte verständlich. "Und was soll ich Dad erzählen? Wenn er erfährst, dass wir kein Mathe gemacht haben, dann krieg ich Ärger!" seufzte ich verzweifelt. "Ganz einfach: Du sagst ihm, dass wir Mathe gemacht haben! Solange du dir nichts anmerken lässt, ist alles Okay! Ich werde dafür sorgen, dass er uns glaubt oder dich nicht bestraft!" versicherte mir Caius. "Danke Caius! Du bist der Beste!" rief ich und fiel ihm um den Hals. Sofort schlang er seine Arme um mich und zog mich zu sich ran. "Das weiß ihn doch!" grinste er triumphierend. Ich lachte und schlug ihm spielerisch auf die Brust. "Is klar!" grinste ich und bekam einen Lachflash. Er grinste mich nur weiterhin an und hielt mich in seinen Armen...

Back to Volterra {1} Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt